Autor Thema: 2004-07-05 Zermattmarathon - Ulrich  (Gelesen 3941 mal)

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2004-07-05 Zermattmarathon - Ulrich
« am: 05.07.2004, 00:00:00 »
Datum: 2004-07-05
Event: Zermattmarathon
Distanz: 42.195 km

Ersteller: Ulrich

Offline Ulrich

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2004-07-05 Zermattmarathon - Ulrich
« Antwort #1 am: 05.07.2004, 00:00:00 »
Zermatt 2004

was soll ich sagen, es ist jetzt schon 2 tage her und immer noch strahle ich wie ein hutschpferd, wenn ich an den lauf denke.
auf der hinfahrt, auf 2 tage verteilt, an die 1000 km, wien -st. niklas, war ich ja etwas geschafft, nennen wir es so. dann unsere unterkunft, die war zwar ein wenig weg vom schuß, aber dafür recht nett.
wir kamen am freitag, also am vorabend des rennens an, aßen noch fleißig nudeln bez spirali und legten uns dann doch bald hin..
die berge rund um uns waren bedrohlich hoch, so einen sollten wir bezwingen? wie geht, das, wenn man dann auch noch 42 km rennen soll?

aber egal

ich wachte mit dem satz und dem gedanken "heut renn ich den geilsten marathon meines lebens " auf.
wir frühstückten, unterhielten uns mit unseren nachbarn, die auch an den start gingen.
ein pläuschchen noch hier, ein scherz da und schon zählte der starter die sekunden runter, START

tja, und was jetzt?
ich hatte keine ahnung von der strecke, nur, dass mich mich nicht übernehmen sollte.
da merkte ich, dass neben mir scheinbar eine lokale "berühmtheit" lief ( es stellte sich heraus, er betrieb ein elektrogeschäft im ort und lief die strecke als trainingsstrecke öfter in der woche...).
wir unterhielten uns, er konnte mir freilich genau sagen, wann ich wie laufen sollte.
die steigungen, tja für einen VCM spezialisten schwer zu beschreiben.. waren schon nach 500 m interssant, zumal man wußte, ahnte, was noch kommen sollte.
immer kleine giftige anstiege, aber die waren verkraftbar.
apropos kraft..., ich hatte das gefühl, als hätt ich keine. so leicht waren meine beine. naja, ich schob es auf meine krankheitsbedingte ruhepause in der vorwoche.
dann ging es weiter.
einen herrlich klaren fluß entlang, durch wiesen, über steine und kleine steigungen.
die ersten 5 km waren nett, nicht einfach, aber einfach einmal um zu merken, dass dies bei Gott kein 0815 marathon war.
dann auf die straße bzw einen gehweg, der uns durch einige ortschaften führte.
ich unterhielt mich weiter mit dem schweizer "tim tailor" und erfuhr immer mehr über die strecke.
erst ab zermatt würde es wirklich spannend, tja das wußte ich, aber dass man wirklich auch gehen sollte, wenn jetzt ein kleiner hügel kam, um kraft zu sparen, das war doch gut zu wissen.
da kam einer, ich traute meinen augen nicht..
der lief BARFUSS.
grund genug, mich mit ihm zu unterhalten.
irres huhn, aber wir hatten die nächsten 3 km genug gesprächsstoff.
ja, er wollte den ganzen marathon barfuss laufen, ob er es geschafft hat, weiß ich nicht, ich wünsche es ihm.
tja, dann riß ich nach vorne ab.
wundervolle aussichten gab es, das "kleine" matterhorn vor uns, eine herrliche Klamm unter uns, die wir über eine alte holzbrücke querten.
in den wald, über stockund stein.
neben mir lieg ein "biel" spezialist, der schon 10 mal die 100 km gelaufen war.so hantelten wir uns nach zermatt vor.
was für ein anblick, das matterhorn vor uns.
das hat was
und dann eine gerade, wie sonst nur beim zieleinlauf. ein menschenspalier, alle feuern mich an, wenn nicht, dann motiviere ich sie schnell dazu, ernte unzählige lacher.
es ist herrlich, wenn alle lachen und so eine tolle stimmung herrscht.
die zeit, das ist doch völlig egal, über 2.10 für den ersten HM, was bedeutet das hier schon?
eine lange schleife in Zermatt, wundervolle stadt ist das, mir sehr netten menschen.
so und nun gehts langsam los,.
eine steigung, die tja, nur langsam zu bewältigen ist.
langsam? ja, entweder gehend, oder in einem lauftempo, dasswohl im bereich 9er schnitt liegt..
die steigung geht immer weiter, dann mündet sie in den wald.
ich merke, dass ich bald schneller gehe, als andere laufen, stell ich mich halt drauf ein, ein wanderer zu sein, gelernt ist gelernt..
der berg nimmt kein ende. hat er bei ca km 25 begonnen, so ist bei 28.8 eine verpfelgungsstation, aussicht auf eine flachpassage erst wieder bei km 32, bzw knapp davor.
wir gehen, unterhalten uns, überholen einander, scherzen.
nach ca 4,5 km bergauflauf / wanderung wollet ich wieder einmal versuchen ein etwas ebeneres stück zu laufen, doch kam ich lange nicht in den runden gewohnten laufstil rein, so schwer waren meine beine, so ungewohnt die belastung.
und auch die höhe, es waren jetzt sicher schon knapp unter 2000 meter seehöhe, auf der wir uns bewegten.
und immer wieder steigungen, laufend oder gehend, ganz egal, es ging immer bergauf.
dann endlich, bei km 32 eine verpflegung. vorher hatte mir noch ein kollege eine flasche gereicht, die behielt ich mir lange zeit um nachfüllen zu können und proviant zu haben.
was für ein ausblick!
hinter den tischen mit bananen, cola, isostar, boullion, riegeln, gel und allen anderen köstlichkeiten, das matterhorn, die bergwelt mit schnee und eis.
ja, das hat schon was.
ich blieb stehen, rief auch andere läufer dazu auf, das panorama zu betrachten.
und DANKE AN DIE UNTERSTÜTZER BEI DEN VERPFLEGUNGSSTELLEN.
unter uns ein türkiser bergsee, zu dem liefen wir nun über staubig, steinige wege hinunter, recht schnell. nut nicht überknöcheln, einfach zügig aber vorsichtig runter.
vorsichtig, ach was solls, wanderer,RENN
was für ein blick, sagenhaft
und immer weiter.
es ging öfter nun bergab, lange strecken konnte ich wieder laufen traben, sicher unter 6 min am km, was mir wie ein d-zugtempo vorkam.
ich wußte, ich würd ein zeitpolster brauchen, um unter 5 stunden zu bleiben, drum tempomachen, um zeit zu gewinnen.
ich rechnete hoch, noch 8 km und ca eine stunde zeit, das kann gehen..
noch 7 km, 6, und immer bergab. so zügig rannte ich durch die herrliche gegend, ich genoß es unglaublich, wenngleich ich auch unsicher war, was da noch kommen sollte.
ach was, kann ja nicht so schlimm sein.
nun ging es dann langsam wieder eben dahin, leicht steigend.
bei km 37, 38 folgten wir einer bahntrasse, einer zahnradbahn um genau zu sein.
laufen, gehen, schauen, lachen. schreien, RENN WANDERER; quäl dich du SAU.
da kommt wieder eine verpflegungsstelle.
und ums eck, bei km 39
HA, NEIN, BITTE?,ich SPINNE, was ist das?, ICH LACHE NUR LAUT.
eine steigung, die schwer beschreibbar ist.
nennen wir es schipiste, schwarze piste. eine wand, nicht 100m, sondern sicher einen km senkrecht hinauf. ich schreie, lache, brülle und gehe.
den blick gesenkt, nur nicht rauf schauen, einfach auf den boden.
das gibts nicht, nein, das ist nicht möglich.
keine steigung die ich je gelaufen bin, kommt dem nahe.
rauf, ein schritt vor dem anderen, bitte nur keinen schwächeanfall jetzt.#
mein herz rast, ich muß rauf.
rauf.
rauf
schritt, vor schritt, einen nach dem anderen.
ich drehe mich um, als ob es senkrecht wäre.
gebe ich auf? nein, solang es geht, RAUF!
bis ich nicht mehr kann.
das ist aber ein möglicher aspekt, diese steigung ist unfair.
irgendwann, nach über 10 min, ist sie beendet.vergiß die 5 stunden, nie im leben,ich habe für 1 km über 10 min gebraucht..
und NEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIINNNNNNN
da gehts ja in 200m so weiter, an der zahnadbahntrasse entlang. wie die ameisen schleppen sich die anderen da rauf.
vor mir kniet ein fotograf, ich fletsche die zähne, daumen rauf und lache, es ist einzigartig hier...
ein wenig eben 20 m im gras und schon wieder diese steigung
jeder schritt ist eine herausforderung.
es tut nicht weh, es geht nur kaum mehr.
einer noch, noch einer.
und ich bin erst knapp nach 40.
elend lang schleppen sich die massen hoch.
hinter mir einer, vor mir 2. ich denke nicht dran, zu überholen, überholt zu werden. ich schleppe mich nur rauf.
leiberl ausziehen hilft auch nichts.
ich treffe meinen laufkollegen von vor 15 km wieder, wir plaudern, kurz aber doch.
weiter
ein tunnel, kühl ist der.
vor mir höre ich alphörner, das ziel ist da.
die leut feuern mich an.
km 41.
"WO IST DAS VERDAMMTE ZIEL" die leut lachen. der weg führt, das kann nicht sein, noch einmal bergauf, weg vom ziel.
ich kann nur gehen, kríechen. ganz langsam.
noch eine steigung, noch eine. bergab und NOCHEINMAL.
DAS IST NICHT MÖGLICH.
irgendwo da ist dann eine wende, einmal muß es doch vorbei sein.
und jetzt eine letzte gerade, bergauf und ab.
km 42. jetzt bergab, 200 m.
DANKE DANKE, dass es diesen lauf gibt.

es war die krönung des lauflebens.

im ziel noch ein duschzelt ( anregung für andere marathons....) sagenhafte stimmung.
mario ist längst vor mir da, andere auch, ich genieße die stimmung und das ehrfurchterregende panorama.

ja, das war wirklich eine gang liabe gschicht........

ulrich

Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

 

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