whopper your waywhopper your way
nach einer elendslangen läuferischen durststrecke geprägt von unerklärlichen pulsproblemen, für welche das wort wankelmut eine untertreibung darstellen würde, entschied sich dann mein herzilein ca 3 wochen vor dem linz-marathon, doch wieder vermehrt das zu tun, was es tun sollte – allgemein ein wenig langsamer schlagen und ansonsten nur für ulrich höher schlagen
die monate davor waren geprägt von einem ständigen auf und ab meines ruhe- und laufpulsleves. in früh ist der puls meistens katastrophal und beruhigt sich erst im lauf des tages. wohl oder übel lief ich nun ab und zu sogar am abend, nur damit die kurve halbwegs passt... gerade ich, wo ich doch sooo gerne in der früh laufe.
ganz nebenbei trieb ich ulrich und bani in den wahnsinn, weil ich nicht einsehen wollte, dass ich in so einer lage halt einfach nur langsam laufen darf. gewisse unschuldige luxemburger mussten sich ständig mein gejammere anhören bzw. lesen und ganz nebenbei entwickelte unfreiwillige leidenschaft, arztbesuche, um allfälligen nicht-übertrainingsbedingten-ursachen meiner pulsprobleme auf die schliche zu kommen.
mühsam war diese zeit.... aber die pb beim wolfsberg hm 2 wochen vor linz bestätigte mir, dass der tiefpunkt nun anscheinend endlich hinter mir lag und doch wieder an so etwas wie flotteres laufen zu denken war. dennoch nach wie vor traute ich dem frieden nicht.
nun was tun, wenn nur mehr 2 bis 3 wochen bis zum frühjahrsmarathon übrig sind? bei 5 – 6 verbleibenden trainingswochen, keine frage, aber 2 bis 3 wochen sind zum nichtstun zuviel und zum trainieren zu wenig. dazu kommt noch eines: meine selbstsicherheit was das laufen anlangt hat wirklich einen totalschaden abbekommen. ich weiß nicht mehr was ich mich trauen kann/darf, habe vor jedem lauf puls-angst. langsam will ich schon gar nicht mehr laufen, weil es nur frustrierend ist. am donnerstag vor dem marathon mache ich dann noch die untersuchung vor der ich mich am längsten gedrückt habe, einen herzultraschall.... herzmuskelentzündungen kommen ja bei sportlern gar nicht so selten vor...bei einer sonographie des bauches wurde dieser verdacht dadurch verstärkt, dass erweiterte venen zwischen herz und leber diagnostiziert wurden. verdacht auf andauernde druckerhöhung im rechten vorhof... den ganzen tag lang habe ich angst und überlege mir schon was ich tun werde, wenn ein herzfehler diagnostiziert wird. ulrich begleitet mich zu allen untersuchungen und haltet mir das händchen
. ich bin halt ein echter hasenfuss
statt einer hiobsbotschaft bekomme ich grünes licht. alles roger, ein ganz normales herz mit allseits guter pumpleistung – was will man mehr
fein, wenigstens werde ich nicht tot umfallen beim laufen. der arzt ist der meinung, dass es ein infekt gewesen sein könnte, aber was auch immer es war. das herz schlägt normal und ich bin beruhigt.
kurz überlege ich in wien zu starten. die gefahr einen hitzemarathon zu erleben schreckt mich aber ab. meine schwester wird in linz ihren ersten wettkampf (den hm) laufen. das will ich auch nicht versäumen. das ist wichtiger als eine unter optimalsten umständen möglicherweise erreichbare pb. auch meine unsicherheit ob ich jetzt die pulsprobleme hinter mir habe oder nicht, lässt die entscheidung auf linz fallen.
das wird nun mein erster marathon ohne genug grunzlagentraining. wenig lange läufe für meine verhältnisse bzw mehrheitlich zu schnelle lange läufe, einfach von allem ein bisschen weniger als sonst und das zu schnell. nun fehlt mir leider auch ein anhaltspunkt wie schnell ich überhaupt laufen soll. aufgrund der pulsschwankungen gab es keine feststehenden trainingsgeschwindigkeiten und ich hab nur den wolfsberg hm als referenzwert. aber ohne gute grunzlage wird mir das herzlich wenig nützen...also laufen wir halt irgendwie....
die anreise erfolgt am samstag zusammen mit thomas (bourbon) der wie immer ein schatz ist und uns super unterstützt (chaufferien, startnummernabholung, tragen unseres gepäcks nach dem marathon). in linz treffen wir dann im brucknerhaus meine schwester und ihren mann. ein bisschen vorfreude kommt auf als ich diesen „erster-wettkampf-enthusiasmus“ sehe
meine große schwester ist jetzt auch eine wettkämpferin. ich bin sehr stolz auf sie. unsere mutter sitzt irgendwo im himmel auf einer wolke und schüttelt wahrscheinlich den kopf... diese kinder! (nichts als unsinn im kopf) wird sie sich denken
. wir übernachten von samstag auf sonntag bei der familie meiner schwester ca eine halbe stunde von linz entfernt. ich fühle mich allgemein nicht berauschend und weiß aber nicht ob das die nervosität ist oder ob ich die saltin diät nicht gut verkraftet habe oooooder ... ob ich einfach nur opfer meiner monatlichen frauenspezifischen unpäßlichkeiten geworden bin
oder ob die pulsprobleme vielleicht wieder kommen? am abend wird noch bei bier der nächste tag besprochen. meine schwester erzählt mir von ihrer lauffreundin rosie, die so einen tollen puls hat (20 schläge unter ihrem) und meiner schwester beim gemeinsamen laufen meistens vorjammert, dass ihr bei so einem langsamen tempo (=keuchtempo für meine schwester) die knie weh tun würden. das kommt mir bekannt vor
.
am wettkampftag erfolgt das übliche prozedere, ca. 1000 mal stoffwechseln, diesmal ist mir auch übel und ich kann nichts essen. die beine fühlen sich schwer an und vor allem sauer... beunuhigend, aber ich kann es eh nicht ändern. als draufgabe werde ich dann 15 minuten vor dem start so richtig arg hungrig.... mein magen knurrt mich aggressiv an
aber jetzt ist es zu spät um etwas zu essen, aber meine frauenspezifischen unpäßlichkeiten lenken mich wenigstens ausreichend vom hunger ab
ich verabschiede mich von meiner schwester, ihrer niedrigpulsigen freundin rosie und ulrich , stelle mich im richtigen block auf. es ist warm, aber das war eh klar. wirklich windig ist es nicht. bald geht’s los..... meine beine sind schwer wie blei und auch zu bösen scherzen aufgelegt.... ich bekomme sehr bald genau die art von schienbeinkrämpfen, die ich in letzter zeit schon öfters hatte. der puls ist nicht optimal aber dem wetter entsprechend normal. ich beschließe den 3:45 pacemaker im auge zu behalten und merke bald, dass 3:45 sicher nicht drin sind. damit habe ich gerechnet , also wird es wohl eher was um die 3:50. damit wäre ich auch zufrieden, nur mit meinen beinen bin ich es nicht. ich komme mir vor wie das michelin-männchen. die krämpfe brauchen eine halbe stunde bis sie verschwinden, aber ein lockeres laufgefühl will und will auch danach nicht aufkommen.
ich spüre zwar, dass ich muskeln habe (das ist postiiv) nur fühlen sich die muskeln einfach so steif und schwer an (eher negativ
. mir fehlt jede spritzigkeit und das schon am anfang. das kann lustig werden... ich denke die ersten kms darüber nach was eigentlich los ist, schwöre mir keine saltin diät mehr zu machen und allfällige menstruationsbeschwerden bei den nächsten marathonplanungen zu berücksichtigen
dass ich heute nicht schnell sein werde, war mir klar nur wollte ich wenigstens ein gutes gefühl beim laufen haben. das ist leider auch nicht drin und ich ärgere mich auch ziemlich darüber.
vor mir taucht plötzlich ein alter bekannter auf, der PUMUCKL! hurra, hurra, der kobold mit dem roten haar, hurra... summe ich vor mich hin
!
voriges jahr beim vcm lief der typ vor mir auf der wienzeile – leicht zu erkennen am pumuckl kostüm und den BLOßEN FÜSSEN. ja das ist er, so viele bloßfüssige läufer im pumucklkostüm kann es nicht geben
! endlich kommt bei mir eine gute stimmung auf. ich laufe ziemlich lange mit ihm und er erzählt mir von den wildesten laufabenteuern... wie er auf der veitsch den „besenwagen“-fahrer zu verzweiflung getrieben hat, weil er im gasthaus noch gemütlich seine zwei bier getrunken hat obwohl er längst hätte weiterlaufen sollen (wegen dem zielschluss); davon wie er bemerkt hat, dass er ohne schuhe keine achillessehnenprobleme hat; wie er am ende eines 6 h laufes die schuhe ausgezogen hat, weil die achillessehne gesponnen hat und er den rest ohne schuhe ganz beschwerdefrei gelaufen ist. überall wird pumuckl begeistert angefeuert und ungläubig bestaunt. da er auf dem kostüm auch ein clean clothes logo trägt, versuche ich mehrmals mit ihm über clean clothes zu sprechen. er zieht es aber vor mir von seinen läufen und den dazugehörigen saufgelagen zu erzählen.... auch gut, ich bin froh über jede ablenkung
.
mir ist die meiste zeit schon ziemlich heiß und daher bleibe ich bei jeder labestation stehen um mich abzukühlen. am anfang habe ich noch bedenken, als mir aber klar wird, dass ich muskulär einfach nicht gut drauf bin, gestehe ich mir diese pausen ohne ein schlechtes gewissen zu bekommen großzügig zu. die einzelnen km-zeiten sind sehr unregelmäßig. da es kein bestimmtes zeitziel gibt und ich mich alles andere als berauschend fühle, wird ohnehin nur aufs körpergefühl geachtet. noch nie war ich so froh wie heute, dass die einzige vorgabe lautet: durchkommen ohne zu kollabieren.
das publikum ist z. t wirklich toll und feuert ordentlich an. die staffelübergaben sind jedoch nicht so toll organisiert.... vorwiegend an sehr engen passagen, was das durchlaufen mühsam macht. aber als unambitionierte läuferin, kann ich damit leben
irgendwann trennen sich die wege von pumuckl und mir, weil er ein bisschen schneller laufen will. kein problem, ich weiß, dass noch 25 km vor mir liegen und da will ich das eingehen doch ein wenig nach hinten verlagern. dafür treffe ich bald auf einen anderen jungen mann. super, wieder jemand zum plaudern. meinem neuen begleiter geht es aber leider überhaupt nicht gut... pulsprobleme, er ist jetzt schon zu hoch. ich versuch ihn ein bisschen aufzubauen und meine, dass wir beide jetzt einfach langsamer laufen würden und bei jeder labestation brav trinken werden. es sei einfach zu warm um eine gute zeit zu laufen. er klärt mich im laufe des gesprächs darüber auf, dass er deswegen pulsprobleme hätte, weil er sich von anfang an an mich angehängt habe.... von allen läufern sucht er sich gerade mich aus... ich habe ein schlechtes gewissen, auch weil ich sicher nicht gleichmäßig gelaufen bin (aber mir war ja nicht klar, dass mir da jemand nachläuft, sonst hätte ich ihn gewarnt). ich rede ihm noch länger gut zu und hoffe, dass er meine guten tipps nicht überheblich findet, aber es sind noch 2/3 zu laufen und wenn er jetzt nicht aufpasst, dann muss er unweigerlich aussteigen.
wir laufen noch eine weile miteinander aber dann schickt er mich alleine auf die weiterreise und meint er muss jetzt einen gang zurückschalten. wie gehabt bleibe ich bei jeder labestation stehen. gehe dort oft fast eine minute lang und nehme mir viel zeit fürs trinken und abkühlen. obwohl meine beine wie aus blei sind, wundere ich mich, dass ich dennoch immer wieder irgendwie laufen komme. während der gehpausen überholen mich unzählige läufer, die sich hastig iso- und wasserbecher schnappen um bloß keine zeit zu verlieren. ich bewundere ihren biss und bemerke selbst, dass mir das ziemlich egal ist. heute quäle ich mich nicht mehr als notwendig. vor allem noch nicht jetzt, denn später wird es noch schlimm genug. das ist mein 6. marathon und ich habe das gefühl, dass ich diesen marathon auf der erfahrungs-basis der vorigen 5 marathons laufe, vollkommen kraft- und energielos. einfach aus der routine heraus. heute ist der falsche tag für ehrgeiz. mir geht es nicht sehr gut, trotzdem zweifle ich nicht daran, dass ich ankommen werde.
dann das nächste bekannte gesicht. ich erblicke die blinde läuferin die beim wolfsberg hm die schwierige strecke in 2 h geschafft hatte, wahnsinn!!!!! sie läuft doch tatsächlich auch hier mit. diese frau weiß was sie will. ich feuere sie an und bin sehr stolz auf sie, obwohl ich sie gar nicht persönlich kenne.
viele läufer die ich überhole sind fix und fertig. sie versuchen dennoch weiterzulaufen ihr tempo zu halten.... spannende szenen spielen sich ab. bis jetzt war ich meistens in der situation verzweifelt zu kämpfen und heute bin ich quasi die beobachterin. wir sind noch nicht einmal bei km 30 und ich sehe in vielen gesichtern wie sie ihre felle bzw. bestzeiten dahinschwimmen sehen und es dennoch probieren. wieder bin ich froh, keine fixen zeitziele für heute zu haben. die kms werden eigentlich nur noch zu statistischen zwecken gestoppt
. nebenbei fange ich schon an über den herbst nachzudenken, darüber, dass ich wieder ordentliche lange läufe machen muss. gutes grundlagentraining. erst dann wird wieder ein guter marathon möglich sein.
irgendwo bei km 35 geht es mir dann plötzlich ziemlich mies. mir ist ziemlich heiß, bin wahnsinnig durstig und es kommt ewig lang keine labestation. jetzt stehen bleiben wäre tödlich. ich werde ziemlich zornig, denn vorher war fast an jeder ecke eine labestation und jetzt gibt es keine. irgendwie rette ich mich dann doch noch bis zur nächsten station. dafür ist die pause dort umso länger
. ich trinke einen halben liter iso, weiß dass das zuviel ist und bekomme dafür prompt die rechnung präsentiert – kilometerlanges seitenstechen, das mich dann zwingt erheblich langsamer zu laufen. der puls geht auch entsprechend runter.
das ist zwar blöd, aber mir fällt bald auf, dass es nur noch ca 10 km bis zum ziel sind..... erstaunlich wie schnell sich so ein marathon dem ende zuneigt. viele verzweifelte läufer überhole ich (mittlerweile wirklich ziemlich langsam laufend) noch, einige rettungswägen mit blaulicht kreuzen meinen weg und bin sehr froh darüber, dass ich mich für die wandertags-taktik entschieden habe. durchlaufen wäre heute bei mir niemals drin gewesen, das hätte unweigerlich den ausstieg zur folge gehabt.
dann bei km 37 ? ist mir so heiß, dass ich den ersten außerplanmäßigen (= außerhalb einer labestation) stopp einlege. weit und breit nichts zu trinken und mittlerweile habe ich besonders müde beine..... ach ja genau, ich habe ja noch gels mit! bis jetzt hatte ich nichts gegessen. auch jetzt kann ich mich nur schwer dazu bewegen ... die hitze macht mich einfach unheimlich faul und träge, aber wenn ich die letzten kms durchlaufen will, muss ich von irgendwoher energie zuführen. in der not frisst der teufel fliegen und... die heidi trinkt aus herrenlosen flaschen
..... ich klaube mir die nächstbeste verschlossene flasche vom boden auf. sehr unorthodox, aber ich brauche etwas um das gel hinunterzuschlucken.. mir ist vollkommen egal was sich die leute um mich herum denken. da hat sich aber jemand ein leckeres iso trankerl zusammengepanscht. schon bald fühle ich mich ein bisschen wie asterix unter zaubertrank-einfluss.
mittlerweile erkenne ich auch wo wir sind....dieses pflaster ist mir wohl bekannt. mehrere sommer habe ich dort verbracht und auf der strasse gearbeitet. der job war eine prostitution der eigenen art, keilen/werben für diverse tierschutzorganisationen
. wir haben damals als eine gruppe von ca 20 studenten und studentinnen. wochenlang die linzer innenstadt bei tag und (nach der arbeit) bei nacht unsicher gemacht
- damals als ich mit sport und laufen noch nichts am hut hatte... die arbeit selbst war wirklich kein honiglecken – den ganzen tag lang auf dem areal der letzten 1,5 km leute nerven und zu spenden überreden, unzählige interessante diskussionen mussten geführt werden, immer wieder gab es verbale und ab und zu auch non-verbale (körperliche) attacken gegen uns werber. gearbeitet wurde unter allen wetterbedingungen..die erkenntnis, dass wohl wenig branchen so hart sind die das fundraising für karitative zwecke
ich liebe diesen letzten abschnitt. ich kenne alle geschäfte, weiß wo der libro, wo der macie, wo das kino, wo der nordsee, einfach wo alles liegt.. das kopfsteinpflaster ist zwar ungut, aber das tut meiner laune keinen abbruch mehr. auch ein wadenkrampf wird durch bewusst fersenbetontes laufen verhindert. die leute sind spitze, immerhin ist es jetzt doch schon verdammt warm. trotzdem wird ordentlich angefeuert was das zeug hält. mich haut es dann am ende fast über den blöden teppich, (aber dafür stolpere ich sonst diesmal nirgends
). endlich bin ich im ziel und treffe auch bald meinen schatz, der ziemlich mitgenommen am boden sitzt. später dann meine freundstrahlende schwester die großartig ihren ersten halbmarathon und überhaupt ihren ersten wettkampf gemeistert hat und am späten nachmittag folgt dann noch toller ausklang mit den anderen foris im josef.
was für ein seltsamer lauf.. ich ärgere mich teilweise über diesen alles andere als flüssigen lauf, bin andererseits verblüfft darüber, dass ich verpatzte marathons in 3 h 51 laufen kann und schwöre mir die laufschuhe erst einmal für eine woche in die ecke zu stellen und....
immerhin habe ich es bis heute 6:07 durchgehalten
noch zum titel: der slogan stammt aus der burger king werbung und beschreibt sehr gut mein laufgefühl bei diesem marathon.. so in etwa muss ich ein whopper fühlen der einen marathon läuft.