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« Letzter Beitrag von MT76 am 25.06.2023, 21:42:15 »
Die ersten kurzen Bergaufstücke raus aus PMB kamen auch bald und ich wechselte in den Gehschritt - ich hatte ja nur ein Ziel und das war Finishen. Keine Notwendigkeit mich zu stressen und Energie zu vergeuden. Nach etwa einer halben Stunde setzt dann langsam die Dämmerung ein und ich beginne mich auf den Sonnenaufgang zu freuen. Das ist auch bei den 24/48-Stundenläufen einer meiner Lieblingsmomente (bevor ich kurz danach jammere, dass mir in der Sonne viel zu heiß ist). Und dann ist es soweit und langsam wird die Umgebung erkennbar. Wir sind gerade auf einer am Hügelrücken gelegenen Straße und es gibt einen herrlichen Blick auf die in Nebel verhüllte tiefer unten liegende Ebene. Mystisch schön.
Etwa hier läuft ein Läufer an mir vorbei, bisschen längeres Haar, entspannter, aber unverkennbarer Laufstil, das ist doch der Harry W. … und auf seinem Shirt steht auch Harry. “Hallo, hallo”, eh klar, dass wir zwei Österreicher uns hier unter 20.000 Läuferinnen finden. Wir plaudern ein wenig miteinander, Harry berichtet von zwei interessanten Gesprächen, die er schon hatte, ich kann da mit nichts aufwarten. Aufgrund meines vorsichtigen Starts werde ich nur permanent überholt, da bieten sich keine Gesprächsmöglichkeiten. Auch Harry wünsche ich bald Alles Gute und lasse ihn ziehen, weil er mir einfach zu flott ist.
Einige Labestationen haben wir mittlerweile auch hinter uns und neben den kurzen Abständen zwischen den Laben ist auch das Konzept der eingeschweißten Wasser- oder Iso-Packungen genial. Geschätzt 0.2lt Flüssigkeit werden in einen Plastikbeutel gefüllt und verklebt. Beim Laufen beißt man dann ein kleines Loch rein und kann den Beutel auszuzeln. Das hat einige Vorteile: auch wenn Plastik nicht so ökologisch ist, so ist der Mist in Summe deutlich weniger als mit Bechern, weil man nur einen Beutel und nicht 2-3 Becher braucht. Denn: aufgrund des kleinen Lochs verschüttet man nix und kann die Flüssigkeit komplett austrinken. Man kann den Beutel einfach mittragen, hat keinen Stress beim Leeren und schüttet sich auch nicht an dabei. Also das Konzept hat mich überzeugt und um es vorweg zu nehmen: ich habe mich den gesamten Lauf über praktisch nur mit Iso ernährt, Wasser ganz wenig zum Nachspülen, aber hauptsächlich zum Abkühlen und Banane oder gekochte Kartoffel nur zur Beruhigung, wenn der Magen vor Flüssigkeit zu viel gluckerte. Dazu noch bei km 20, 40, 58, 73 je ein Gel aus der Hosentasche.
Beim ersten Gel und somit nach 20 Kilometern kommen erste Glücksgefühle auf: ich bin jetzt mehr als vier Mal soweit gelaufen/gegangen als bei meinen Laufversuchen während des Urlaubs bzw. auch beim freitäglichen Test. Und es zieht zwar ein wenig herum, aber es ist nicht wirklich schlecht oder total verspannt oder verkrampft. Die vielen Tapes an beiden Oberschenkel vorne und hinten sowie ein Gesäßtape rechts scheinen zu helfen. Flott ist es zwar nicht mit einem Halbmarathon in etwa 2h14, aber für das 12-Stundenzeitlimit reicht es hochgerechnet bis hierher bei Weitem. Und die ersten knapp über 400 Höhenmeter bergauf zum nun höchsten Punkt der Strecke liegen auch schon hinter mir. Bergab waren es übrigens etwa 280 Höhenmeter zu diesem Zeitpunkt. Wellig es ist.
Mittlerweile werden auch die Zuschauerinnen an der Strecke mehr und mehr - darunter auch viele, die auf Übergewand, dessen sich das Läuferfeld nun mehr und mehr entledigt, warten und es dankbar aufsammeln. Auch ich teste, wie es sich ohne dem Langarm-Shirt temperaturmäßig läuft. Passt ganz gut, das brauche ich jetzt nicht mehr. So trage ich es noch ein wenig mit mir mit, bis ich an einer Stelle eine Mutter mit zwei Kindern erspähe, die - im Vergleich zu so manch anderen Kleidersammlern - den Eindruck erweckt, dass ihr mit meinem Shirt wirklich gut geholfen wäre. Entweder zum Eigengebrauch oder zum Weiterverkaufen. Und während ich an ihr vorbei laufe biete ich ihr mein Shirt an - es wurde gerne angenommen.
Neben den Kleidersammlern wird auch die Menge von begeistert das Läuferfeld anfeuernden Menschen mehr. Und die ersten bauen ihre privaten Laben auf, denn wir Läufer könnten ja zwischen den offiziellen Laben darben. So gibt’s ab hier bis ins Ziel alles was man sich wünscht - oder auch nicht (wie Erdnussbuttersandwich ;-)). Auch der Griller wird angeworfen. Es artet zu einer großen Party aus und so kommen wir nach Cato Ridge, dem ersten Cut-Off mit maximal 4h30 erlaubter Laufzeit. Mit 3h12 Laufzeit habe ich mir hier schon einen guten Zeitpolster erarbeitet.
Tempomäßig bin ich übrigens schon länger im Bereich des 9h30-”Bus” unterwegs - mit “Bus” wird hier die Ansammlung der Läufer hinter einem der offiziellen Tempomacher bezeichnet. Aber auch später, wenn sich einfach Läufer in größerer Menge zusammenfinden, wird ein “Bus” angefeuert - here comes a good looking bus, keep on running! Der Pulk um den 9h30-”Bus” ist mir etwas zu dicht und läuft auch nicht ganz meinen Rhythmus. So laufe ich mit etwas Abstand hinterher, den Bus vor mir im Blick. Bergauf ziehen sie davon, bergab rolle ich interessanterweise wieder in den Bus rein. So geht das Spielchen bis zu etwa km39, also knapp vor Drummond, dem “Half-Way-Point”. Hier geht’s dann für mehr als 2km nur bergauf und meine Oberschenkel sind mittlerweile doch schon gut gequält von 575 Höhenmeter rauf, 530 runter und über 4h Laufen. So wandere ich den Anstieg rauf, während der Bus mit einem Rhythmus von 1 Minute laufen, 1 Minute gehen oder so davon zieht. Knapp danach kommt dann auch ein 10h-”Bus” (es gibt mehrere Busse mit der gleichen Zielzeit). Der scheint etwas übermotiviert zu sein, weil in dem Tempo laufen sie wohl eher unter 9h45 als unter 10h. Naja, egal, ich will ja nur sicher das Ziel sehen und dazu darf bei der Muskulatur nix kaputt gehen. Irgendwann - also etwa nach 20 Minuten - ist der Anstieg dann endlich vorbei und als Belohnung geht’s gefühlt steil bergab zum nächsten Cut-Off. Oh nein, das ist noch schlimmer als das Raufwandern, die Oberschenkel schmerzen, es rollt nicht runter, aber irgendwie geht’s dann doch so.
6h10 ist das Limit beim Cut-Off in Drummond, ich bin so bei 4h49 durch, habe das Zeitpolster also konstant gehalten. Und ich rechne: für das 12-Stundenlimit habe ich noch 7h10 Restlaufzeit. 43,3km sind es noch an Distanz. Mit einem Gehtempo von 10min/km (=6km/h), wo ich aber selbst auf den durchgewanderten Anstiegen schneller ging als 10min/km, geht sich das aus! Wenn die Muskulatur durchhält, dann sollte ich mein Finish eigentlich in der Tasche haben! Juhu! Dieses Wissen tut gut. D.h. ich kann jetzt gehen und wenn mir danach ist, dann streue ich laufen ein, weil noch 7 Stunden Wandern zieht sich dann schon auch.
Aber zurück ins Jetzt und Ende der Hochrechnung. Kaum sind die 130 Höhenmeter bergab vernichtet (wozu mussten wir vorher rauf? Achja, gibt keine andere Straße), geht’s aber auch schon wieder bergauf. Dieses Mal etwa 3km kontiniuerlich bergan. Langsam verstehe ich das Attribut “Ultimate Human Race”, dass sich der Comrades gibt. Also weder von der Länge noch den Höhenmetern ist es Ultimate - da gibt’s längeres, höheres, etc. Aber mental ist es schon herausfordernd, weil es eben nie eben ist und dieses wellige an den Nerven zerrt. Und trotz Asphalt ist erholen schwierig. Oben angekommen war glaube ich dann Arthur’s Seat, eine Art kleine Bank im Fels, wo sich der legendäre Arthur Newton - 5maliger Comrades-Sieger in den 1920ern - angeblich immer ausgeruht hat. Die Legende besagt, dass Läuferinnen, die Arthur hier die Ehre erweisen, eine tolle zweite Laufhälfte haben werden. Mir ist es zu beschwerlich, die Straße zu kreuzen, und außerdem war ich auch schon fast vorbei, bis ich aufgrund der fehlenden Streckenkenntnis kombiniert hatte, warum da alle hinrennen. Arthur’s Seat hatte ich zwar gelesen, aber das war für mich abstrakt irgendwo auf der Strecke. Tja, hoffentlich wird sich das nicht rächen, dass ich den guten Arthur rechts liegen ließ.
Wellig (was sonst?) ging’s weiter nach Botha’s Hill bei etwa km51. Aber ab hier sollte es nun - mit einigen giftigen Gegenanstiegen - fast nur mehr bergab gehen. Wobei mir mittlerweile weiter bergauf lieber wäre, weil bergab tut’s einfach nur mehr furchtbar weh in den Oberschenkeln vorne. Mehr Krafttraining wäre gut gewesen und Training von exzentrischer Bewegung bergab. Aber hilft nix. Jetzt umdrehen wäre auch blöd.
Und meine Uhr zeigt mir an: 14 von 18 Anstiegen sind geschafft. Es wird, es wird. Und: wenn’s zu sehr schmerzt, ich kann ja gehen, es ist Zeit genug. Und meine rechnet auch je nachdem ob ich trabe oder gehe, eine Zielzeit zwischen 10h bis 11h aus. Das bedeute eine Bronze-Medaille. Weil auch das ist eine Comrades-Besonderheit, je nach Zielzeit gibt’s unterschiedliche Finishermedaillen:
[HIER GEHÖRT DAS ANGEHÄNGTE BILD DER MEDAILLEN-ÜBERSICHT HER]
D.h. ob ich jetzt 10h01 oder 10h59 laufe ist ziemlich powidl, es wird so und so die Bronze-Medaille. Und sub10h ist leider unrealistisch.
So kommt dann auch Anstieg 15 (von 18) bei etwa km54 - der ist kürzer, nur 900m mit 40 Höhenmetern. Hier steht das Publikum übrigens mittlerweile wie bei den Bergwertungen der Tour de France und pusht das Feld. You are almost there, you are almost there! Keep on going!
Und dann bin ich auch bei diesem Anstieg oben, die Uhr zeigt an: nächster Anstieg in 15 Kilometern. Hui, jetzt geht’s wohl wirklich runter. Teilweise steiler, da muss ich gehen, teilweise angenehm bergab, da kann ich’s rollen lassen. Und natürlich permanente Laben. Bei einer greife ich wieder mal zu einem Stück Banane für den Magen, verfehle sie allerdings. Kein Problem, in 100m oder weniger steht eh der nächste Helfer denke ich mir und trabe weiter. Plötzlich höre ich Schritte hinter und gleich darauf neben mir. Was ist denn das für ein gestresster Läufer? Nein, es ist kein Läufer, sondern der Labemeister bei dem ich die Banane verpasst habe, der mir nachsprintet, damit ich zu meiner Banane komme. Ich bin baff und überwältigt - das nenne ich Einsatz und da fühlt man sich als Läufer so was von gut betreut und wertgeschätzt. Unglaublich! Das gibt dann auch gleich nochmals Kraft und Motivation, den Lauf zu genießen und alles für ein Finish zu tun.
Der nächste Cutoff in Winston Park nähert sich. 57,7km sind geschafft, 8h10 hätte ich Zeit, nach ca. 6h35 bin ich da, Zeitpolster wieder etwas ausgebaut. Passt! Die Strecke selbst ist jetzt landschaftlich nicht mehr so beeindruckend, die Stimmung dafür umso mehr. Das Publikum wird immer dichter und frenetischer.
So komme ich zum nächsten Cut-Off in Pinetown. 68,9km sind erledigt, 9h20 Zeitlimit, ich bin in etwa 8h02 dort, also etwas vom Zeitpolster verloren, was aber auch zu erwarten war, denn für die Strecke von Winston Park nach Pinetown war für einen konstant bleibenden Zeitpolster eine Pace von 6:16min/km erforderlich - ziemlich ambitioniert für angeschlagene Läuferhaxn. Und auch im Nachhinein eine große Kontroverse, weil hier viele den Cut-Off nicht mehr schafften, da sie bei Winston Park knapp durchkamen und dann von der nötigen Tempoverschärfung überrascht wurden. Anmerkung: gemeinerweise muss man sich die benötigte Pace selbst ausrechnen, die schreiben die Comrades-Organisatoren nicht dazu. Und wer eine konstante Pace nach Pinetown erwartet hatte, erlebte dann ein Drama.
Aber gut, auch diesen Cut-Off hatte ich überstanden und ab hier war’s wieder gemäßigt mit einer Mindestpace von 8:02min/km bis zum letzten Cut-Off-Punkt in Sherwood und danach überhaupt 9:23min/km, also quasi ein Spaziergang ins Ziel. Nachwievor galt: wenn ich nicht komplett kaputt gehe, habe ich das Finish in der Tasche! Aber demütig bleiben, wenn mein Muskelfaserriss wieder akut wird, dann schaffe ich es dennoch nicht, weil dann kann ich mich praktisch nicht mehr bewegen.
Nach Pinetown fanden die 15km bergab ein Ende und Anstieg 16 von 18 wartete. Neben dem Publikum motivierte mich dann auch, dass ich hier viele andere bergauf überholte. Kraft und Ausdauer waren wie durch ein Wunder immer noch da. Durch das permanente Iso-Trinken hatte ich auch nie ein Hunger- oder Leeregefühl. So ging’s die Bergwertung 16 rauf und die Belohnung dieses Mal war der Blick auf Durban und das Meer. Zwar noch ein schönes Stück entfernt, aber wir kommen näher und näher. Wie meinte ein Zuschauer: Hey, runners, you can smell the sea already! Keep on going! … naja, ich hab mehr den Braai (südafrikanische Grillerei) gerochen.
Mittlerweile waren wir auch auf der Schnellstraße/Autobahn nach Durban rein gelandet. Publikum gab’s nachwievor, denn es wurde kurzerhand auf der Gegenfahrbahn geparkt und dann rübergelaufen zum Anfeuern. Ebenso Hupkonzert der Vorbeifahrenden. Auch von den Auffahrten wanderten Zuschauer die Strecke entlang. Comrades ist einfach ein Muss für die Bevölkerung aus der Gegend! Einziger Nachteil der Schnellstraße/Autobahn. Aufgrund der Tempoausrichtung auf motorisierten Verkehr und nicht kaputte Läuferbeine, sind die Kurven nicht nur bergab geneigt, sondern auch überhöht. Der Läufer darf daher nicht nur mit schmerzenden Oberschenkel in Laufrichtung bergab stabilisieren sondern auch noch links/rechts. Nicht angenehm, gar nicht angenehm. Aber gehend geht’s - nur frustrierend, weil das Feld gefühlt an mir vorbeizieht. Aber mach’ einfach weiter, es ist ja bald vorbei … also so in etwa 15km, was wohl noch gute (kann man hier von gut sprechen?) 2 Stunden sein werden. Naja, länger Zeit, die Stimmung zu genießen.
Links, rechts, links, rechts, gehen, laufen, gehen, laufen … es geht vorwärts, Anstieg 17 geht vorüber und dann bin ich in Sherwood, dem letzten Cut-Off nach 81,3 geschafften Kilometern. 11h Zeitlimit, ich bin nach 9h32 dort, Vorsprung wieder ausgebaut und jetzt habe ich knapp 2,5 Stunden Zeit für 6,4km … also jetzt könnte ich sogar kriechen.
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« Letzter Beitrag von MT76 am 25.06.2023, 21:34:58 »
Schon lange habe ich keinen Laufbericht mehr verfasst, aber jetzt gab’s wieder mal einen Lauf, der sich einen Bericht verdient - und eventuell auch anderen bei der Entscheidung “machen” oder “nicht machen” hilft.
Aber warum eigentlich Comrades Marathon in Südafrika, ein Lauf (außer während einer Pandemie) immer Mitte Juni über ca. 90km je nach Jahr entweder von Pietermaritzburg nach Durban (“Down-Run”) oder in die andere Richtung (“Up-Run”)? Naja, weil’s halt auch so eine Legende unter den Ultraläufen ist, die man einfach mal gemacht haben sollte und bei der ursprünglichen Anmeldung 2019 für das Jahr 2020 war meine körperliche Verfassung (im Dezember 2019 den Valencia Marathon recht locker in 3h08 gefinished) auch noch entsprechend, dass so ein Ultra eigentlich Spaß machen sollte. Und mit einem Südafrika-Urlaub lässt sich der Lauf, wenn man schon so weit fliegt, auch gut verbinden.
Dann kam allerdings so eine kleine Pandemie, die Austragung 2020 wurde abgesagt, ebenso 2021. 2022 fand der Lauf als Down-Run wieder statt, allerdings mit Termin im August, was zeitlich überhaupt nicht passte, also die Anmeldung weiter verschoben auf 2023. Heuer war’s dann allerdings so weit, dass man sich entscheiden musste: laufen oder Anmeldung verfallen lassen.
Und es war ein ziemliches Hin und Her. Mit eher suboptimaler und spärlicher Kommunikation seit 2020 hat der Comrades mir irgendwie die Begeisterung für den Lauf genommen. Dazu kommt noch ein ziemlicher körperlicher Abbau in den letzten drei Jahren. Zuerst 2021 viel zu viel Arbeit mit teils durchgearbeiteten Nächten und entsprechend war ich froh auf 30 Wochenlaufkilometer zu kommen, wenn es eine gute Woche war. 2022 dann sieben Monate lang mit einer Schambeinentzündung gekämpft und verbunden damit teilweise dreiwöchigen kompletten Sportpausen. Als es danach langsam aufwärts ging, kam eine Covid-Infektion und gleich 3 Monate später eine weitere mit einem anderen Sub-Typ (bin ein Glückspilz) daher. Damit war außer der Erinnerung an frühere Zeiten vom Lauf-Martin nicht mehr viel übrig. Also wieder sehr langsam aufbauen und dann sah es doch so aus, als ob der Comrades körperlich machbar wäre - wohl kein Spaß- und Genußlauf aber auch kein völliger Kampf ausschließlich gegen die Zeitlimits um in den maximal erlaubten 12 Stunden ins Ziel zu kommen. Und Grund für einen längeren Urlaub (sprich drei Wochen) war der Lauf auch, das würde auch helfen, um von der Arbeit abzuschalten. Die Sicherheitslage in Südafrika ist zwar nicht ohne, aber mit großer Vorsicht und Umsicht sollte es auch zum Urlauben machbar sein. Nachdem das hier ein Lauf- und kein Reisebericht werden soll, spare ich mir dazu weitere Details und nur kurz: Entscheidung Comrades Ja und davor noch 2,5 Wochen von Kapstadt entlang der Küste (“Garden Route”) bis Port Elizabeth tingeln inklusive drei Tage “Safari” mit all den großen (Elefanten, Löwen, etc.) und kleinen (Warzenschweinen, Nashornbabies) Tieren. Dann Donnerstag abend von Gqeberha (das aber alle immer noch Port Elizabeth nennen, weil keiner Gqeberha aussprechen kann) via Inlandsflug nach Durban, Freitag Zeit für Startnummernabholung, Samstag relaxen, Sonntag Lauf, und Montag abend Heimflug. Plan gemacht, Buchungen Ende Jänner erledigt.
Als es Mitte April auf zwar niedrigem Niveau aber doch halbwegs wieder lief, passierte mir bei einer 5x3km Marathon-Pace-Einheit ein Muskelfaserriss im Quadratus Femoris, der allerdings dank Dienstreise auch erst 3 Wochen später (also Anfang Mai) diagnostiziert werden konnte und in der Zwischenzeit dachte ich an einen - was ich oft habe - verspannten Piriformis, dem dosiertes Weiterlaufen (wobei schmerzbedingt ohnehin nur 30 Minuten maximal möglich waren) schon nix tun würde. Tja, falsch gedacht. Und nachdem der Muskel an so ziemlich jeder Bewegung beteiligt ist, war außer kurzem, ganz lockerem Ergofahren fürs Gemüt nix an Bewegung erlaubt um irgendwie eine Chance zu haben, dass ich mich im Urlaub (da waren doch auch kleine Wanderungen Teil des Programms) vorsichtig bewegen könnte.
Und wenig überraschend: vom Comrades wurde mir ärztlich abgeraten :-(
Entsprechend lädiert ging’s dann am 23.5. in den Urlaub nach Kapstadt. Weil’s noch nicht genug war, kamen dann auch am Abend vorm Abflug noch aus dem Nichts Schmerzen im linken Fußgewölbe dazu, sodass ich barfuß kaum Auftreten konnte, mit Schuh ging’s halbwegs, sodass ich wenigstens am Flughafen vorankam. Die Fußgewölbeschmerzen begleiteten mich dann auch noch ca. eine halbe Woche, dann waren sie wieder weg. Keine Ahnung, was das war.
Aber gut, dass soll hier ein Laufbericht und kein Krankenbericht werden. Also Sprung zum Freitag in Durban. Startnummernabholung im Durban Exhibition Center, ca. 1,5km von unserem Hotel entfernt - allerdings die uns mittlerweile in Südafrika wohlbekannte Information: “if you’re not from Durban it’s not safe to walk there, you should go by car”. Aber Uber funktioniert wirklich gut und um weniger als USD 2,- ist man für die Strecke unterwegs. Die Startnummernabholung ist für “International Runner” perfekt organisiert, wir hatten null Wartezeit, man bekommt das vorbestellte T-Shirt, Kuvert mit Startnummern und letzten Instruktionen, Startersackerl und kann sich schon ins Messegewühl werfen. Die Messe ist groß mit vielen Ständen, allerdings auch gefühlt irrsinnig laut - man steht hier auf Lärm (wer erinnert sich an die Vuvuzelas von der Fussball-WM?), die Hallendurchsage ist ohrenbetäubend (zumindest empfand ich es so), entsprechend müssen auch alle Messebesucher miteinander schreien um sich zu verständigen, was sich weiter aufschaukelt. Dazu viel Gewurle - nicht mein Ding. Aber wenn man will, kann man sich schon mit diversen Laufutensilien, Nahrung, etc. eindecken. Die Preise sind allerdings auf europäischem Niveau - eine Beobachtung, die wir übrigens auch in den normalen Sportgeschäften in Einkaufszentren gemacht haben: ein paar Laufschuhe kostet wie bei uns ca. EUR 150,- … und ist bei einem durchschnittlichen Lohnniveau von 50% gegenüber Europa damit für viele nicht erschwinglich. Und offiziell sind ca. 34% der Bevölkerung noch dazu arbeitslos.
Der einzige Stand, den wir länger suchten, weil er im letzten Eck (strategisch klug) war: der Verkauf der Bus-Tickets, die uns Läufer & Innen am Sonntag morgen ab 1h morgens (sic!) vom Zielstadion (“Kingsmead Cricket Ground”) zum Start nach Pietermaritzburg bringen sollten. Aber auch das war geschafft und wir konnten wieder zurück ins Hotel fahren. Danach dann der letzte Laufversuch vorm Comrades um Auszutesten, welcher Schuh am besten zur momentanen “Verfassung” passte. Die Wahl fiel wie erwartet auf den Hoka Rincon 3 - der weichste Schuh in meiner Sammlung. Der sollte auch beim erwarteten Bergablaufgemetzel und nötigen Ferseneinsatz genug Dämpfung geben, sodass die Muskulatur nicht zu sehr mit extremen Stößen zusätzlich belastet wird. Allerdings waren die knapp 4,5km Gesamtdistanz mit davon ca. 3,5 gelaufenen Kilometern in 5:45-5:55min/km auf der brettlebenen Strandpromenade ernüchternd. Alles zieht, nach dem kurzen Lauf bin ich erschöpft wie nach einem voll gelaufenen Halbmarathon. Wie soll das über die Comrades-Distanz funktionieren? Naja, ich probier’s halt und mache mein persönliches “Wings-for-Live”-Format draus: Laufen/Gehen/Kriechen, bis mich der Besenwagen aufsammelt. Weil wenn ich schon hier bin, muss ich es ja wenigstens versuchen.
Samstag dann der Versuch solange als möglich zu schlafen, weil in der Nacht auf Sonntag werden wir ohnehin nicht viel Schlaf abbekommen und ansonsten Kleidung herrichten, Logistik durchdenken, Zeitplan für Sonntag festlegen, Streckenplan nochmals betrachten und ansonsten relaxen.
Rahmenbedingungen für den sonntäglichen Zeitplan: aufgrund von Bauarbeiten auf der Hauptverbindung von Durban nach Pietermaritzburg (im folgenden nur mehr PMB), empfiehlt der Veranstalter eine Stunde früher als sonst wegzufahren, da Staus und eventuelle Unfälle erwartet werden. Normale Fahrtdauer ohne Probleme liegt bei 90 Minuten laut Veranstalter. Entsprechend fahren auch die Shuttle-Busse statt normalerweise ab 2h bereits ab 1h früh. Nachdem wir den Start keinesfalls verpassen möchten und auch kein Stress aufkommen soll - ich geb’s zu, ich plane da immer noch ein paar Extraminuten zusätzlich als Puffer ein -, tüfteln wir/ich diesen Zeitplan für Sonntag aus:
*) 0h37 Tagwache, Frühstück am Zimmer. Alle Hotels in Durban mit halbwegs Laufbezug bieten zwar auch Frühfrühstück an, aber das kostet Zeit, das Frühstücksrestaurant war auch ohne Lauf in der Früh zum Bersten voll, da alle Zimmer belegt waren und daher müssten wir noch früher aufstehen.
*) 1h30 Abfahrt mit dem netterweise vom Hotel angebotenen Shuttle zum Stadion, wo die offiziellen Busse dann nach PMB fahren.
*) 1h45 Abfahrt nach PMB, damit sollten wir bei angenommen 2h30 Fahrzeit auch noch rechtzeitig vor 5h ankommen, um Kleiderabgabe und Einordnung in den Startblock zu schaffen. Die Startblöcke schließen offiziell um 5h15, allerdings wurden in der Vergangenheit teilweise die Startblock-Trennungen auch schon früher aufgehoben, dann gibt’s Chaos und man findet sich plötzlich deutlich weiter hinten im Starterfeld als offiziell zugeteilt. Das wäre nachteilig, weil …
Eine Besonderheit beim Comrades ist, dass die Wertung nur nach Bruttozeit erfolgt, d.h. Start ist um 5h30 und wenn man 10 Minuten bis zur Startlinie braucht, dann hat man eben statt 12 Stunden Zeitlimit nur mehr 11h50 zur Verfügung.
Soweit also der Plan. Und Samstag natürlich so früh als möglich schlafen gehen, aber so wirklich klappte das Schlafen dann noch erst irgendwann zwischen 20 und 21 Uhr - die Nacht war also verdammt kurz bis uns der Wecker wieder weckte.
Alles funktionierte nach Plan bis zum Verlassen des Hotels. Der Shuttle-Dienst vom Hotel war etwas verwirrt und der Kleinbus fuhr nicht und nicht los. Wie sich herausstellte, war der Kleinbus für eine andere Gruppe gedacht und kein Shuttle zum Stadion, sondern direkt nach PMB. Nach 10 Minuten Diskussion klärte sich das dann auf und alle im Bus durften aussteigen und das richtige Shuttle nehmen.
So kamen wir dann kurz vor 2h beim Stadion an, wo die offiziellen Shuttlebusse (normale Autobusse mit so 50-60 Sitzplätzen) schon bestens organisiert in 2er-Reihe vorbereitet waren. Hier gab’s keinerlei vielleicht erwartete afrikanische Improvisation, sondern das funktionierte ebenso klaglos wie wir das aus Boston oder New York kennen. Eigentlich sogar besser als in New York, weil raschere Abfertigung. Und so wurde die Warteschlange zügig zu den Bussen gelotst, geteilt in eine weitere Reihe, wenn ein Bus voll war, und um 2h fuhren wir los. Die Fahrt ging zügig, keinerlei Stau und nach etwas über einer Stunde erreichten wir die erste Autobahnabfahrt am Stadtrand von PMB, an der der Bus vorbeifuhr um dann nur wenige Meter später anzuhalten. Getuschel zwischen Fahrer und Läufern (vorne waren nur Männer), dann dreht sich einer zu mir um: “Do you know how to get to the start because the bus driver doesn’t know?!?”. Hm, ja genau, der Comrades-Novize. Nein, keine Ahnung. Aber ein anderer Läufer hatte sein Handy mit Google Maps mit, somit waren wir sicher. In der Zwischenzeit wurde der Aufenthalt vom Busfahrer sowie einigen Läufer und -innen als Pinkelpause genutzt. Nachdem der Busfahrer sein Geschäft erledigt hatte, die Route nun bekannt war, beschloss er, es geht weiter. Problem: da sind noch 10-20 Leute draußen … Stooooop! Nachdem wirklich wieder alle eingeladen waren (zumindest hat niemand mehr einen fehlenden Sitznachbarn oder -in reklamiert), ging’s dann weiter. Und um 3h15 morgens kamen wir beim Startgelände an - überpünktlich trotz WC-Pause. Da war der Veranstalter wohl übervorsichtig. Aber besser zu früh als zu spät.
Carola hatte die Ehre als Eliteläuferin ins Rathaus hinein zu dürfen, ich spazierte in meinen Normalo-Läuferbereich bei Block B (der Quali-Zeit Valencia 2019 sei Dank) und suchte mir ein aufgrund von Scheinwerferlicht halbwegs warmes Plätzchen. Mit Winterüberhose und 5 Oberschichten war’s dann bei den ca. 7°C Lufttemperatur halbwegs erträglich herumzusitzen und in entspannter Haltung wartete ich, dass die Zeit bis zu den Startvorbereitungen runtertickte. WCs und Pinkelboxen waren in Block B genügend vorhanden bzw. waren es in Block A und B (die waren zusammen) nur etwa 2.000 qualifizierte Läufer und ca. 100 Läuferinnen, was bei 20.000 gesamt natürlich ziemlicher Komfort war. Aus anderen Blöcken las ich später Facebook-Kommentare, dass dort für die Masse in den hinteren Blöcken E, F und G zu wenige WCs gewesen wären. Das ist allerdings auch mit Vorsicht zu genießen, da die südafrikanischen Läufer mit Wienern verwandt sein dürften und generell viel gegrantelt und aufgebauscht (wienerisch “sie pudeln sich auf”) wird. Aber ja, wenn alle Blöcke gleich groß und gleich ausgestattet sind, dann macht es sicherlich einen Unterschied ob 2.000 Leute in einem Block sind oder 5.000.
So verging die Zeit. Nachdem das Frühstück doch schon drei Stunden her war und zum Start auch noch zwei Stunden Zeit waren, gab‘s noch einen weiteren Riegel und ein Isogetränk. Wird ja ein langer, weiter Weg werden.
Achja, an dieser Stelle mal ein Ausblick, was mich erwartet. Wie oben geschrieben findet der Lauf von PMB nach Durban oder umgekehrt statt. Allerdings ändert sich die Streckenführung jährlich ein wenig aufgrund von Baustellen auf der Strecke, dem Weg raus aus PMB, sodass die Distanzen zwischen 88 und 92km schwanken können. Ebenso war das Ziel in Durban die letzten Jahre im Moses Mabhida Stadion (bekannt von der Fussball-WM), welches etwas nördlicher in Durban gelegen ist. Heuer ging es aber wieder zurück zum traditionellen Zielort mit dem kleineren Kingsmead Cricket Ground, was eine - im Moses Mabhida bekrittelte fehlende - dichtere, familiärere Atmosphäre erwarten ließ, so die Erwartung vieler Läufer (Fun Fact: nachher beschwerten sich viele, dass es viel zu eng war :-D). Außerdem ist das Kingsmead flexibler verfügbar als das gut gebuchte Moses Mabhida. Für meinen Zustand natürlich super, weil damit die Strecke schon automatisch zwei Kilometer kürzer wird. Und dann wurde der Down-Run heuer am Weg von PMB raus weiter optimiert, sodass es 2023 der kürzeste Down-Run jemals mit lediglich offiziell 87,7km sein würde.
Down-Run klingt auch einfacher, weil‘s von dem ca. 700m hoch gelegenen PMB nach Durban runter ans Meer geht. Allerdings ist das Streckenprofil hinterhältig, da die ersten fast 60km wellig sind mit einem kontinuierlichen Auf und Ab, die sich auf etwa 1.000 Höhenmeter hinauf sowie bergab summieren. Die Anstiege sind oftmals 1 bis 1,5km lang und im Durchschnit 4-5% steil. Erst auf den letzten knapp 30km geht‘s dann 800 Höhenmeter runter und nur mehr lediglich etwa 100 Höhenmeter rauf. Wirklich flach ist es praktisch nie, es geht mehr oder weniger steil rauf oder runter. Offizielle Labestationen gibt es 42 entlang der Strecke, d.h. mit ein klein wenig Mathematik im Schnitt alle 2-3km, damit sollte es versorgungstechnisch kein Problem geben. Zeitlimit für den Spaß ist ab der Startkanone 12 Stunden, wobei es dazwischen auch einige Cut-Offs entlang der Strecke gibt:
Running Time Time of Day Km To Go Km Done KM Section Pace Section Pace acc. Cato Ridge 04:30:00 10:00:00 57.40 30.3 30.3 00:08:55 00:08:55 Drummond 06:10:00 11:40:00 43.33 44.37 14.07 00:07:06 00:08:20 Winston Park 08:10:00 13:40:00 30.00 57.7 13.33 00:09:00 00:08:30 Pinetown 09:20:00 14:50:00 18.84 68.86 11.16 00:06:16 00:08:08 Sherwood 11:00:00 16:30:00 6.39 81.31 12.45 00:08:02 00:08:07 Finish 12:00:00 17:30:00 0.00 87.7 6.39 00:09:23 00:08:13
Das ist übrigens am ansonsten gut organisierten Event auch so eine Sache: bei der Bekanntgabe fanden sich zunächst nur die Orte mit den Cut-Off-Zeiten, die zugehörigen Kilometerangaben gab‘s bei der Verlautbarung zunächst nicht, die kamen erst irgendwann später auf die Homepage. Wie man sieht, sind die Cut-Offs nicht gleichmäßig verteilt, weil für die 87,7km in 12 Stunden braucht man einen Schnitt von 8:13min/km, muss allerdings zwischen den Cut-Offs zeitweise schneller laufen, durfte dafür gegen Ende bummeln.
Mit den Gedanken an diese Strecke und dem Vorsatz vorsichtig zu Laufen, d.h. langsamer als 6:00min/km, Anstiege frühzeitig zu gehen, und im Falle von körperlichen Problemen weiterzuwandern bis der Besenwagen da ist oder ich einen Cut-Off verpasse, wurde es dann 4h45 und ich entledigte mich meiner Überbekleidung, gab den Kleidersack ab, trabte ein paar wenige Schritte - fühlt sich überraschend gut an - und marschierte in den gut kontrollierten Startblock. Da kamen wirklich nur „B“s rein. Plastikponchos sind hier übrigens verboten, dank der Mitwartenden wurde es mir mit kurzer Hose, Ärmlingen, Kurzarm-Shirt und Langarm-Shirt nicht kalt. Um 5h20 dann der Versuch, den traditionellen Startablauf mit Rede, südafrikanischer Hymne, Shosholoza (ein eigentlich von Immigranten aus Zimbabwe mitgebrachtes Arbeiterlied, das aber von Südafrikanern vereinnahmt wurde), Chariots of Fire und letztlich imitierter Hahnenschrei zu starten. Leider versagte die Soundanlage und produzierte laufend Aussetzer. Aber kein Problem, das Feld intonierte einfach selbst Hymne und Shosholoza. Chariots of Fire funktioniert dann wieder halbwegs vom Band. Der Hahnenschrei krächzte allerdings nur sehr jämmerlich. Dann parallel geplant der Schuss mit der Startpistole sowie der traditionellen Startkanone. Tja, das funktionierte nicht synchron, die Pistole schoss mit einem leisen, schüchternen Peng, die Kanone blieb stumm. Das Feld setzte sich in Bewegung und einige Sekunden später ging‘s dann Bumm durch die Kanone. Offiziell zählte dann das Kanonen-Bumm, sparte also ca. 7 Sekunden.
So trabte ich auch vorsichtig los, hatte ich doch in einigen Laufberichten gelesen, dass es am Start dunkel ist, die Straße löchrig und man leicht über abgeworfenes Gewand der Vorleute stolpern würde. War dann gar nicht so - ich fand die Beleuchtung eigentlich ausreichend, die Straße war gut und dank des Poncho-Verbots lag auch nix rum, da die meisten ihre letzte Langarm-Schicht (so wie ich) noch viele Kilometer tragen würden, bis die Luft sich aufwärmte.
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« Letzter Beitrag von Berichte am 25.06.2023, 21:30:35 »
Datum: 2023-06-11 Event: Comrades MarathonDistanz: 87,700 km Ersteller: MT76
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« Letzter Beitrag von mister am 15.06.2023, 22:37:47 »
Aus einer Verlassenschaft ist noch einiges abzugeben. Vielleicht hat hier jemand Interesse? https://www.willhaben.at/iad/kaufen-und-verkaufen/verkaeuferprofil/27220989
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« Letzter Beitrag von Anna am 01.06.2023, 14:20:45 »
Danke für den Bericht und nochmals Gratulation zur Super-pb!Bin 2021 dort gelaufen, weiß aber nicht, ob sich die Strecke zwischenzeitig geändert hat oder ich einfach zu wenig Erinnerung daran habe. Den Gesamteindruck und die Empfehlung für den Manchester-Marathon kann ich nur unterstützen.
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« Letzter Beitrag von cbendl am 31.05.2023, 20:26:44 »
Gratulation! Ein tolles Ergebnis! Dein Bericht liest sich echt schön. Das wäre schon mal interessant dort. In Manchester war ich bisher nur einmal, auf dem Weg zur Ultra Trail WM in Llandudno, aber mehr als den Flughafen und den Autoverleih habe ich nicht kennengelernt. Old Trafford würde ich mir ja schon anschauen. Wobei, wer weiß... Ich bin beim Mailand Marathon auch schon am sehr beeindruckenden Meazza-Stadion entlanggelaufen, aber angeschaut gabe ich es morgen dann doch nicht.
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« Letzter Beitrag von Pizzipeter am 31.05.2023, 08:31:23 »
Danke für deinen Bericht und nochmals Gratulation zur PB! Hm, ohne Besuch im Old Trafford - kann ich verstehen, wenn dich Fußball nicht so interessiert. Klingt nach einer sehr guten Alternative um diese Jahreszeit - temperaturtechnisch vorallem .
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« Letzter Beitrag von Alexander am 30.05.2023, 17:13:59 »
(Fortsetzung)
...und LOS GEHT'S! Das Wetter war für mich perfekt, etwa 10 Grad und bewölkt, zum Glück entgegen der Vorhersage (noch) kein Regen. In "Kurz-Kurz" vor dem Start ein bisschen frierend, passt es nach kurzer Laufstrecke schon. Zuerst ging es auf der A56 in Richtung Zentrum. Die Strecke kann sich ein Wiener in etwa wie die Donaukanalstraße im Norden vorstellen: Einfahrtsstraße im Gewerbegebiet, mit Grünbereichen und an einer Seite ein Gewässer. Die zwei Fahrspuren waren gut ausgelastet, ich fand mich offensichtlich in einem dichten Schwarm von 4-Stunden-Plus-Läufer*innen gefangen und musste immer wieder mein Tempo reduzieren und nach Lücken zum Überholen suchen. Mein Ziel war, mit durchschnittlich 250W zu laufen, das sollte einen Pace von 4:55/min und um die 3:27h ergeben. Nach einem Kilometer zeigte mein Monitor aber nur 225W an. Das beunruhigte mich aber nicht wirklich, ein langsamer Start ist ja im Marathon nicht unbedingt falsch und bald wird sich das Feld wohl auflockern. Unangenehm war nur der häufige Tempowechsel und die notwendige Konzentration auf die anderen Läufer, um Kollisionen und stolpern zu verhindern. Darum konnte ich der Umgebung auch keine Aufmerksamkeit schenken, was hier auf dieser Schnellstraße aber ohnehin kein großer Verlust war.
Es ist meine Routine, bei Rennen die automatische Kilometerzeitnehmung auszuschalten und bei den Kilometertafeln manuell zu messen. Erstens bekomme ich damit die wirklich relevante Kilometerzeit, auch wenn ich - wie gerade jetzt - nicht auf der Ideallinie laufen kann. Zweitens kann ich damit den Kalibrierungsfaktor des Footpods für die Carbon-Rennschuhe nachjustieren, die ich zur Schonung wirklich nur bei Rennen verwende (nicht unwesentlich, bei mir sind es etwa 3% Unterschied zu den meisten Trainingsschuhen). Bei dem Gewimmel war es kein Wunder, dass ich - so meinte ich - die erste Kilometertafel übersehen hatte. Darum drückte ich eben bei der ersten Meile die Zwischenzeit-Taste. 8:29 sagte mir erstmal nicht viel. Ich habe nur im Kopf, dass eine Meile etwa 1,6km und der Marathon 26,2 Meilen lang ist. Als bei 2km auf der Uhr wieder weit und breit keine Kilometertafel zu sehen war, wurde mir klar, dass es hier wohl nur Meilentafeln gibt. In den USA hätte ich damit gerechnet, aber hier sind wir doch in England, wo vor 50 Jahren das metrische System eingeführt wurde. Gilt das seit dem Brexit nicht mehr? Hätte ich die Participants Guide vorher sorgfältiger gelesen, hätte ich es gewusst. Was soll's, etwas Kopfrechnen ist angesagt: Ich zerteile mir den Marathon gerne geistig in Drittel zu 14km, für die Temposteuerung und geplante Gel-Konsumation. 26,2 durch 3 sind also etwa 8¾ Meilen - ok, dort gibt es keine Tafeln, also schlug ich die Pflöcke geistig bei 9 und 17 Meilen ein. Und welches Tempo in min/mi sollte ich erreichen? Erste Näherung: 8 Minuten: 8x26=208, plus 2 Minuten für die 0,2 Meilen ist genau 210 Minuten, meine gewünschte Maximalzeit. Also ganz einfach, immer einen 7er vorne, und es passt.
Mit diesen Gedanken im Kopf überholte ich bald den 4:00h Pacemaker, der in meinem Block ganz vorne gestartet war. Vor diesem war die Läufermasse nicht mehr so dicht und ich konnte nun die geplante Leistung einhalten. Die Zwischenzeit für die dritte Meile war mit 7:41 auch schon sehr zufriedenstellend. Inzwischen waren wir von der A56 abgebogen, es ging erstmal in einer Parallelstraße wieder zurück in die Nähe des Stadions, um dann in einer großen Schleife wieder in Richtung Zentrum zu drehen. Das Bild ist nun typisch für eine Englische Vorstadt, meist zweigeschossige Backsteinbauten mit Vorgärten. Auf dem Youtube-Video vom vorjährigen Marathon, das ich mir zur Vorbereitung angesehen hatte, sahen die Straßen für mich ziemlich schlecht erhalten aus, etwa wie die Lusthausstraße der LCC-Läufe. Tatsächlich war der Zustand aber besser als befürchtet, die im Video sichtbaren Risse und "Flicken" sind eigentlich schön Plan vergossen und kein Problem. Aufpassen muss man nur auf die vielen Fußgänger-Inseln in Straßenmitte, teilweise mit Sperrgittern, sowie die Längsschwellen, mit denen der Radfahrstreifen begrenzt wird.
Auf der 4. Meile kommen die Bürotürme des Stadtzentrums in Sicht. Bei einem riesigen Kreisverkehr kommt man zurück auf die A56, bei der Bahnstation Deansgate bilden schöne alte Eisenbahnbrücken sozusagen das Eingangstor zur Innenstadt im Viktorianischen Stil. Nach einem 300m langen Haken nach rechts zum pittoresken Midland Hotel, kommt eine Wende und es geht auf der gleichen Strecke wieder aus dem Zentrum hinaus. Damit hat man nach etwa 8km den architektonischen Höhepunkt schon wieder hinter sich. Soweit ich verstanden habe, war früher noch weniger von der Innenstadt zu sehen, also sage ich mal Danke dafür.
Das erinnert mich an diese Anekdote, die ich in der Vorbereitung gelesen hatte. 2013 war die Strecke, obwohl von "Association of UK Course Measurers" vermessen, um 380m zu kurz! Da der Kurs unverändert blieb, wurde 2014 und ´15 nicht nochmals vermessen. Erst im Oktober 2015, nachdem Teilnehmer Zweifel geäußert hatten, wurde eine Kontrollmessung durchgeführt und die Strecke als zu kurz befunden. Zum großen Ärger vieler wurden die Ergebnisse aller 3 Jahre von UK Athletics annulliert. Es kam aber noch schlimmer: Als Ursache wurde schließlich identifiziert, dass jene 100m Strecke, welche zum Kalibrieren der Messräder verwendet wurde, eigentlich nur 99,5m lang war! In der Folge wurde kam zu Tage, dass noch mindestens 6 weitere Rennstrecken in der Umgebung, von 5km bis Halbmarathon, um bis zu 1% zu kurz waren. Der Popularität des Manchester Marathon tat dies aber offensichtlich keinen Abbruch. Im Gegenteil, 2016 gab es mit über 9000 Läufern, die nun wirklich 26,2 Meilen absolvierten, über ein Drittel mehr als im Jahr zuvor.
Zurück zu meinem Lauf. Die Teilnehmerzahl ist seit 2016 weiter stark gestiegen, ich werde heute einer von rund Achtzehntausend Finishern sein. Mit dem Gedränge ist es aber nun wirklich vorbei, es geht bis etwa zur Halbmarathondistanz schnurstracks wieder auf der breiten A56 aus der Stadt hinaus nach Timperley. Einzige Unterbrechung ist ein etwa 1km langer Abstecher zur Wharfside mit dem berühmten Manchester United Stadion. Als Fußball-desinteressierter beeindruckte mich das nicht besonders. (Mein Bruder, ein großer Fußballfan, kann nur den Kopf darüber schütteln, dass ich in Manchester war, ohne bei einer Stadion-Führung teilgenommen zu haben.) Etwa dort begann es leicht zu nieseln. Ich fand das aber genau richtig. Beim Warten im Startbereich wäre es unangenehm gewesen, aber nun war ich warmgelaufen, der Nieselregen war ausreichend, um etwas zu erfrischen, aber nicht zu durchnässen. Ich konnte nun zwar ungehindert mein Tempo laufen, war aber noch immer unter viel langsameren Läufern, also keine Möglichkeit, mich an anderen zu orientieren oder Windschatten zu Laufen. In der Ergebnis-Auswertung sah ich nachher, dass ich allein zwischen km 10 und 21 rund 900 Läufer überholt hatte, also einen alle 3,5 Sekunden.
Unter der Brücke der Autobahn M60 vor dem Nieselregen geschützt, haben DJs ihre Anlage aufgestellt und spielen Techno in Discolautstärke. Zum Glück passt der Rhythmus ganz gut zu meiner Kadenz. Auch sonst gibt es an der Strecke recht viel Musik aller Art, auch von Livebands und Kinderchören. Hier an der A56 ist sonst aber nicht viel los, auch Zuschauer praktisch keine. Das ändert sich erst, wenn man sich der Halbmarathondistanz nähert, wo die Strecke links Richtung Timperley Zentrum abbiegt. Man kommt wieder dichter besiedeltes Gebiet, was die Anzahl der recht motivierten Zuschauer steigert. Auch der Nieselregen hatte schon wieder aufgehört. Die Umgebung ist wieder mehr vom selben, Vorgartenstraße auf Englisch. Auf den nächsten Kilometern wird einige male die Bahnstrecke auf Brücken überquert, was mir mit Steigung und Gefälle jedesmal etwas Unruhe verursachte. Eine merkbare Steigung gibt es dann auch am südlichen Wendepunkt der Strecke im Zentrum von Altrincham. Dafür wird man durch eine interessantere Umgebung entschädigt. Hier ist es Urbaner und die begeisterten Zuschauer wirklich zahlreich, insgesamt tolle Rennathmosphäre.
Da die Strecke als besonders flach beworben wird, haben mich diese Anstiege doch überrascht. Im nachhinein habe ich meine Aufzeichnung mit dem VCM verglichen und tatsächlich ist der Marathon in Manchester um nichts flacher als jener in Wien. Die erklommenen Höhenmeter waren nach meiner Messung identisch und der Anstieg in Altrincham ist sogar etwas steiler als jener von Schönbrunn zum Technischen Museum hinauf.
Nach Altrincham kamen auf den restlichen 10 Meilen für mich keine besonders bemerkenswerten Abschnitte mehr. Es geht, teilweise auf der gleichen Strecke, wieder zurück zur A56. Auch der Technoclub unter dem Autobahnbrücke wird nochmals passiert. Ich möchte hier anmerken, dass ich betreffend Umgebung bei Marathons recht genügsam bin. Wenn es nichts besonderes zu sehen gibt, reicht es mir, mich aufs Laufen zu konzentrieren. Der LCC Marathon mit 6 Runden in der PHA war für mich fast wie Meditation. Ich kenne aber auch Leute, welche die PHA hassen und dies für sie der schlimmste Teil des VCM ist. Für jene ist wohl auch der Manchester Marathon nicht zu empfehlen. Auch mir sind nur wenige Abschnitte wirklich in Erinnerung geblieben.
Verpflegstellen gibt es wie üblich alle 5km. Ich hatte Gel selbst mit, darum nahm ich nur gelegentlich Wasser, welches in 0,5l-Flaschen gereicht wird. Das war für mich etwas viel auf einmal und so warf ich mit ein bisschen schlechtem Gewissen auch mal die halbvolle Flasche in einen bereitstehenden Container, weil ich für diesmal genug getrunken hatte und die Flasche nicht länger tragen wollte. Ich hatte selbst gar nicht darauf geachtet, aber laut Beschreibung gab es von km 15 bis 35 auch SIS Gel, sonst aber nichts, also kein Obst oder sonstige feste Nahrung.
Auch auf dem letzten Drittel lief es für mich noch richtig gut. Natürlich spürte ich die Belastung in den Muskeln, aber ich hatte keine spezifischen Probleme und konnte ohne übermäßige Anstrengung die geplante Leistung halten. Ich war mir schon lange sehr sicher, die angepeilten Sub 3:30 zu erreichen. Je näher ich dem Ziel kam, desto klarer wurde mir, dass ich ziemlich deutlich darunter bleiben kann. Entsprechend euphorisch drehte ich in die letzte Gerade auf der Talbot Road, wo ich sehr glücklich nach offiziellen 3:24:08 den Zielbogen durchquerte. Großartig, wieder 6 Minuten schneller als letztes Jahr in Wien! Übrigens wurde das Rennen live auf YouTube übertragen und nach dem Zieleinlauf der Spitze läuft die Kamera bis zum letzten Läufer weiter mit Fokus auf den Zieleinlauf. Die Aufzeichnung bleibt auf YouTube erhalten und so kann ich mir auch meinen eigenen Zieleinlauf wann immer ich möchte nochmal ansehen.
Wie üblich bekam ich kurz nach dem Ziel die Finisher-Medaillie umgehängt, welche die Skyline von Manchester vor einer Laserlight-Show darstellt. Dann wird man wieder ins Stadion, ins Event-Village geleitet, wo man das Finisher-Shirt erhält - ein wirklich tragbares Funktionsshirt, bedruckt mit dem Werk eines lokalen Künstlers. Zum Nachtanken gab es gratis Mineralwasser, Erdinger Alkoholfrei und SIS Proteinriegel. Gleich danach ist die Kleiderabholung, auch wieder ohne Wartezeit. Soweit ich es verstanden hatte, gab es auch irgendwo Duschen und Massage, war selbst aber nicht dort. Wenn man mit Freunden - Teilnehmern oder Zuschauern - hier ist, kann man hier offensichtlich gut feiern. Es gibt zahlreiche Essens- und Getränkebuden und das riesige Gelände ist voller Menschen. Ich selbst hatte aber daran kein Interesse, ich wollte zurück ins Hotel. Also zog ich mir nur etwas über, und vermischte mich mit dem Strom der Massen zum Ausgang. Beim Zugang zur Tram sah auf den ersten Blick erschreckend überlaufen aus, aber die Warteschlangen waren mit Absperrungen gut organisiert, Passagiere wurden Blockweise auf den Bahnsteig gelassen, sodass es nie zu übermäßigem Gedränge kam. Viel schneller als gedacht, nach etwa 20 Minuten, war ich auch schon an Bord einer Tram.
Den nächsten Tag hatte ich für Sightseeing und Einkaufen mit meiner Frau geplant. Ich hatte mir nicht die Zeit genommen, um mich ausführlich über Touristenattraktionen zu informieren und eine Tour zu planen. In der Participants Guide waren einige Empfehlungen, letztlich spazierten wir einfach herum und suchten auf Google Maps nach Interessanten Plätzen in der Umgebung. Vorbehaltlich meines unzulänglichen Teilwissen und dem persönlichen Eindruck sage ich, dass die Stadt nicht mit tollen historischen Gebäuden übersät ist. Ein paar gibt es aber doch, eines davon, die Town Hall ist derzeit leider komplett hinter einem Gerüst und weißen Planen zur Renovierung versteckt. Trotzdem hat mir das allgemeine Bild einer ehemaligen Industriestadt, welche die entsprechende Bausubstanz nun diversen neuen Zwecken zuführt, sowie den zahlreichen Wasserwegen und seinen typischen Narrowboats, sehr gut gefallen. Besonderen Eindruck hat das Industry und Science Museum hinterlassen, das tatsächlich in einer alten Industriehalle untergebracht ist. Als Technik-fan war ich von dem original Linotype und dem funktionstüchtigen Nachbau des "Baby" - des ersten Speicherprogrammierbaren Computers, sowie den vielen Webmaschinen aus verschiedenen Zeitaltern begeistert.
Zusammenfassend hat mir die Veranstaltung insgesamt gut gefallen. Der Preis für die Teilnahme ist moderat und man muss nicht schon viele Monate im Voraus buchen. Die Organisation ist insgesamt gut, ein paar Details wären Verbesserungswürdig, wie übersichtlichere und frühere Information vor der Veranstaltung und längere Öffnungszeit bei der Startnummernabholung.
Alles Liebe, Alexander
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« Letzter Beitrag von Alexander am 30.05.2023, 17:12:57 »
Liebe Leute,
Da der Bericht recht lang ist, möchte ich meine Information für potentielle Teilnehmer gleich hier am Beginn zusammenfassen: Ich kann die Veranstaltung allen empfehlen, die ein großes Teilnehmerfeld und viel Publikum mögen und denen eine eher eintönige Umgebung ohne besondere Sehenswürdigkeiten nichts ausmacht.
Was ich einige male gefragt wurde: Warum gerade der Manchester Marathon? - Eine zufällige Entscheidung, vor ein paar Monaten wusste ich von diesem Marathon noch gar nichts. Am Anfang stand eine Plauderei unter Lauffreunden im November 2022 über mögliche Marathons im nächsten Jahr, dabei wurde Manchester mit "soll auch recht nett sein" erwähnt, das blieb mir in Erinnerung.
Ich hatte ursprünglich keine ambitionierten Ziele für 2023. Zu Weihnachten 2022 meldete ich mich kurzentschlossen für den LCC Eisbärcup an. Erst am nächsten Tag kam mir der Gedanke, dass da eigentlich ein Marathon als Abschluss auch gut passen würde - aber welcher? - Eine Marathonreise wäre eigentlich wieder nett, wenn möglich mit Nachtzug. Aber Paris war mir zu knapp nach dem Eisbärcup, London schon lange ausgebucht, Hamburg hatte ich schon... Da fiel mir Manchester wieder ein. Also auf der Homepage die wichtigsten Informationen gecheckt: Termin perfekt für mich, noch Plätze verfügbar, Startgebühr mit 69 Pfund recht moderat, sogar inklusive Funktionsshirt und bis 2 Monate vor Start könnte man auf nächstes Jahr verschieben oder jemand anderen nominieren. Da konnte ich also bedenkenlos erstmal Anmelden und nach den Weihnachtsferien in Ruhe Urlaub beantragen und dann die Reise buchen. Gesagt, getan. ***
Ich möchte zuerst meine Erfahrungen von der Buchung bis zum Überschreiten der Startlinie teilen, die für zukünftige Teilnehmer interessant sein könnten. Das wird schon mal etwas länger, wer nur am eigentlichen Laufbericht interessiert ist, kann beim 2. Teil weiterlesen.
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Beruflich bedingt musste ich den Plan mit der Bahn anzureisen doch fallen lassen. Ich konnte erst am Samstag anreisen, also doch per Flugzeug. Sonst hätte ich diese Option gewählt: Abfahrt Wien Donnerstag Abends mit dem Nachtzug, Umsteigen in Paris und London, Ankunft in Manchster am Freitag am späteren Nachmittag.
Die Wochen vergingen, E-Mails mit Informationen tröpfelten langsam ein. Ich fand es umständlich, dass die Information ausschließlich per E-Mail, so zögerlich und zerteilt erfolgte. Die meisten organisatorischen Details wurden nicht auf der Homepage hinzugefügt. Wenn ich also irgendeine Information später nachlesen wollte, musste ich immer in den zahlreichen E-mails suchen, wo dieses oder jenes stand. Anfang März erhielt ich die "Participants Guide", eine 34-seitige Broschüre als PDF. Die wichtigsten Informationen für mich waren: Als internationaler Teilnehmer würde ich die Startunterlagen am Samstag abholen müssen (Teilnehmer mit Adresse in UK bekommen diese per Post). Der Start erfolgt in Blöcken alle 10 Minuten zwischen 9 und 11 Uhr. Erst jetzt wurde mir klar, wie groß diese Veranstaltung ist. Ich hatte ihn einfach als mittelgroßen Stadtmarathon, wie Linz oder Graz eingeschätzt. Tatsächlich ist der Manchester Marathon nach Marathonteilnehmern der viertgrößte in ganz Europa.
Was mir in dem Guide fehlte, waren Details (Ort, Zeit) zum Abholen der Startnummer. Aber Tickets hatte ich ohnehin schon gebucht. Ich konnte also nur hoffen, dass es passen würde. Diese Information kam endlich am 21. März, 3 Wochen vor dem Start. Ort: Holiday Inn Hotel von 9 bis 17 Uhr - Die Schließzeit war früher als erwartet, zum Glück war meine Ankunftszeit nicht zu spät. 10 Tage vor dem Start erfuhr ich meinen Startblock: "Orange A", mit Start um 10:10. Angenehm, damit kann ich zur normalen Zeit im Hotel Frühstücken.
Weitere 5 Tage später kamen weitere Informationen, unter anderem, dass in meinem Startblock der Pacer für 4:00 Stunden war. Ich hatte bei der Anmeldung angegeben, dass meine letzte Marathonzeit 3:30 war. Die entsprechenden Pacer für 3:45 und 3:30 würden aber schon 20 bzw. 30 Minuten vor meinem Block starten. Da ist wohl etwas schiefgegangen. Aber egal, ich hatte ohnehin nicht geplant, mich an einem Pacer zu orientieren und habe nicht mehr nachgefragt. Wie ich im Rennen feststellte, war mein Problem anscheinend ein Einzelfall, bei den meisten Teilnehmern hat die Zuteilung offensichtlich besser gepasst.
Dies war auch meine erste Reise nach Großbritannien seit dem Brexit. Die Einreise war nicht viel aufwändiger als zuvor: keine Schlangen am Schalter, kurze Frage nach dem Grund des Aufenthalts, und wir waren durch. Ich nehme vorweg, dass die Ausreise noch einfacher als früher war, da wurde nämlich gar nicht kontrolliert. Eine Verschlechterung wurde aber gleich durch das SMS von meinem Netzbetreiber offensichtlich: Gratis EU-Roaming gibt es nicht mehr. Ich bekam eine Angebot für ein Datenroamingpaket (500MB für 6€), welches ich nach überschlagsmäßiger Kostenschätzung annahm. Letztlich hatte ich mir damit ein paar Euro gespart, auch wenn die Abdeckung mit gratis WLAN im Hotel, in Museum und Restaurants und selbst im Regionalzug recht gut war.
Ein paar Tage vor der Abreise versuchte ich noch, mich über Tarife und Ticketkauf für die Anfahrt vom Hotel zum Startbereich bzw. zur Startnummernabholung zu informieren. Um es kurz zu sagen: es ist kompliziert. Grundsätzlich gibt es 3 Systeme: Bahn, Tram und Bus, diese haben jeweils ein eigenes Tarifsystem, es gibt aber auch Kombitickets. Für alles gibt es Strecken- oder Tageskarten, letztere manchmal auch mit billigeren Off-Peak Tarifen, wobei aber die Off-Peak Zeiten auch nicht überall gleich sind. Ich habe es bald aufgegeben, den absolut günstigsten Tarif zu finden und es einfach auf mich zukommen lassen.
Für die Startnummernabholung nahm ich die Bahn. Am Automaten an der Station gab mein Ziel Picadilly ein. Es wurde mir Single oder Return angeboten - Return ist deutlich billiger als 2 Einzelfahrten, ich bezahlte und der Automat spuckte 2 Tickets aus. Wichtig: das jeweilige Ticket braucht man nochmals, um am Ziel den Ausgangsschranken zu öffnen, also gut darauf aufpassen. Im Holiday Inn führten Wegweiser ins Untergeschoß. Dort standen einige Tische, es war recht wenig los. Gegen Vorzeigen des Anmeldebestätigungs-Emails und meines Reisepasses bekam ich das Startnummern-Kuvert ausgehändigt. Da war nicht viel drin, nur die Startnummer mit Zeitnehmungs-Chip und ein Rabattgutschein für den Adidas-Store in der Stadt. Ich fragte noch, ob es die Participants-Guide oder den Streckenplan auch in Papier gibt, das war aber nicht der Fall. Wer also mit der digitalen Version nicht glücklich ist, sollte diese noch daheim ausdrucken.
Für die Anfahrt zum Start wird die Metrolink-Tram zur Station "Old Trafford" empfohlen. Ich kann das auch nur dringend anraten. Diese ist nach meiner Wahrnehmung bei weitem die beste Lösung, selbst wenn die Tram überfüllt erscheint und an der Station eine Schlange steht. Ich hätte fast den Fehler gemacht, ungeprüft der Empfehlung meines Freundes zu folgen und den Bus zu nehmen. Die Bushaltestelle "Old Trafford" wäre aber im abgesperrten Startbereich und wurde natürlich an dem Tag nicht angefahren. Stattdessen hätte der Bus wo anders in der Nähe gehalten, von wo es aber keinen direkten Zugang zum Startbereich gegeben hätte. Die Tram fährt aber auf einer eigenen Trasse und die Station ist direkt vor dem Eingang zum Stadion.
Ich nahm also am nächsten Morgen eine Tageskarte für Bus und Tram um £7,80. Im Zentrum umsteigen auf die Tram, die war schon ziemlich voll mit Läufern, aber es war zum aushalten - nicht schlimmer als in der U-Bahn zum VCM. So kam ich zum "Old Trafford Cricket Ground" - Stadion, um das sich der ganze Start- und Zielablauf dreht. Hinweis: Wenn man eine Tageskarte hat, muss man sich am Ausgang nicht (nochmals) bei den Automaten anstellen, um die Fahrt abzuschliessen. Man kann am besetzten Schalter ganz links das Ticket im Vorbeigehen herzeigen und hinausgehen.
Der Ablauf beim Start ist viel strikter organisiert, als beim VCM. Das ganze Stadiongelände inklusive Parkplatz ist dauerhaft abgezäunt. Für den Marathon wird nur ein Tor für den Zugang geöffnet, bei dem eine Sicherheitskontrolle erfolgt. Diese war ausreichend besetzt, es gab keine Wartezeit. Dann geht man um das eigentliche Stadion herum. Zuerst hat man die Möglichkeit, die Stadion-Toilettanlagen zu benutzen. Dann kommt man zu dem Bereich, der sonst der Besucherparkplatz ist, an diesem Tag aber das "Event Village". Hier ist das Kleiderdepot und später auch die Möglichkeit mit seinen Freunden zu feiern. Es war noch etwas Zeit, also wartete ich hier bis eine halbe Stunde vor meiner Startzeit und entledigte mich dann der Überbekleidung. Die Kleiderabgabe war simpel und ohne Wartezeit, zum Abholen bekommt man ein robustes Schriftband ums Handgelenk.
Es geht weiter um das Stadion herum, direkt vor dem Zugang zum Startbereich sind eine Menge mobile Toiletten aufgestellt, ich schätzte die Wartezeit dort auf etwa 10 Minuten. Nun ging es aus dem Stadiongelände hinaus in einen abgeschrankten Weg durch den Town Hall Garden zum Startbereich. Ab hier dürfen nur mehr Teilnehmer*innen weiter. Wenn Begleitpersonen beim Start zusehen wollen, müssen sie wieder zurück und nach dem Startbogen entlang der Chester Road A56 einen Platz suchen.
Im Town Hall Garden werden die Teilnehmer dann entsprechend des Farbcodes für die jeweilige Startwelle aufgerufen und auf die Chester Road gelassen. Soweit ich mitbekommen habe, ist es kein Problem später als in "seinem" Block zu starten. Ein Läufer neben mir wurde mit dem Kommentar, "Du solltest doch schon unterwegs sein!" durchgelassen. Auf der Chester Road, direkt hinter der Startblockaufstellung, waren nochmals viele Mobiltoiletten aufgestellt und hier war die Wartezeit am kürzesten mit etwa 3-5 Personen in der Schlange. Dann geht es zur Startlinie, hier wird alle 10 Minuten abwechselnd auf der linken und rechten Fahrbahnhälfte ein Block von etwa 1000 Läufern gestartet. Alles sehr übersichtlich und ausreichend Platz.
(Fortsetzung folgt)
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« Letzter Beitrag von Berichte am 30.05.2023, 16:53:56 »
Datum: 2023-04-16 Event: adidas Manchester MarathonDistanz: 42,195 km Ersteller: Alexander
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