NIX wert oder einfach nur zu dumm?Die Vorzeichen waren wieder einmal seltsam. Klar, ein paar gute nette Läufe, ca 4 mal eindeutig über 3 Stunden bzw über 33 kms gelaufen, keine wirklich relevanten Schmerzen, keine Infekte. Eigentlich eine bessere Ausgangsbasis als soo oft in den letzten Jahren.
Dann war da aber noch die Familien-messe in Wolfsberg, in der ich als Aussteller vertreten war am Tag zuvor. Beruflich unverzichtbar, lauftechnisch freilich suboptimal. Im Rahmen einer Unterhaltung meine ich... ach, ich kannś vielleicht nicht, aber ich schlicht zum dumm, um draufzukommen, dass ich nicht laufen kann, daher mach ich es einfach...., Irgendwie eine Einstellungssache halt
Der Versuch, nachher noch kurz die Beine durch einen kurzen Lauf locker zu bekommen endete in einem frustrierten Fluch und der Überlegung, ob ein Start überhaupt sinnvoll sei.
Ach, freilich, sinnvoll war es noch nie. Schön manchmal, aber Marathon war es immer. Und das ist so weit mehr als nur 42 km zu rennen.
Wir treffen um 9 Anna, Gaelle, JM, Chris mit Fangroup und plaudern. Ich bin so überhaupt nicht auf Marathon eingestimmt und grantle nur leise in mich hinein. Nicht einmal den gemeinsamen Marsch zum Start will ich erleben, nein, ich nötige Heidi dazu, dass wir den Shuttlebus vom Bahnhof zum Start nehmen. Klar.. der kommt ewig nicht
Dann.. um 9:30 angekommen stellen sich organisatorische Fragen: Wo ist die Kleiderabgabe? Wo der richtige Startblock, Wo noch ein vernünftiges Platzerl fürś Lackerl?
Als ich von den Securities durch den ganzen Park hin und her geschickt werde, verfluche ich im Stillen die Kleidersackerl und... werde die daraufhin gleich an der Abgabe los. Nun... wo ist jetzt der Start? Und.. wo ist Heidi?
Ich bin allein unter den tausenden, versuche mich langsam gedanklich auf den Lauf einzustimmen. Es will nicht gelingen.
Wurscht, ich hab ja noch genug Zeit, noch liegen 42 Kilometer vor mir, ca 42000 Schritte, die mir die Freude am Laufen weisen können. Ihr schafft das schon, wie immer.
In der Menge erspähe ich Gaelle und Chris, wir plaudern kurz, als ich noch einen Alt-fori entdecke, Martin22 startet beim HM.
Nun, irgendwann gehtś dann auch los. Ich gehe zur Startmatte, laufe los, endlich wieder einmal!
Menschenmassen auf der Strecke, dennoch kann man eigentlich recht gut gleich ein Tempo laufen. Welches denn überhaupt? Laut Ambit ca 4:30. Ach, meine Vorgabe für heut war ja, mich nicht zu sehr zu schonen, einmal wieder ein bisserl reinbeißen, keine falsche Zurückhaltung. Also paßt schon irgendwie. Die ersten paar Kilometer gestalten sich zwar recht zäh, ich kann mich noch nicht mit dem Laufgefühl identifizieren, aber.. wurscht, jetzt bin ich schon mitten drinnen, wird schon. Graz ist und wird wohl nie meine Strecke, macht nix, das Wetter verspricht dafür noch einen richtigen VitaminD Vorrat für den Winter. Strahlend blauer Himmel. Irgendwann so nach 5 Kilometern beginne ich, ein gewisses Laufgefühl zu entwickeln, meine Zeiten pendeln sich so um die 4:40 ein, schaut nach einem soliden 3:25 – 3:30er Marathon aus. Gut so.
Keine Ahnung wann und wo genau, aber so ungefähr zwischen km 5 und 7 eine lange Gerade, mit Gegenverkehr, wir sehen die flotten Kollegen entgegenkommen. Auch JM kommt mit Anna entgegen. Schaut so herrlich locker bei den beiden aus!
Ich mag diese Passage, endlich komme ich wirklich ins Laufen, keine Kurven, keine Ecken, einfach nur eine Gerade zum dahinrennen. Ja, jetzt kommt so was wie Spaß auf.
Auf der Gegengerade dann freue ich mich Gaelle, Chris, MartinG, Heidi, Poldi Eigner zu treffen. Weiter gehtś!
Wieder ins Gasslwerk von Graz. Bisher haben ja auch die Labestellen gut geklappt, ich trinke vorsichtshalber an jeder Stelle etwas. Irgendwann.. so bei ca KM 15 dann eine Labe, an der die Leut ein wenig überfordert scheinen, die Becher sind nicht vorbereitet, es bildet sich ein kleiner Stau. Ich nehme mir einen Becher, schöpfe mit einem anderen auf dem Fass noch etwas Wasser raus. Zu meinem ungläubigen Erstaunen reißt mir ein Läufer den Becher aus der Hand. Ich schreie ihn an, er kommt zurück und gibt mir den Becher wieder. Mir ist meine zornige Reaktion peinlich, ich gebe ihm einen vollen Becher und wir laufen alle weiter.
Irgendwie wundere ich mich über die Tempoanzeige der Uhr, doch scheine ich recht flott unterwegs zu sein. Immer noch meist unter 4:45 und das ohne Probleme. Ich finde nur keine Km-Schilder, auch die Einstellungen auf meiner Ambit scheinen nicht so geklappt zu haben wie ich das eigentlich wollte. Ich sehe keine KM Werte und kann daher keine Bestätigung meiner Einschätzung meines Tempos erkennen. Ach, wird schon gehen. Der 3:30er Pacer wird mich sicher nicht einholen....
Eine gefühlte Ewigkeit keine Labestelle mehr, erst irgendwo hinter einem Eck wieder ein paar Wasserbecher. Naja Prost.
Wenn ich nur wüßte, wo ich genau bin. Die Anzeige meiner Uhr zeigt seit längerem ca 400 Meter mehr an, als die sporadischen KM-Schilder an der Strecke. Irgendwann dann KM 18, 20.. den HM kann ich nirgends an der Strecke ausmachen, somit fehlt mir auch jede Info über meine Zwischenzeit. Naja, wird so ein wenig unter 1:40 sein, schätze ich und nehme die 2. Runde in Angriff.
Ich komme mit einem Bayern ins Gespräch, der heute seinen 1. Marathon bestreitet. Er will Graz als Generalprobe für seine Münchenpremiere laufen, hängt sich an mich an. Ich freue mich über Begleitung und rate ihm dennoch, sich spätestens ab 25 auf sein eigenes Tempo zu konzentrieren.
Komisch.. wieso überholt uns der 3:30 Ballon? Ich bin doch bis vor ganz kurzem noch jeden unter 5 min gelaufen? Ach, egal.
Klar, es ist warm, ich gehe ein wenig ein, das gehört dazu.
Aber ich will heut laufen, soweit uns solang es geht.
Ein Gel zur rechten Zeit mich von Hungerast befreit
Ach, ich suche auch immer mehr den schützenden Schatten, der Unterschied ist spürbar. Komisch, langsam werden meine Beine wirklich deutlich schwerer, aber.. nein, ich hab mir selber für heut versprochen, mich nicht zu sehr zurück zu nehmen. Ich will einfach nur versuchen, mich heut zu fordern. Langsamer werden OK, gehen.. noch nicht...
Ich schleppe mich dahin, freue ich, angeblich schleppe ich in 4:50. Kann das stimmen? Egal.
Langsam beginnt die mühsame Phase, das ist mir klar. Immerhin sind es keine 15 km 's mehr, da war ich auf der Veitsch ja schon fast im Ziel
Ich starte das Backup-Programm, motiviere wieder mal das Publikum, somit mich selber auch gleich. Stimmung, trag mich ein wenig weiter. Mach schon!
Es ist heut wirklich zäh, weit zacher als sonst. Macht nix, es wird wieder klappen.
Oder.. oder ist es alles nix wert? Nix wert, weil es den neuen Maßstäben nicht entspricht? Nein, es ist ein Marathon und es ist wieder mein Marathon. Ich liebe diese Strecke, egal wie ich drauf bin, egal wie ich laufe, gehe, krieche. Es ist ein Marathon und nichts anderes zählt. Weiter.
Aber.. es ist ein mühsamer Marathon heut. Irgendwie schwächle ich ziemlich, muß nun wirklich schon Gehpausen einschieben, die ich aber möglichst kurz halten will. Kaum komme ich wieder ins Laufen, so überhole ich gleich wieder. Mach einfach weiter! Auch der wird beendet.
Bei KM 38 eine neue Erfahrung. Mir wird schwindlig, ich schließe die Augen und weiß nicht, ob ich torkle oder gerade gehe. Unheimlich. Ich beschließe, es nicht mehr zu übertreiben. So was in die Richtung habe ich Heidi versprochen. Kein unnötiges Risiko eingehen. Und .. sind wir ehrlich.. für irgendeine 3:30er Zeit
Wirklich nicht!
39, 40, Meine Uhr zeigt inzwischen schon 700 Meter mehr an. Weiter gehtś!
Die letzten Meter ziehen sich, noch 2000 Schritte, ach, ich mag nimma! Ich suche den richtigen Schweinstrab und beschleunige noch ein wenig. Je schneller ich im Ziel bin, umso schneller ist der Kas vorbei. Ein paar Kurven noch, noch eine Ecke, dann die letzte Gerade. Wo ist da jetzt das Ziel?
Ich sehe einige Sponsorenbögen, doch auch dahinter laufen die Leut noch.
Egal, jetzt da noch rauf, endlich.. die Ziellinie.
Wie schaut es eigenltich mit der Zeit aus?
WAS? 3:39 ? ich war eigentlich eher auf eine 3:30 – 3:33 eingestellt gewesen? Ach was solls!
Ich schleppe mich in die Zielzone, setze, lege mich hin. Ich bin schwindlig, schwach. Warte. Ich freue mich, so viele Freunde, Gesichter zu treffen, alle haben gelitten, alle aber vereint der Marathon.
