Mythos Veitsch
Will man ein Bergläufer sein muss man die Veitsch laufen. Jedenfalls ist das die Meinung von Thomas. Er ist Bergläufer und den Veitscher Grenzstaffellauf gab es heuer zum 30. Mal.
Thomas ist die Strecke schon 10 Mal gelaufen (gestern das 11. Mal) ich noch nie. 2005 ist er das letzte Mal gelaufen. Seitdem wir uns kennen ist er die Strecke nie mehr gelaufen. Ich will auch ein richtiger Bergläufer sein. Ich will auch die Strecke laufen. Es ist uns all die Jahre nicht gelungen.
Heuer kam die spontane Idee, wir laufen die Veitsch. Meine Ziele für heuer sind Stiegenläufe und kurze Bergläufe. Sicher nichts langes. Aber der Bann muss gebrochen werden. Wir laufen die Veitsch. Thomas als Einzelläufer die ganze Strecke und ich und Thomas als Staffelstrecke. Das ist möglich. Eigentlich ist mir auch der Staffelteil zu lang. Ich trainiere nur kurzes.
Ich bin ein Gefühlsläufer. Beim Laufen will ich „eins“ werden mit der Strecke. Darum mag ich Bergläufe. Da geht es um Gefühl nicht um km-Schnitte. Berglauf ist ein geben und ein nehmen. Ich gebe meine Energie und der Berg gibt mir seine Kraft. Nicht umsonst sind viele Berge heilig, ein Ort wo die Götter wohnen. Etwas mythisches . Es dauert immer etwas bis ich mit einer Strecke „geerdet“ bin. Bis ich sie spüre. Da darf mich nichts behindern. Ich brauch da keine Uhr, keine Steckerl, keinen Rucksack. In der Veisch sowieso nicht notwendig. Ich will nur den Berg und mich. Und ich will nach meinem Gefühl laufen, also alleine. Mich soll nichts ablenken.
Ich fürchte mich vor einen zornigen Berg. Bei Gewitter gerate ich in Panik. Eine Woche vorher beginne ich schon alle Wettervorhersagen zu checken. Am Samstag soll es Gewitter geben. D.h. wenn ich den 3. Abschnitt laufe komme ich vielleicht ins Gewitter. Die Nacht vor dem Wettkampf schlafe ich fast gar nicht. Meine Gedanken kreisen um den Wettkampf. Was soll ich machen. Thomas und Mischa ist das Gewitter egal. Ich bin eine Memme. Dann habe ich eine Idee. Ich starte als erste in der Staffel. Das geht aber nicht. Der Einzelstarter muss als erster starten. Sonst ist die Staffel ungültig. Eigentlich ist mir die Wertung egal. 2. Idee, wir lassen die Staffel sausen und ich laufe als Einzelstarter. Ich gebe einfach nach dem ersten Streckenabschnitt auf. Aber eigentlich ist die Nachnennung nur bis Freitag offen. Samstag ist nur mehr die Startnummernausgabe.
Samstag in der Früh geht es los. Thomas, Mischa und ich fahren von Hochegg weg. Ich bin nur müde und unsicher. Umnennung ist überhaupt kein Problem. Die Veitscher sind flexibel. Ich bekomme eine Einzelstarternummer. Wir treffen viele Freunde. Tobias, Jean Marie, Wolfgang, Eva, Kollegen von Thomas…….
Meine Lebensgeister erwachen. Wir starten gemeinsam. Es wird geblödelt. Es macht Spass mit so vielen Freunden zu laufen. Ich habe es einfach. Ich laufe nur den ersten Teil. Die anderen Laufen die ganze Strecke. Für mich unvorstellbar. Aber das mit dem „erden“ klappt nicht. Nach einer halben Stunde breche ich aus der Gruppe aus. Ich will verschwenderisch sein mit meiner Energie. Wenn ich nicht mehr kann dann gehe ich halt wieder. Der Berg ist auch gut zu mir. Er gibt mir Kraft. Ich überhole. Mit jedem Schritt werde ich schneller.. Ich fühle mich großartig. Diese Momente liebe ich. Diesen flow, den Einklang zwischen Energiefluss und Kraft. Dafür laufe ich. Die erste Verpflegungsstelle. Thomas ist auch wieder da. Wir laufen zu Teil wieder gemeinsam. Jeder nach seinem Tempo. Mischa schließt auch immer wieder auf. Ich fange an zwischendurch zu gehen. Ich war zu verschwenderisch. Aber bei einer knapp 17 km Strecke kann man ruhig riskieren, ausprobieren. Ich hab nichts zu verlieren. Ich kann nur gewinnen. Ich hab den ersten Streckenabschnitt geschafft. Fast zeitgleich treffen wir uns am Ende des ersten Teils. Freunde aus dem Forum, Thomas Kollegen…. Für mich ist es vorbei, ich geh zum Bus. Die anderen dürfen weiterlaufen. Ich bin fast ein wenig wehmütig. Aber stolz auf mich. Ich bin ein Streckenabschnittsbergläufer. Sozusagen ein 1/3 Veitschläufer. Zum richtigen Bergläufer fehlen wir noch 2/3. Ich hoffe es ist mir vergönnt einmal die ganze Strecke zu bewältigen.
Die Veitsch ist eine Verwöhnstrecke. Regelmäßige Verpflegung. Perfekt organisiert. So was hab ich noch nicht erlebt.
Der Bus fährt zum Ziel. Da ist gar nichts los. Als Läufer hat man freien Zugang zum Schwimmbad, das neben dem Zielbereich ist. Ich dusche dort und treffe dort eine Staffelläuferin. Beide gehen wir zum Ziel und vertreiben uns die Zeit mit plaudern. Kuchen gibt es gratis. Alle 15 min hängen die neuen Zwischenergebnisse aus. Thomas kann ich auf runtastic verfolgen. Das schwierigste des Tages kommt jetzt. Warten, warten, warten….. . Die ersten Läufer kommen ins Ziel. Tobias ist auch einer der ersten. Langsam beginnen die ersten Gewitterwolken aufzuziehen. Thomas kommt mit den ersten Regentropfen ins Ziel. Ich bin mächtig Stolz auf ihn. Der Bann ist gebrochen. Nach 11 Jahren ist er wieder die Veitsch durchgelaufen. Ich warte in der Jugendherberge auf ihn. Er duscht, ich sitze im Kaffeehaus der Jugendherberge. Es schüttet. Der Rest des Forums trifft auch ein. Thomas und ich geniesen den Kaffee im trockenen. Pünktlich zur Siegerehrung um 17 Uhr hört der Regen auf. Mischa ist auch da. Thomas darf auf das Treppchen. Er ist 3. in seiner Altersklasse. Ich hoffe auf ein gutes Losglück. Schließlich gibt es ein Mountainbike zu gewinnen. Die Siegerehrung dauert gefühlt ewig. Das Losglück war uns nicht hold. Aber Mountainbike hat Thomas eh eines zu Hause. Das hat er vor 11 Jahren bei seinem vorletzen Lauf in der Veitsch gewonnen.
Laut runtastic waren es 16,34 km 1101 Hm bergauf und 511 hm bergab. Zeit 2:14