Rundumadum 2020 - (k)ein Wellnesslauf
Bereits unmittelbar nach dem Zieleinlauf beim Rundumadum 2019 stand für mich der Start im Jahr 2020 fest, da gab es kein Zaudern oder Zögern
J.
Da mein Göttergatte 2019 einen grenzgenialen Lauf „erwischt“ hatte, war es für ihn auch schnell klar, dass wir es 2020 wieder wagen wollten. Während wir im Frühling/Frühsommer noch so vor uns hinliefen und sehr froh waren, dass die Lauferei trotz sämtlicher „Ausgehbeschränkungen“ (wohl) möglich war (die seltsamen Doppelbotschaften unserer Entscheidungsträger sorgten zumindest dafür, dass wir meistens sehr früh aufbrachen um möglichst wenige Polizeistreifen zu treffen
) starteten wir dann im Hoch- bzw. Spätsommer mit unserer üblichen Vorbereitung. Das Strickmuster bis zum Rundadum war einfach. 5 – 6 x pro Woche laufen, + 2 x längere Einheiten pro Woche. Ich beobachtete dabei auch ziemlich ehrfürchtig Pizzipeters Trainingsberichterstattung über seine Wochenend-Triple-Packs und wusste, dass ich so etwas absolut nicht packen würde (wohl nicht einmal eine solche Woche
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Also wurden es ein paar der schon Rundumadum üblichen 100+ Wochen mit (soweit zeitlich möglich) 1 kurzen Long-Jog unter der Woche (um die 27-29 km) und an den WE gelegentlich 38er + 2 x LCC.
Die LCCs waren dabei eine Art „Mindestprogramm“ für die heurige „Statistik“, da ja schon im Sommer absehbar war, dass es corona-technisch wohl noch ein „lustiger“ Herbst und Winter werden würden. Den ersten LCC liefen wir, damit wir heuer überhaupt einen Marathon verbuchen konnten. Den 2. LCC weil ich bzw. wir auch schon Zweifel hatten, ob sich der Rundumadum „lockdowntechnisch“ noch ausgehen würde. Würde der Rundumadum abgesagt werden, hätten wir dann „wenigstens“ ein wenig Laufnormalität in diesen seltsamen Zeiten erleben dürfen
J.
Das Training verlief recht gut, der 2. LCC war dann aber für mich wohl orthopädisch aber nicht mehr nur gescheit, da dann plötzlich die linke Wade rechts unter der Kniekehle anfing Ärger zu machen. Da es aber nicht sehr weh tat, lief ich drüber und dachte, dass das spätestens bis zum Start wohl ausgeheilt sein würde. Diese Geschichte erwies sich dann jedoch als relativ hartnäckig und ich wusste, dass das auf 130 Kms ein echtes Problem werden könnte.
Dennoch wollte ich zumindest starten und schauen wie es sich entwickelt
. Nachdem wir coronabedingt die gesamte Verpflegung selbst zusammenstellen mussten, fuhren wir am Tag vor dem Lauf vollbepackt zum „Check-In“ und freuten uns Florian und das WRU-Team nach einem Jahr endlich wieder zu sehen (endlich ein Stück Normalität im heurigen Jahr). Martin W war auch dort und leider hatte ihn auch eine Verletzung ereilt. Er würde also leider nicht starten können, trotzdem war es schön ihn zu sehen. Aus Sicherheitsgründen wurden es jeweils nur kurze Smalltalks, aber in solchen Zeiten wird man wird bescheiden
.
Ulrich und ich bedankten uns dafür, dass man sich die Organisation trotz (sich ständig ändernden) Umstände überhaupt angetan hatte und amüsierten und sehr darüber, dass scheinbar auch andere LäuferInnen angekündigt hatten „sowieso“ zu laufen (also auch dann, wenn es keinen „offiziellen“ Lauf geben würde). Wir waren also nicht die einzigen, die schon begonnen hatten einen derartigen Plan B zu schmieden – verpflegungs- und umkleidetechnisch wäre das aber eine ziemliche Challenge geworden).
Die Wetterprognose beäugten wir in den Tagen vor dem Lauf sehr kritisch und ab Donnerstag waren wir nicht mehr sehr happy über die Vorhersage, da für Samstag bis zum späteren Vormittag Regen angesagt war. Die Aussicht auf einige Stunden Regen und das mühsame Wadl führten dazu, dass sich bei mir insgesamt eine ziemliche Gelassenheit einstellte. Für den Fall, dass es nicht klappen würde, hatte ich, Geld für ein Taxi und die Jahreskarte dabei). Da ich schon 5 x durchgekommen war, würde ein DNF verkraften können
J.
Nachdem wir uns den Luxus gönnten gleich im Sportzentrum 2 Nächte zu buchen (Ulrich sollte jedenfalls auch nach dem Lauf eine warme Unterkunft haben, wenn er auf mich stundenlang warten würde müssen), konnten wir in der Nacht vor dem Lauf länger schlafen als üblich, wobei ich deutlich besser schlief und nur gelegentlich durch den ziemlich stürmischen Wind aufgeweckt wurde
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Bei der Trackerausgabe trafen wir dann Pizzipeter, Josef, Klemens und Angelika und schon bald ging es in Einzelstarts auf die Reise. Und Juhu, es regnete nicht und somit galt meine Aufmerksamkeit einmal primär dem Wadl. Wenn es ganz blöd wäre, würde ich das relativ schnell merken und so trabte ich vor mich hin. Spürbar war es aber es fühlte sich vorerst einmal laufbar an. Ulrich lief dann nahe Löwenbrücke auf mich auf und zog dann nach einer kurzen Plauderei mit einem Laufkumpanen weiter.
Der Weg auf die Nase war gut „gehbar“ und ich hatte das Gefühl vom Energielevel her einen ganz guten Tag erwischt zu haben. Bergauf/-Bergabstücke waren jedoch für das Wadl nicht sehr angenehm und so musste ich va wenn es bergab ging sehr vorsichtig laufen und darauf achten keinen falschen Schritt zu machen – Unebenheiten waren dabei besonders lästig. Also ich bin grundsätzlich bergab schon sehr langsam, aber dieses Mal war ich noch langsamer
J.
Mir war dann relativ bald klar, dass sich der „gefährliche“ Teil der Strecke bis zum Gütenbachtor ziehen würde. Wenn ich es haxologisch bis dahin schaffen würde, stünden die Chancen gut mit dem Wadl durchzukommen. Sämtliche Gatschstücke musste ich ohnehin gehen und kurz vor dem Schottenhof überholte mich dann ein ziemlich trittsicherer Josef, während ich einmal fast einen Ausflug in Gatschlacke machte, konnte mich aber gerade noch gut retten
.
Da die Schuhe nicht komplett nass geworden waren, blieben die Wechselschuhe im Schottenhof-Dropbag und ich holte mir nur Iso, Riegel, Wasser und zog dann wieder weiter. Josef mischte sich dort noch in Ruhe sein Malto und ich rechnete damit, dass er mich bald wieder einholen würde. Irgendwo Richtung Marswiese lief dann eine weitere Läuferin auf mich auf, nach Hütteldorf sah ich sie aber nicht mehr. Ansonsten war ich recht allleine unterwegs und freute mich, dass das Wadl zu halten schien. Die Chancen auch einen 6. Rundumadum zu finishen stiegen jedenfalls an.
In Richtung Dreihufeisenberg lief ich dann auch einen Läufer mit Trailstecken auf, der mir schon beim Start aufgrund seines Bären-Maskottchens im Rucksack aufgefallen war. Bald erfuhr ich, dass ihn sein Maskottchen regelmäßig für allerlei Läufe anmeldete die er dann ausbaden/absolvieren durfte
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Bergab düste er mir immer davon, dennoch lief ich immer wieder auf ihn auf. Wir plauderten eine Weile und er erzählte mir ua, dass die Lobau sein Lieblingsstück (und er dort jede einzelne Wurzel kennen würde – auch ohne Stirnlampe
J). Ich jammerte ihm vor, dass mir die Lobau regelmäßig fast den letzten Nerv beim Rundumadum ziehen würde – als einziger Teil des Rundumadums.
Kurz vor dem Gütenbachtor wurde er dann von einer privaten Verpflegungsstation erwartet wo mir mir auch gleich eine Suppe angeboten wurde. Da ich genug Eigenverpflegung beim Gütenbachtor hatte, schlug ich das Angebot aus, (freute mich aber dennoch sehr über das Angebot).
Nun ging es wieder alleine weiter. Nach dem Gütenbachtor überholen mich dann allmählich flotte Staffel- bzw. 88 Km-Läufer und egal wie eilig sie es hatten – alle Läufer grüßten und gratulierten mir (Schnecke) dazu, dass ich die ganze Distanz in Angriff nahm
. Der Respekt für die Leistung anderer laufender Menschen, egal wie schnell oder wie langsam sie sind, ist wohl ein Grund wieso ich das Laufen so liebe. Ein gutes Gefühl (mag es auch Illusion sein) das wir alle miteinander verbunden sind und das ist in Zeiten in denen man häufig das Gefühl hat, dass wir Menschen uns voneinander immer mehr entfernen ein super Gefühl (so philosophischer Exkurs beendet
).
An der Klausen Richtung Liesing merke ich dann einen verspannten Adduktor im anderen (rechten) Oberschenkel der sich beim Bergablaufen unangenehm bemerkbar macht. Ich kannte das Phänomen schon, wunderte mich aber, dass es schon jetzt auftrat und nicht wie sonst erst irgendwo ab Km 100. Je nachdem wie lästig das wird, sorgt es jedenfalls dafür, dass ich nicht mehr allzuviel laufen kann bzw. häufig Gehpausen einlegen muss um den Muskel wieder locker zu bekommen.
Da es in der Ebene aber nicht stark spürbar war, beunruhigte es mich nicht besonders. Die Traildog-Labe lief ich dieses Mal nicht an (gute Entscheidung, da es dort heuer scheinbar gar keine Labestation gegeben hat
J).
Richtung Alt-Erlaa wurde ich dann Opfer eines Luxemburgerisches-Paparazzis den ich erst erkannte, als er die Kamera auf die Seite legte
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Nach einer kurzen Plauderei ging es weiter und nun fing der Oberschenkel doch an etwas nerviger zu werden. Ich hatte einige Kinesio-Tapes im Pflichtgepäcksverbandszeug und plante bei der nächsten Pinkelpause einen Oberschenkel-Tape-Versuch zu wagen (scheinbar trinke ich jedes Jahr ungefähr gleich viel, denn die Pinkelpausen muss ich immer an den gleichen Stellen einlegen
).
Nach einer Weile war dann das Tape an der vermutet richtigen Stelle und es geht weiter. Leider trat nicht er gewünschte Effekt ein und mir wurde klar, dass das wohl nicht mehr schnellster Rundumadum werden würde, da ich zunehmend zwischen gehen und laufen wechseln muss.
Das beunruhigte mich jedoch nicht wirklich, va die Erfahrungen aus den ersten beiden „Antritten“ mit 30 bzw. 50 km durchgehend gehen „müssen“ haben mich einem gewissen (Selbst)Erfahrungsschatz ausgestattet (also auch dahingehend, was ich aushalten kann). Die Situation war zwar irgendwie nicht ganz optimal, aber den 6. Rundumadum wollte, ich wenn irgendwie vertretbar möglich, jedenfalls finishen. Es hat auch positive Aspekte, das Wadl merkte ich tatsächlich wirklich kaum noch
!
Gar nicht so lang nach Jean Marie wartet ein weiteres Highlight auf der Strecke; Uschi und Friends betrieben (wie jedes Jahr) eine großartige mobile Labe- und Motivationsstation und ich hatte fast ein schlechtes Gewissen, dass ich nur bei den Getränken zuschlagen konnte (durch vorherigen Riegelkonsum ist der Magen noch nicht für mehr bereit
).
Nach der Bitterlichstraße und dem „Feldweg“ lief ich dann auf 2 Läufer auf und freute mich auf Roman (Nasmorn) zu treffen. Als er meinte, dass er mich schon erwartet hätte, musste ich schmunzeln. Es ging ihm noch halbwegs gut, jedoch hatte der die letzten Wochen nicht wirklich trainieren können. Wir plaudern eine ganze Weile (und erleben sogar einen wunderschönen Regenbogen – obwohl es vorher gar nicht geregnet hat
J) und beim Zentralfriedhof trennen sich unsere Wege dann wieder). Roman ließ sich dort von Familie Nasmorn aufpäppeln (wahrscheinlich brauchte er auch einfach eine Pause von meinen Oden an den Rundumadum, die ich von mir gegeben hatte
.
Weiter gingt es Richtung Donauinsel und der Oberschenkel nervte nun leider noch deutlicher. Auf der Insel startete ich einen weiteren „Tape-Versuch“ (ich hatte relativ viel Tape mit
) – leider wieder ohne Erfolg. Nun ja, mit der Mischung aus Gehen und Laufen würde es schon irgendwie klappen. Gut ausgerüstet mit den Köstlichkeiten unserer privaten Dagmar-Labe an der Steinspornbrücke ging es nun in die Lobau und die erste Hälfte war dann nur gehend möglich.
Gelegentlich überholten mich flottere Rundumadum-LäuferInnen mit Fahrradbegleitung und immer wurde ich gegrüßt bzw. gefragt, ob alles in Ordnung wäre. Auch die Servicebiker waren wie jedes Jahr hier und man fühlt sich in der Lobau überhaupt nicht unsicher oder einsam
J. Auf dem letzten Drittel lief mir dann jemand mit Stirnlampe entgegen und schien jemanden zu suchen. Die gesuchte Person war…. ich , der Läufer ist mein „SAP“ vom Dreihufeisenberg. Er hatte den Rundumadum nicht finishen können, sich jedoch an mein Gejammere über die Lobau erinnert und kam mich abholen um mich beii der Lobaubewältigung zu unterstützen.
Ich freute mich so darüber, dass ich sogar wieder einige Passagen laufen konnte J! An der nächsten Labe trennten sich dann unsere Wege und ich marschierte nun wieder weiter (das kurze Laufintermezzo musste aus Schmerzgründen leider wieder beendet werden ).Nun begann der für mich „skurrilere“ Teil des Rundumadums – der Rundaumadum der Silly Walks (in Anlehnung an die Monty Phytons
).
Regelmäßig versuchte ich den Adduktor durch allerlei Übungen zu dehnen und suchte mir auch Bänke für diverse Schneidersitzpositionen und andere Dehnübungen.
Der Oberschenkel ließ sich davon nur anfangs beeindrucken und mittlerweile war dann auch das „normale“ Gehen schon ziemlich schmerzhaft. Ich tüftelte dann schon wie Mac Gyver was ich noch so machen könnte.
Während ich so herumprobierte, merke ich, dass hauptsächlich das Anheben des Beins schmerzhaft ist. Als ich kurzerhand den Beinhub durch armunterstütztes Packen und Anheben der Kompressions-Laufhose bewältigte, wurde es deutlich weniger schmerzhaft. Damit hatte ich die Lösung für die restlichen Kms gefunden, auch wenn das eine recht anstrengende Angelegenheit werden würde. Auf diese Art und Weise brachte mich der Silly Walk nun weiter durch die Feldwege, hinauf Richtung Bisamberg. Auf der Brünner-Straßen-Querung erblickte mich ein Autofahrer und wollte mich gleich mitnehmen, er dachte wohl, ich wäre ein Überbleibsel einer der diversen Halloween-Parties die ich im Laufe der Nacht in den Feldern nach Essling gesehen hatte. Ich lehne dankend ab
, per Anhalter durch den Rundumadum wäre nicht regelkonform
J.
Ungefähr 10 km vor dem Ziel rief mich Ulrich an und freute sich telefonisch, das ich schon in Zielnähe zu sein schien.
Jetzt war ich plötzlich doch etwas genervt und schnauzte meinen armen Ehemann an, 10 Kms waren halt doch noch ein Stück wenn man nur gehen kann und ich wäre halt grundsätzlich gerne noch etwas gelaufen
. Egal, weiter ging es. Endlich auf der Donauinsel angelangt, wusste ich, dass es nun selbst gehend nicht mehr sehr weit war. Irgendwo hinter mir, tauchten zwei Lampen auf und ich vermutete, dass Roman und Josef mich einholen würden. (überhaupt rechnete ich schon seit der Lobau dauernd damit, dass sie beide gemeinsam oder einzeln auf mich auflaufen würden).
Es waren jedoch zwei Radfahrer. Einer meinte zum Kollegen, dass heute wohl irgendein Nachtlauf stattfinden würde (wenn die wüssten – nicht nur Nachtlauf sondern davor schon ein Taglauf
).
Ich trottete mit meinem Silly Walk so vor mich hin, als ich ein rotes Licht vor mir ein weiter Ferne entdeckte. Zuerst vermutete ich eine Art Baustellenbeleuchtung, aber dann schien es sich doch um ein „mobiles“ Licht zu handeln. Da ich noch einen Motivationsschub für das Finish brauchte, nahm mir vor an diesem Licht im Silly Walk Modus dran zu bleiben, wenn möglich. Langsam aber doch kam das Licht näher und ich walkte tatsächlich auf eine Gruppe von Rundumadum-Läufern auf. Ein Läufer sagte mir, dass ich noch einen tollen/forschen Schritt hätte. Wenn ich nicht schon ziemlich „erfroren“ gewesen wäre, wäre mit ihnen gemeinsam ins Ziel gegangen. Da mir jetzt aber doch schon ziemlich kalt war, „hielt ich das Tempo“ und marschierte weiter Richtung Ziel. Kurz vor dem Ziel erwartete mich Ulrich.
Ich freute mich sehr darüber, da er extrem müde/geschlaucht sein musste und sich dennoch auf den Weg gemacht hatte um mich abzuholen (das würde ich einfach nicht schaffen
).
Gemeinsam gingen wir ins Ziel, der Rundumadum 2020 war geschafft. Das Organ-Team hatte ebenfalls wacker durchgehalten und ich bekam sogar noch eine Flasche Wein überreicht. (Erst) im Zimmer angekommen, merkte ich dann wie anstrengend dieser silly-Nacht-Walk gewesen war - mein Kreislauf bemühte sich intensiv sich zu verabschieden und es dauert bis zum Abend des nächsten Tages bis sich da wieder eine echte Stabilität eingestellt hatte.
Obwohl der Laufanteil nicht so ganz meinen Vorstellungen entsprochen hat, war/bin ich mit der Performance zufrieden. Jeder Rundumadum ist ein neues/eigenes Abenteuer und die Bewältigung der 130 Kms einfach nie selbstverständlich.
Ich freue mich jedenfalls schon auf das nächste Jahr und hoffe die Anmeldung wird bald geöffnet
.