Vom Laufen und Spielsportarten
Warum fährt einer nach Prag wenn es einen Tag später eh in Wien einen Halbmarathon gibt? Tja, weil ich war nie in Prag, meine Freundin auch tschechisch spricht, ich ein Freund von Kurzurlauben bin und ich es mir nett vorgestellt habe während Tochter & Freundin mittagessen gehen ich eine Runde durch Prag laufe.
Angemeldet habe ich mich ja schon so früh, dass ich Startnummer 3 bekam- lt. Anmeldung- in Wahrheit war es dann 1013. Hätte mich ja sooo gefreut.
Freitag:
Spät vormittags sind wir nach Prag abgefahren- dauerte ewig- in Prag auch noch 1,5h Stau, deswegen waren wir erst gegen 17:00 Uhr im Hotel. Ich habe natürlich allen Stress gemacht weil bis 20:00 die Startnummernausgabe dauern sollte. Alles war zu Hause ausgedruckt: Anmeldung, FAQ's, Beschreibung des Weges zur Startnummernabholung.... ich bin da ja gaaaanz genau.
Also mit der U- Bahn 2 Stationen, in eine andere U-Bahn umsteigen, ein bisschen mit der Strassenbahn.... dort waren wir: EXPO- Gelände.... Startnummernausgabe.
Nur leider war sonst keiner da- natürlich hat es geregnet und es war saukalt.
Glücklichweise stand bei den FAQ's eine Telefonnummer, die nun Freundin Adriana anrufen konnte und klärte, dass sich die Startnummernausgabe etwa 100m von unserem Hotel in einem Zelt befand. Dort wo wir waren, war die Startnummernausgabe des Marathons und der ist zu einem anderem Zeitpunkt. Ich habe bis dato nicht nochmal nachgeschaut ob ich das falsch verstanden habe oder ob es auf der Homepage falsch steht- ich weiss nur dass in der Strassenbahn auch 3 andere Läufer waren die zwecks Nummernabholung zum Expogelände unterwegs waren.
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Eine Stunde später hatte ich meine Startnummer mitsamt diverser Gutscheine und Laufleiberl. Wir gingen in eine Pizzeria essen wo ich mein erstes Bier seit 6 Wochen trank.... welch Freude.
Samstag:
Neun Uhr Frühstück, danach umziehen und zum Start fahren- 2 Stationen mit der U-Bahn- wir, zu Dritt- folgen der Meute. Der Start ist auf der Karlsbrücke. Da ich ja selten bei Laufveranstaltungen dabei bin hatte ich seit dem Morgen einen Ruhepuls von +15 Schlägen- eigenartig, dass man nervös ist wenns eigentlich um exakt nichts geht.
Ich stellte mich noch brav zum Pippi an, nach Beendigung dessen Laufen/Gehen alle Richtung Start. Auf der Karlsbrücke tönt Smetana's Moldau- es lebe das Kaiserreich- sehr nett war das....
Das Rennen:
Ich war sehr überrascht, dass nach etwa 250m eine 20cm hohe Stufe die Karlsbrücke mit einer Strasse verbindet... zum Glück sah ich diese- bin jedoch überzeugt, dass dort viele ein Band gelassen haben. KM 1+2 waren eine reine Katastrophe, anstatt sich die Altstadt Prags anzuschauen hatte ich grosse Probleme mit den vielen Läufern die da waren (angeblich 5000), in den Engen der Stadt zurecht zu kommen. Jedenfalls waren bei KM2 20 Sekunden meiner Planzeit schon weg... und das- wie man weiss trotz erhöhtem Energieaufwand. Wir liefen entlang eines Flusses einige Kilometer, es blies der Gegenwind erträglich und es ging immer bergauf und bergab. Der Grund dafür war, dass man unter den Brücken drunterlaufen musste. Je Brücke etwa 6 Höhenmeter. KM- Tafel 3 sah ich nicht, 6-9 auch nicht. Die Tafeln standen- wie beim LCC- Lauf am Boden, und in den Massen sind diese schwer bis nicht zu sehen. Meine Uhr zeigt zwar den pace an, aber mir ist lieber ich messe.
Nichtsdestotrotz befand ich mich bereits am Rückweg in die Stadt, die man bei KM10 erreicht. 5:08/Schnitt bei diesem km war mein Plansoll (ach ja, ich wollte unter 1:49 laufen). Ich fühlte mich gut, habe von meiner Tochter Anna kurz nach KM10 mein Flascherl bekommen- Puls etwa 178- Atmung ruhig.
Es ging nun irgendwie die nächsten KM über Brücken hin und her, ab KM16 wollte ich noch ein bisschen Gas geben- was mich erstaunte- aber mein Trainer hat gut gearbeitet: ich habe eigentlich und ehrlich ab 5 Kilometer gewartet, dass ich eingehe. Diese 2km- T-Pace Intervalle bei 4:50 herum waren immer soooo mühsam.... und nun lief ich 5:06 und das schon 16 Kilometer. Mein Bemühen an dieser Stelle rühmt mich zwar, jedoch war fünf Kilometer vor dem Ziel wieder starker Gegenwind, der teilweise mit Böen (~60km/h) entgegenschlug.... KM18, kurz danach lag eine Frau (Läuferin) am Gehsteig, die eigenartig zuckte. Vier Läufer kümmerten sich um Sie- ich dachte kurz nach auch stehen zu bleiben- in Folge der Erkenntnis nicht mal die Sprache zu beherrschen lief ich aber weiter, beschäftigte mich jedoch mit dem Gedanken, dass es einfach dazu kommen kann, dass ich selber auch dort so liegen könnte...... KM20 war da.
Ich riss mich nochmal zusammen und gab alles. 1:47:28 zeigte meine Uhr im Ziel.... Adriana und Anna, die im Zieleinlauf standen habe ich nicht wahrgenommen. Überrascht war ich dass ich einige wenige Minuten danach wieder sehr gut beinander war.
Zu Fuss gingen wir ins Hotel zurück und ich ließ mich ein bisschen massieren.
Samstag nachmittag:
Ich war happy, mein Ziel war erreicht (und negativ Split), ich war sicher auch bei 25°C beim VCM unter 4h im Ziel zu sein. Wir gingen- damenbedingter Hunger- in ein Kaffeehaus nahe des Hotels am Wenzelsplatz (wie in Wien Stephansplatz). Essen konnte ich nichts aber einen Kaffee trank ich. Ich zahlte, wollte das Lokal verlassen, stand bei der Tür...... ich sah am Wenzelsplatz zig bis hunderte Menschen laufen, hinter denen 30-40 maskierte Aggressoren und wieder dahinter eine Meute Polizisten. Schüsse fallen... nein es waren keine Schüsse wie sich herausstellte- lediglich Tränengasbomben und dergleichen... ich flüchtete zurück ins Lokal, drängte Anna zurück.... Minuten vergingen.... Adriana stand nach wie vor in der Türe (diese Frau kennt Angst nicht!!) lächelte, kam zu uns und erklärte: "naja heute spielt ja Tschechien gegen Deutschland Fussball- EM-Quali". Ich wartete ab, dann verliessen wir das Lokal. Ich bin in meiner Umgebung Gewalt nicht gewohnt- lehne diese natürlich ab- und war daher vor ein Problem gestellt.... naja zunächst gingen wir in ein Wachsfigurenmuseum. Danach beobachtete ich- und das war die richtige Taktik- die vielen Hubschrauber am Himmel. Dort wo die waren, gingen wir NICHT hin. Letztendlich glückte uns der Weg zum Hotel und dort blieben wir auch an diesem Abend.
Sonntag:
Besichtigung der Stadt, Einkauf bei diversen Geschäften, die oben genannten Gutscheine hätten bei Adidas zu einer Ermäßigung von 30 Prozent geführt, aber die hatte ich ja gleich weggeschmissen....
Am Nachmittag fuhren wir heim und abends lief ich noch 10km langsamst.
Resümee: Wegen des HM nach Prag zu fahren empfiehlt sich nicht, Altstadt ist schön, aber wegen der 2 km, die man dort läuft bringt das nichts. Organisation mittelmäßig bis schlecht, Strecke mit vielen Stolpersteinen und meines Erachtens mit vielen Höhenmetern (über 5 Brücken unter ca 8 Brücken).