So nachdem ich nun die Finger zumindest wieder bewegen kann und auch gerade im Flieger nichts besseres zu tun habe schreibe auch ich endlich meinen Bericht von meinem Saisonhöhepunkt dem Karwendelmarsch. Mein erklärtes Ziel war es "nicht zu Leiden". Gleich vorweg, dieses habe ich vom ersten bis zum letzten Meter dramatisch verfehlt. Schuld daran war natürlich ich selbst, aber auch ein bisschen ein guter Freund und noch besserer Bergläufer, Robert. Er hat es sich nicht nur nicht nehmen lassen mich zu meinem ersten Ultra zum Start zu begleiten, sondern ist den ganzen Lauf an meiner Seite geblieben und ist um mich herumgetänzelt, hat mich motiviert und fotografiert, so betreut konnte es nur noch ein toller Lauf werden. Jetzt aber nach langer Vorrede wirklich zum eigentlichen Bericht.
Die Nächtigung in Seefeld und der Bustransfer zum Start klappten problemlos, leider kamen wir erst 15 Minuten vor dem Start an, damit war kein Kaffee mehr drinnen. Im Startbereich trafen wir Anna, Sonja und Wolfgang die auch schon ein motiviertes Glitzern in den Augen hatten. Robert liess aber nicht viel Zeit für ein gemütliches Pläuschchen sondern trieb mich zur Startlinie, damit wir nicht in den Stau kommen. Dort vorne hörte man kein Wort vom Platzsprecher, aber pünktlich um 06:00 Uhr gaben die Schützen den Startschuß. Die ersten Meter ging es auf Asphalt gleich ein paar enge Kehren recht steil bergauf, hier ging ich zum ersten Mal zum Gehen über, da wir im Stau fest saßen. Der Asphalt wurde bald zur Schotterstrasse und diese schlängelte sich gemütlich ins Karwendeltal hinein bis zur ersten Labe am Schafstallboden. Bis hier her gab es viele Positionswechsel und recht hektisches gelaufe. Nach der Labe jedoch wurde es merklich entspannter und leider auch steiler. Den ersten großen Anstieg zum Karwendelhaus bewältigte ich im planmäßig im gehen um nicht alle Kräft gleich zu verpulvern. Hier wurde ich noch von vielen Läufern überholt. Oben angelangt gab es eine Kartoffelsuppe Holundersaft, Zelten, Tee und dann war die Pause auch schon vorbei. Im Windschatten von Robert liess ich es so richtig bergab laufen, dass waren die 4 schnellsten Kilometer mit einem Schnitt von 4 min/km, eine wahre Freude, so hätte es noch viel weiter gehen können. Doch wir erreichten viel zu früh den kleinen Ahornboden wo ich nur einen Saft tankte und an sehr schönen alten knorrigen Ahorenbäumen vorbei lief. Langsam ging es auch wieder bergauf, also Gehmodus, diesmal fast noch schwerer weil der Anfang ein schöner kleiner Weg mit verführerischer Steigung war, aber es sollte ja noch ein paar Kilometer weiter reichen. Bei der Falkenhütte angekommen gab es Hafersuppe, die nicht ganz mein Fall war, aber das mag auch ein Kindheitstrauma sein. Von dort wollte ich mich wieder in den Downhillspaß stürzen, habe jedoch die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nach der ersten Kehre begannen die Waden zu krampfen und aus Geschwindigkeitsrausch wurde dehnen, gehen, laufen, krampfen, dehnen, gehen, ... das ging so bis zur nächsten Steigung, die sehr Mühsam und ohne jeglichen Willen zu laufen einfach nur gegangen wurde. Von dort hinunter nach Eng war auch nur bedingt laufbar, da nach wenigen Schritten die Waden versagten. In Eng angelangt gab es zunächst mal Joghurt und Salz und das wichtigste nämlich Heidelbeersuppe, darauf war ich schon vor dem Start gespannt, sie war vorzüglich allerdings ginge es für mich durchaus auch als Heidelbeersaft durch. Nun nach 35 km war sogar das kurze Flachstück von der Labe zum nächsten Anstieg schon nur mit Überwindung zu laufen, sobald das erste Prozent Steigung erreicht wurde ging ich fast schon freudig ins gehen über, das sollte sich bis zum Gramai Hochleger aber noch ändern, denn die letzten Höhenmeter waren dann schon sehr steil. Oben angekommen gab es wieder Salz, denn die Muskeln waren nicht überzeugt nicht mehr zu krampfen.
Hier oben gab es noch ein Joghurt und Tee und dann nur noch bergab, eigentlich sollten die letzten 12 km entspanntes cruising werden, dazu bekam ich noch Moralische Verstärkung durch Fredi und Marina die zu dieser Zeit Ihren Urlaub am Achensee verbrachten und uns auch ein Stückchen entgegenfuhren und liefen. Leider waren die Beine aber nicht mehr bereit und aus dem entspannten Abschluss wurde ein laufen, gehen, laufen, gehen - Mix mit zusehends höheren Gehanteilen. Letztendlich war ich aber dann doch in der Lage zumindest den letzten Kilometer wieder durchzulaufen und nach sehr anstrengendem Vormittag ins Ziel zu stolpern. Das war dann auch gleichzeitig die größte Entäuschung, nach all den Köstlichkeiten auf der Stecke war es im Ziel sehr mau mit Kulinarik.
Dort trafen wir wenig später auch noch Anna und dann ging es auch schon auf die Seeterrasse am Achensee und einen verdienten Eiskaffee. Alles in Allem eine sehr schöne Premiere in der Ultrawelt, um das ganze noch ohne Leiden zu machen fehlt aber ein großes Stück. Danke Wolfgang für die Motivation mich anzumelden, Anna für die Begleitung im Training und Robert für die Motivation im Rennen.