AAUT - Al Andalus Ultimate Trail vom 9. bis 13. Juli 2018
Teil 1 (da viel zu lang...)
Was im letzten Sommer mit einer Schwärmerei für Landschaftsfotos begann, endete am Freitag, dem 13. Juli, nach
230 fantastischen und unvergesslichen Kilometern und 7200 pos. Höhenmetern in der andalusischen Provinzstadt Loja mit einem überglücklichen Finish.
Der Al Andalus Ultimate Trail ist ein landschaftlich wunderschöner, sehr familiärer (31 Starter aus 10 Nationen) und vor allem perfekt organisierter Multi Stage ULTRA, der in fünf Etappen von Loja durch den wunderschönen Landkreis Poniente Granadino wieder zurück nach Loja führt.
Man durch- und überläuft dabei verschiedenste, äußerst beeindruckende Landschaftsformen – es geht durch ausgetrocknete Flussbetten, über karge und aber auch über sehr vegetationsreiche Gebirgszüge, durch einen wunderschönen waldreichen Naturpark, Seenlandschaften, Dörfer und Provinzstädte und durch unzählige Oliven- und Mandelplantagen.
Die
erste Etappe führte uns auf
39km und über 1330 pos. Höhenmeter von Loja nach Alhama de Granada. Die ersten Kilometer verliefen über eine relativ flache Asphaltstraße, bevor es dann zum ersten längeren, sehr geröllversetzten und unbeschatteten Anstieg von rund 8 km kam, bei dem schon über 1000 pos. Höhenmeter zu bewältigen waren. Oben angekommen entschädigte aber ein grandioser Ausblick sofort für die erste Kraftprobe und man wusste jetzt schon, was in etwa in den folgenden Tagen auf einen zukommen sollte. Nach 11 km war dann auch schon der erste CP (Check Point) erreicht, an dem, wie bei jedem der weiteren, ein stets extrem engagiertes und freundliches Team an Volunteers anzutreffen war, das uns Läufer mit gekühlten Handtüchern, Eiswasser, in das wir unsere Kappen und Tücher tauchen konnten und Trinkwasser versorgten. Vor allem wurden wir stets mit äußerst ansteckender Freude empfangen und auch wieder entlassen. Ebenso wurden die Startnummern kontrolliert und notiert, da es für jeden CP Cut-Off Zeiten gab – das stresste mich anfangs ein wenig, aber es wurde zum Glück nie in irgendeiner Weise knapp oder gar kritisch.
Ziemlich hügelig ging es weiter bis km21 und somit CP2, dann folgte ein ca. 5km Abstieg auf einem sehr trockenem Schotterweg bis es dann auf Asphalt bis zum CP3 weiter ging. An den letzten CPs der Etappen wurde immer, zusätzlich zum Wasser, Coca Cola ausgeschenkt. Unglaublich, was so ein Becher davon bewirkte und vor allem, wie viel Appetit und Vorfreude man darauf entwickeln konnte…
Ein letzter steiler 2 km langer Anstieg wartete dann noch und dann war die erste Etappe geschafft. Das Ziel lag auf dem Gelände des öffentlichen Freibades der Stadt Alhama de Granada und ein jeder wurde unter Jubel empfangen. Jeder Läufer wurde gleich zu einem schattigen Plätzchen geführt, eine Schüssel mit kaltem Wasser für die Füße hingestellt, ein großer Teller mit Melone, Bananen und saftigen Orangen gebracht und außerdem wurde man auch großzügig mit Getränken und eisgekühlten Handtüchern versorgt, was natürlich nach einem Lauf in Temperaturbereichen von 40°C (+/-) eine große Wohltat war.
Nach einem sehr netten und ausführlichen Austausch mit den anderen Finishern, ging es dann mit etwas steifen Beinen Richtung Sporthalle, in der unsere Zelte und Säcke mit den persönlichen Sachen schon warteten.
Jeder Teilnehmer durfte vor dem Start des Rennes einen Sack oder eine Tasche mit einem max. Gewicht von 10kg abgeben, der oder die zu jedem Ziel transportiert wurde.
Das Packen meines Dry Bags war schon im Vorfeld die große Herausforderung, da auch das Essen selbst mitgenommen werden musste. Frühstück, die Portionen Protein-Mix, die Mahlzeiten gleich nach den Läufen und natürlich die schon portionsweise abgefüllten Elektrolytmischungen, Riegel, Datteln und Cashewkerne – nahmen alleine schon fast 5 kg davon ein - Schlafsack, Isomatte und alles, was man sonst noch so für einen Abenteuerurlaub benötigt, mussten dann auf 5kg aufgeteilt bzw. reduziert werden…
Nach dem Einrichten des Zeltes, dem Essen der gefriergetrockneten Mahlzeit, einer ziemlich kalten Dusche, dem Waschen der Kleidung und der täglichen Massage, folgten dann die Tages-Siegerehrung und das sehr ausführliche Briefing für die nächste Etappe.
Die erste Nacht verlief sehr schlafreduziert und ab 6:30 Uhr startete ich meine morgendliche Routine. Draußen vor der Halle stand schon ein großer Topf mit heißem Wasser, mit dem ich mein gefriergetrocknetes Porridge anrührte und meinen Tee zubereitete. Viel Hunger hatte ich nicht, aber die Vernunft zwang mich zum Essen. Danach wurden die Füße gründlich mit Tape abgeklebt, um die Wahrscheinlichkeit der Blasenbildung möglichst gering zu halten, und dann noch meine Laufweste mit einer 500ml Softflask (gefüllt mit Elektrolytlösung) und ca. 1 Liter Wasser in der Trinkblase, ein paar Datteln, Cashewkerne, Päckchen mit zusätzlichem Elektrolytpulver und für den „Notfall“ (der nie eintraf) auch einen Cliffbar gepackt. Der Dry Bag erneut gefüllt, dieser abgegeben und dann ging es auch schon zum Start der zweiten Etappe.
Etwas zittrig, da völlig übernächtigt, aber mit dem sehr guten Gefühl und der Gewissheit, dass ich mir die 1. Etappe schon sehr kräfteschonend eingeteilt und mich während dieser auch sehr gut gefühlt hatte, ging ich wieder sehr freudig und neugierig an den Start. Die Stimmung war bei allen wieder extrem gut und ausgelassen fröhlich – diese Stimmung sollte sich auch kein einziges Mal während dieser Tage, die wir zusammen verbrachten, ändern.
Die
zweite Etappe verlief auf 48 km mit 1640 pos. Höhenmetern auf einigen wunderschönen und sehr abgelegenen Single-Trails bis Játar. Auf den ersten Kilometer durchliefen wie die spektakuläre Alhama Schlucht, in der es noch angenehm kühl war, bis es dann einige Kilometer über wenig befestigte Pfade hinaus aus dieser bis zum CP1 (km 10) ging. Auf unbefestigten Wegen verlief die Strecke ebenfalls bis CP2 weiter - dieser befand sich bei km 21 und von dort ging es in das sehr unwegsame, technisch eher anspruchsvolle und steile, aber wunderschöne Gelände der Sierra Almijara Bergkette. Es war der reinste „Aroma-Therapie-Lauf“, denn dieser Pfad war gesäumt von Unmengen verschiedener, herrlich duftender Kräuter (Lavendel, Rosmarin, Salbei etc.). Während des Briefings zu dieser Etappe wurde ausdrücklich betont, dass wir uns ab CP2 für ca. 10 km in der „most remoted area“ des Trails befinden würden und wir, wenn wir uns nicht entsprechend fühlen sollten, den Lauf bitte hier unter- bzw. abbrechen sollten, da es nur sehr schwierig gewesen wäre, jemanden von dort herauszuholen. Zum Glück war dies nicht nötig und alle Läufer, die zu diesem Zeitpunkt noch im Rennen waren (25 von 31), konnten ebenso diesen landschaftlich und läuferisch sehr reizvollen Abschnitt bewältigen und man erreichte wirklich beeindruckt den CP3 bei km31.
Es folgte ein weiterer recht „knackiger“ Anstieg bis CP4 bei KM42, der kaum Schatten bot. Auf diesem Teilabschnitt hatte ich zum ersten und glücklicherweise auch einzigen Mal eine Phase, in der es kurzfristig etwas zäher wurde. Hier aß ich dann, so wie eher selten, eine Dattel und ein paar Cashewkerne und der Zustand verbesserte sich sehr schnell wieder.
Gegessen habe ich im Allgemeinen auf allen Etappen nur sehr reduziert, a) war es nicht wirklich nötig und b) vertrage ich auch nur sehr wenig feste Nahrung während des Laufens. Dafür nahm ich aber standardmäßig zwischen jedem CP 500ml selbstgemixte Elektrolytlösung, die aus je einem Päckchen Normhydral und je 10g Maltodextrin 12 bestand, zu mir. Es war stets ausreichend und ich habe dann jeweils nach den Zieleinläufen geschaut, dass ich relativ schnell meinen Körper entsprechend mit Proteinen und Kohlenhydraten versorgte.
Die restlichen Kilometer verliefen weiter sehr hügelig, über einige piniengesäumte Pfade, die etwas Schatten boten, aber auch über lange gerade Strecken auf denen wir der Sonne ziemlich ausgesetzt waren. Nach Durchlaufen des kleinen Ortes Játar erreichte wir etwas außerhalb das nächste Ziel auf dem Campingplatz El Nacimiento. Die Besonderheit dieses Campingplatzes war eine Quelle, deren weiterer Verlauf quer durch den Platz verlief und durch diese unsere mobilen Duschen, die jeden Tag vom Veranstalter auf- und abgebaut wurden, betrieben wurden. Es gibt definitiv kälter als kalt ;-) …man, oder zumindest ich ;-), hatte das Gefühl, das Wasser befand sich kurz vor dem Wechsel des Aggregatzustandes und da half auch nicht ein einziger Gedanke an die hohen Temperaturen, denen man die Stunden vorher noch ausgesetzt war.
Der Start zur
3. Etappe verlief, so wie auch schon der zur 2. in zwei Gruppen. Die schnellsten 15 starteten um 9:00 Uhr, die anderen schon um 8:30 Uhr. Der Veranstalter bot aber auch an, dass die, die sich im Bereich von Platz 15 befanden, ihre Startzeit frei wählen konnten.
Auch das ist eines der vielen Highlights dieses Laufes, die ihn so sympathisch machen. Die Flexibilität des Orga-Teams. Generell ist es ja bei Multi Stage ULTRA Races so, dass wenn die Cutt-Offs nicht erreicht werden, man komplett aus dem Rennen ausscheidet. Bei diesem ist man zwar raus aus der Wertung, aber man könnte, nach Check und Freigabe durch die stets anwesende Rennärztin, auch am nächsten Tag wieder weiterlaufen oder aber an den CPs mithelfen, wenn man möchte.
Die
3. Etappe mit 39 Kilometern und nur 980 Höhenmetern Richtung Jayena führte uns erst einmal über Asphalt und einen eher harmlosen Anstieg in Richtung des Sees Bermejales bis CP1 (KM11), danach ging es weiter auf Feldwegen bis zum Eingang des sehr idyllischen Naturparks La Resinera. Auf groben und auch auf feinen Schotterwegen durchliefen wir diesen teilweise auf den, den Park durchziehenden sehr exponierten Feuerschneisen. Aber wir liefen auch ebenso auf wunderbar weichen, von Piniennadeln übersäten und durch die Hitze ganz intensiv duftenden, Wegen. Die letzten Kilometer bis CP2 (KM 17) und ging es auf Schotteruntergrund ziemlich steil bergauf. Es folgten dann noch ein paar weitere Bergaufkilometer bis ca. KM22, bis es dann bis KM 25 wieder leicht bergab ging, um dann noch einmal die letzten 200 positiven Höhenmeter dieses Tage auf angenehm laufbarem Wanderweguntergrund zu bewältigen. Ab KM28 verlief die Strecke dann leicht abfallend und man konnte hier den Rest dieser wunderschönen Etappe so richtig genießen. Bei CP3 gab man noch uns mit auf den Weg, dass wir ca. 2 km vor dem Ziel sehr achtsam sein müssten, um die Markierung nicht zu übersehen, denn der Hauptweg würde geradeaus weiter verlaufen, aber wir mussten scharf rechts auf einen Single-Trail abbiegen. Dies im Hinterkopf, voll konzentriert auf das Entdecken der entsprechenden Markierung, sah ich diese dann auch und bog erleichtert ab. In meiner Euphorie blieb ich stehen, um von der neuen Strecke ein Foto zu machen, verpackte während des Laufens mein iPhone und übersah dabei natürlich prompt die nächste Markierung (man sieht sie ganz deutlich auf dem Foto ;-)) auf den eigentlichen Single-Trail hinein ins schönste „Gemüse“. Zum Glück hörte ich kurz danach die Stimme einer lieben Laufkollegin aus UK, die mich zurückrief, kurz bevor ich im Wildwuchs verschwand. Wahnsinnig erleichtert lief ich zurück, bedankte mich bei Paula, die noch auf mich wartete und wir setzten gemeinsam unseren Lauf fort. Ca. 1,5 km vor dem Ziel, ging es ihr plötzlich nicht mehr allzu gut und sie meinte ich sollte alleine weiterlaufen – das war aber das, was ich in dieser Situation definitiv nicht wollte, denn dieses „Retten“ vor dem Verlaufen, was auch ich bei anderen Teilnehmern öfter gemacht habe, ist bei diesen Läufen etwas sehr Besonderes. Auch wenn man nicht auf Zeit oder Platzierung läuft, ist jeder Kilometer mehr, selbst wenn er landschaftlich noch so reizvoll ist, das was man eigentlich nicht will. Nachdem ich ihr sagte, dass wir das „Ding“ definitiv gemeinsam finishen werden, fiel sie wieder in den Laufschritt und letztendlich nach einigen weiteren motivierenden Worten finishten wir Hand in Hand diese 3. Etappe in Jayena.
Liest sich für viele vielleicht eher banal, aber bei so einem Lauf werden auch die kleinen Kleinigkeiten des Mit- und Füreinanders zu Besonderheiten.
Der Zeltplatz in Jayena lag inmitten des Naturparks im absoluten Idyll. Am Abend wurden vom Veranstalter Paella und Getränke angeboten, was natürlich ein willkommenes Carboloading vor der nächsten und längsten Etappe war.
Zu diesem Zeitpunkt war bei mir auch schon der Effekt eingetreten, den ich nie für möglich gehalten hatte, aber von dem die erfahrenen Läufer in den vielen Gesprächen berichteten. Der Körper gewöhnt sich nach ein paar Tagen an die Belastung, nimmt sie an und du hast das Gefühl, du wirst immer stärker. Ja, es war so!!! Trotz Schlafmangels (max. 5 h/Nacht) und Hitze hatte ich nie das Gefühl am Limit zu laufen – gut ich bin auch sehr kräfteeinteilend und -schonend unterwegs gewesen (jeder Berg wurde gegangen und auf den flachen Stücken bin ich, bis auf die letzten KM der 5. Etappe ganz bewusst nie schneller als im 6:30er Schnitt gelaufen). Einen großen Anteil daran haben auf jeden Fall auch die zwei Physios gehabt, die jeden Abend meine Muskeln zwar nicht gerade sehr sanft ;-), aber absolut effektiv behandelten.
An diesem Abend hatte ich dann auch noch ein sehr nettes Gespräch mit der Rennärztin
. Mir wurde im Vorfeld von den AAUT "Wiederholungsläufern" berichtet, dass man nicht nur während des Rennens, sondern auch in den Camps, vom Medical Team beobachtet werden würde. So fragte Anja, unsere Ärztin, mich dann auch erst einmal aus, was ich während der Etappen und danach denn so zu mir nehmen würde und ob es mir damit auch gut gehen würde - allerdings hatte sie eh den Eindruck, dass ich recht locker und fröhlich unterwegs sei und weder einen erschöpften noch müden Eindruck machen würde. Allerdings meinte sie dann auch, dass ich ihr eher „etwas zu dünn“ für nächste (67km) Etappe sein würde… Hm, okay, das war natürlich auch relativ zu sehen, denn den Spruch hätte sie bei mind. 3/4 der Mädels an dem Abend ebenso bringen können.… Letztendlich lief das Gespräch dann aber darauf hinaus, dass ich unter ihrer (ärztlichen - wie sie es betonte ;-)) Aufsicht nun erst einmal ein (alkoholfreies) Bier trinken sollte - naja, das tat ich dann natürlich auch sehr gerne ;-)!
Teil 2 folgt...