Rennen wie die FeuerwehrEs gibt ein paar Regeln in der Kunst der Selbstmanipulation, um ein Ziel zu erreichen. Regel 1: Mach dir möglichst hohen Druck. Dazu stelle ein Team zusammen, in dem alle besser sind als du. Regel 2: Schau, dass in diesem Team eine Frau ist, die bereits eine Staubwolke ist, wenn du dich gerade mal in Bewegung setzt. Daraus folgt ordentlich zu trainieren, um eine g´scheite Leistung abzugeben. Man will ja nicht als Schnecken-Lulli in die Teamgeschichte eingehen.
Also schlage ich meiner besseren und schnelleren Hälfte den 5-km-Feuerwehrlauf in der Teamvariante vor. Wir klopfen bei HeinzP an, der rasch zusagt und mit dem wir schon einmal am Stockerl standen. Nun fehlt nur noch die W-Staubwolke und somit klopfe ich bei Anna an, in meiner AK und unendliche Nasen- und Schrittlängen voraus.
Dieser 5er soll der Testlauf für den Stadioncenterlauf sein, bei dem ich zum letzten Mal in diesem Leben versuchen möchte, den 5er-Schnitt zu knacken.
Ich freue mich, denn Anna sagt zu und das bedeutet a) wir brauchen einen brutalen Staffelnamen. Das ist leicht, denn wir sind die windigen Wiesel und b) dass ich slowleons- Horror-Terror-Trainingsplan 2011 hervorkrame und ab da wie von der Tarantel gestochen über die Allee hirsche – nein, wiesle. Das ist schwer, aber als ich am Montag vor dem FW-Lauf 6 x 1000m in 5:09 mit 1 Minute Pause mit pipifeiner HF schaffe, wird mir ganz froh ums Herz.
Das Drumherum am Laufsonntag ist perfekt, denn der Wind weht gerade so, wie es windige Wiesel okay finden, die Temperatur ist zum Laufen schwer okay und meine Kleidung ist gut gewählt.
Vor dem Start probiere ich eine mentale Übung, die ich bei einem Schwimm-Workshop gelernt habe. Ich gehe dabei in mein „Ruhebild“ hinein und ich übe das ernsthaft, wo immer es passt. Dieser mentale Trick soll die Aufregung vor dem Schwimmstart reduzieren und was da nicht schadet, kann auch sonst kein Fehler sein. Also drifte ich geistig zu einem der schönsten und vor allem ruhigsten Orte dieser Welt ab, genannt Wave, eine traumhafte Landschaft in den USA:
http://www.steiger-family.org/photos/11usa/IMG_2797.jpgBevor ich im Stehen einschlafe, ertönt der Startschuss und mein Geist knallt zurück in die Realität der Rustenschacherallee. Anna, Heinz und Michael sehe ich gerade noch um die Kurve stauben. Bei km 1 sehe ich erstmals auf die Uhr: 4:53. Ich bin entzückt, weil mir das nicht so arg vorkommt. Den Pulsgurt habe ich wie immer daheim gelassen, es bleibt nur das Gefühl. Km 2 bringt mich auch nicht um, bis wir in den Wald hineinrennen. Wie ich diesen Waldboden hasse, zumindest beim Sport. Wenn ihr wissen wollt, welche drei Wünsche ich an eine Fee hätte:
1) grundsätzlich betonierte Waldwege, optional kann die Fee Wurzeln und Äste in 3D aufmalen
2) es gibt kein trübes Freiwasser und dessen Grund soll in Pastell gekachelt sein, direkt unter mir immer der schwarze Streifen, wie er in jedem Schwimmbecken vorkommt.
3) wenn eine Veranstaltung vorbei ist, sollen sich 1 und 2 wieder in ihren natürlichen Ursprung verwandeln.
Ich springe also über Wurzeln und Äste hinweg und rascher als gedacht, kommt der Kiesweg. Da sehe ich Rudi vor mir, überhole ihn und denke mir, vielleicht laufen wir ab jetzt gemeinsam. Er ist aber auf 10er Kurs unterwegs und als ich mich auf der Kaiserallee kurz umdrehe, haben wir schon Abstand zueinander. Bei km 3 zeigt die Uhr Grausames (was? 5:11), was aber Powidl ist, weil die Uhr bei km 2 ohnehin mit 4:32 (never!) maßlos übertrieb. Es geht mir noch immer gut und als ich km 4 passiere, überschlage ich gedanklich die mögliche Zielzeit. „Das geht sich aus, das geht sich unter 25 aus!“ Der Gedanke löst ein Hormon-Feuerwerk aus. Ich laufe den letzten km – wie heißt das so schön - all out. 4:54 sagt die Uhr und ich kotze dabei nicht ins Ziel, huste mich aber in Richtung IKS. Aber da liege ich schon in Michaels Armen, der sich mit mir über die 24:31 freut.
Nach Siegerehrung und Bratwürstelschmaus zu Hause angenommen, packe ich den Horror-Terror-Trainingsplan gleich ein und setze mich an den PC. „So“, denke ich, „und jetzt melde ich mich für meine 1. Schwimm-Challenge an.“ In zwei Wochen heißt es also 400m Kraul und – eh klar - Staffel (4x 50m K) mit richtiger Zeitnehmung und todsicher blanken Nerven trotz Ruhebild. Aber das ist eine andere Geschichte…