Großartiges Jahr, wundervoller Marathon
2018 war bisher ein unglaubliches Jahr für mich. Ehrlich gesagt eins der genialsten überhaupt. Heidi eilt beruflich von Erfolg zu Erfolg, ich habe auch sowohl beruflich als auch sonst das Glück, ein Jahr lang mehr oder weniger schmerzfrei laufen zu dürfen, 2 Marathon-Spazierläufe für meine Serie, Veitsch voller Glücksgefühle und eine sehr positive Vorbereitung auf den Rundumadum.
OK, der Lauf selber war eine Lektion in Demut, aber... darf auch sein.
Irgendwie war ich aber dennoch nach dem Rundumadumdesaster läuferisch in Bezug auf mein Ego angeknackst. Macht nix, gehört dazu......
Gut, dass wir das Abenteuer Valencia noch in Angriff genommen haben, ohne uns die Wochen zwischen Rundumadum und dem Lauf selber irgendwie auch nur semiernsthaft mit dem Laufen beschäftigt zu haben. Will heißen, ich bin zwischen meinem Ausstieg Anfang Nov. Und dem Valencia Marathon grad heiße 35 KM gelaufen. Ich wollt einfach nicht.
Wir fliegen also hin, sind von der Stadt recht bald begeistert. Überall hängen die Orangen von den Bäumen, das Wetter scheint perfekt, die Gebäude schön, die Menschen wirken auch alle nett... Ich freu mich!
Wir holten noch am Tag unserer Ankunft die Startunterlagen ab und staunten über das beeindruckende Zielgelände. Gut, den Lebensrhythmus der Spanier haben wir nicht ganz intus, ich ess gern im Vorfeld eines Marathons nicht erst um 22:00, aber.. so what, es ist ja eben kein ernster Lauf, sondern ein Fest zum Saisonausklang.
Am Samstag treffen wir dann schon am Weg zur Metro auf Elisabeth, Barbara, Kurt, Christian und Fredmann und schlendern gemeinsam zur Pizzeria, in der wir die Pizza- und Pastaparty im Vorfeld des Laufes begehen.
Am Lauftag selber finden wir erst zwar den passenden Bus nicht gleich, folgen dann aber den möglicherweise ortskundigeren anderen Startnummernträgern zu einer Bushaltestelle und schaffen den Sprung in einen recht vollen Bus, der uns bis zum Startgelände bringt.
Hier erfüllt sich Heidi einen offenbar langgehegten Wunsch....., wir starten als letzte. Also auf jeden Fall als letzte unserer Straßenseite. Ich geb schon zu, ich hätte mich auch gern weiter vorne aufgestellt, aber.... wenn Heidi was will, hab ich da wenig Chancen
Nach längerer und gar nicht so südländisch anmutender Fröstelei im Morgenwind unterhalten wir uns mit einem Kollegen, der auch bei der Pastaparty gewesen sein dürfte und von mir gleich weiß: "Ah, Du bist der eine ohne Facebook". Ja, das lass ich mir gern nachsagen
Startschuss, wir laufwandern über die Startlinie und genießen. Genießen die tolle Stimmung im Startbereich, hier noch in der Annahme, sie würde irgendwann enden. Doch.... falsch gedacht, was bei Konradischen Läufen maximal im Start und Zielbereich zu erahnen ist, wird von den Spaniern über 42,195 Km x 5 Stunden perfektioniert. Eine einzige Lauffiesta, ein einziges Festl. Kaum scheint der Schall der einen Band abzunehmen, trommeln von links gleich wieder andere um uns anzuspornen oder schlicht, um eine Freude zu haben. Bands spielen, die Leute stehen sich über Stunden die Haxn in den Bauch und feuern an. Irgendwann überholt uns ein Trupp von Rollstuhlfahrern, welche von Helfern geschoben werden. Freude und Freunde, das ist wohl das genialste Bild des Tages. Nein, ich weiß nicht, wie viel so manche in den Rollstühlen mitbekommen, aber es scheint ihnen jedenfalls sehr zu gefallen. Lang schon haben wir uns entschlossen, den Lauf gemeinsam zu erleben und ehrlich gesagt, heute wäre auch eine jede Sekunde, die ich zu früh im Ziel bin schlichtweg schade. Außerdem... Es ist Urlaub, den mag ich schon auch mit Heidi verbringen. Und mit den ganzen Bands an der Strecke. Bei einigen tanze ich mit, andere beklatsche ich, bei wieder anderen bleibe ich schlicht stehen und höre zu.
Einmal kann und will ich der Versuchung nicht widerstehen, ich pflücke zum Unglauben eines Zuschauers eine Orange und merke 2 Dinge: erstens ist es eine sehr große Mandarine und zweitens... iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii die ist dermaßen sauer... das es schon sehr lustig ist
Eins ist auffallend... an der Seite meine Göttergattin laufend werde ich von diversen Spanierinnen immer wieder angefeuert. OK, sie tun sich mit meinem Namen ein wenig schwer, aber ein ULRITSCH,ULRITSCH!!!! Kommt dennoch sehr nett rüber. Irgendwie fühlt es sich so an, als würden alle feschen Spanierinnen heute meine Namen rufen. Und die beste aller Ehefrauen rennt neben mir, was für ein schöner Tag!
Immer wieder erschallt der Gesang der Rollstuhlbegleiter, wie ein Kriegsgesang schallt er durch die Straßen Valencias, das ist Stimmung!
Ein Kollege aus dem ferneren Osten, augenscheinlich aus Japan oder Korea traut dem Laufschuhwerk nicht, er rennt barfuß und noch dazu in einem Kimono, ein anderer wiederum lebt seinen Gott-Komplex in einem Thor-Kostüm aus.
Ach, was für ein geiler Lauf, es macht irren Spaß. Die Zeit ist einfach nur wurscht. Ich liebe diesen Lauf!
Knapp vor KM 40 meint Heidi, ich möge doch jetzt die letzten 2 KM alleine laufen, um noch das Tempo und den Lauf ein wenig alleine zu genießen.
Ich überlege kurz, hole meinen Mp3 raus (doch nutze ich ihn kaum, weil die Stimmung dermaßen unglaublich gut ist) und beschleunige auf ca. 4:45-30. Komisch, irgendwie fühlt es sich nicht so gut an, es passt für mich nicht, zu überholen. Ich hab fast ein schlechtes Gewissen, aber lustig ist es doch alle Mal.
Das Zielgelände bietet eine beeindruckende Kulisse und einen fantastischen Zieleinlauf.
Nach wenigen Minuten ist Heidi auch im Ziel, wir holen uns gleich einen köstlichen Radler und machen uns auf den Heimweg. Der Bus, den wir erst besteigen dreht zwar recht überraschend für alle (auch die spanischen Fahrgäste) wieder um, sodass wir uns entscheiden die paar KM´s zum Hotel zu Fuß zu gehen, aber... das ist eine andere Geschichte.
Viva Valencia!