Einmal ist keinmal und zweimal ist einmal zuviel (?)Heuer war für mich läuferisch ein ziemlich durchwachsenes Jahr, bestehend aus eher wenig laufen und ein paar verletzungsbedingten Nicht-Lauf-Monaten im Frühling. Danach ging es dann wieder recht gut und ich freute mich des Laufens und des Lebens. Da ich aber meine Suunto Ambit verkauft hatte, um mir irgendwann eine Polar V800 gekauft habe, entging mir in der uhrlosen Zeit ziemlich lange, dass ich total langsam geworden war (also noch langsamer als ich ohnehin schon bin
).
Die V800 und die Long Jogs mit Ulrich waren dann tempomäßig für mich ziemlich ernüchternd. Da es aber trotzdem toll war, wieder laufen zu können, wollte ich es tempomäßig und umfangmäßig auch nicht übertreiben und stimmte mich innerlich auf einen gemütlichen Herbstmarathon in Graz ein. Das passte auch gut zum restlichen Zeitbudget, das bis Anfang Herbst teilweise etwas knapp ausfiel. Der Plan Rundumwien mitzulaufen geriet somit auch immer mehr ins Wanken (auch weil ich keine Lust hatte da in der Nacht irgendwo alleine herumzulaufen und mein Ehemann den berechtigten Einwand erhob, dass ja der Nizzamarathon nur eine Woche später wäre). Der Achenseelauf zwar ziemlich ernüchternd, der Nightrun war tempomäßig auch unter aller S… (auch insofern wenig überraschend, weil ich heuer vielleicht 3 x insgesamt irgendetwas unterm 5er Schnitt gelaufen bin) dafür aber die letzten Long Jogs wieder gar nicht so schlecht.
Na ja, Graz war dann trotzdem tempomäßig ernüchternd, andererseits war ich heilfroh endlich wieder einen Marathon laufen zu können und grinste trotz jämmerlichen Eingehens die halbe Zeit blöd vor mich hin und kam mit dem berühmten Lächeln ins Ziel um mir gleich nach dem Zieleinlauf (weiterhin blöd lächelnd) zu überlegen ob ich nicht noch den LCC laufen könnte. Marathonlaufen ist einfach super und beim LCC ist es auch sicher kühler als in Graz
.
Teilweise hat auch sicher eine gewisse SP zu dieser Idee beigetragen, die stundenlang an der Strecke stand und auch uns Schnecken intensiv anfeuerte. Als Mensch ohne Prinzipien habe ich mich davon beeindrucken lassen, bin aber froh, dass es auch anständige Menschen mit Sportsgeist in unserem Forum gibt
.
Ulrich hörte sich meine Idee interessiert an und - ich war sehr erstaunt - hatte gar keine Einwände
. Er wollte als meine Fahrradbegleitung fungieren (Achtung: sehr unsportlich und definitiv nicht-regelkonform). Ich war schon gespannt, ob er diesen Vorsatz treu bleiben würde… so gegen Mitte der Woche kam dann schon ein: "ich überlege, ich auch mitlaufe". Am Freitag war dann die Entscheidung zur Teilnahme gefallen und er beschloss als mein Begleitläufer mitzulaufen.
Da wir eine Woche nach Graz nicht erwarten konnte Bäume auszureißen, gingen wir das Vorhaben relativ entspannt an. Trotzdem war ich froh, dass es heuer wieder (Achtung: kein "echtes" Doping und kein Medikamentenmißbrauch, aber definitiv leistungssteigernd) einen RB Energy Shot im Startersackerl gab (= "Flügel" für die letzte Runde
).
Wir trabten entspannt los, ungefähr meine Graz-Zeit von 4:17 anvisierend, in… 5:15
. Ups das ist zu schnell, also ging's dann in 5:18 und 5:20 weiter. Ich fragte mich, was ich da machen würde. Ulrich schaut mich auch entsetzt an. Ich kommentierte das mit: "ich laufe jetzt einmal eine Weile so um dann nachher einzugehen" um ihm zu signalisieren, dass es später eh noch gemütlich wird. Es ging also recht flott dahin und erstaunt bewunderte ich einen kleinen Buben der uns mit seinen (vermutlich) 8 Jahren einfach nur stehen gelassen hat
.
Die ersten zwei Runden gingen also noch ganz gut (Gott sei Dank lenkten Diana + Diana's Mama, StefanM und Conny, Uschi, Christoph und Georg ganz gut von den jetzt schon schön langsam schwerer werdenden Beinen ab), in der 3. Runde merkte ich aber dass ich doch schon ziemlich müde wurde und Graz wohl doch nicht so ganz verdaut war. Ein permanentes leichtes Seitenstechen hatte sich auch bald eingestellt und so konnte ich nicht so viel trinken wie ich wollte und musste auch bezüglich des Gel-Konsums sehr vorsichtig sein. Kurz hatte ich mit Sub 4 geliebäugelt, weil die ersten Runden noch so locker waren. In der 3. Runde hatte ich aber entschieden das Vorhaben (das ich Ulrich erst irgendwie in der 2. Runde eröffnet hatte ) fallen zu lassen.
Das Tempo wurde nun auch deutlich langsamer und meinem Begleitläufer sagte ich, dass ich jetzt wohl bald anfangen müsste Pausen einzulegen und es ab jetzt ein Wandertag werden würde und Sub 4 nicht mehr anpeilen würde. Jetzt war er doch etwas sauer, wieso Sub 4? Wir hatten doch ausgemacht, dass wir langsam laufen würden….
Er war sichtlich not amused über meine "unrhythmische" Laufgestaltung (also, dass ich ihn erst herumhetze nur um dann spazieren zu gehen
) und versuchte das etwas zu unterbinden, indem er mir fürsorglich von den Labestationen Getränke bringen wollte, damit ich nicht stehenbleiben muss. Ich wollte aber stehenbleiben
. Das Seitenstechenproblem, sorgte ohnehin schon dafür, dass ich zu wenig trinken konnte, daher war der Kreislauf schon bald etwas bedient. Ein "kleines" Gel traute ich mich dann doch noch zu nehmen (während eines längeren Labestationsaufenthaltes).
Als wir in der 4. Runde waren, fing mein lieber Ehemann dann an etwas Druck auf mich auszuüben. Ich wollte eigentlich eine Endzeit von 4:10 oder halt ein bissi darunter laufen und schaut auch schon länger nicht mehr darauf wie schnell oder langsam wir waren. Ulrich meinte irgendwann, dass wir sehr gut in der Zeit liegen würden.
Ich schaute ihn entsetzt an. Hatte ich nicht deutlich genug gesagt, dass mir Sub 4 wurscht ist? Reden fiel schon schwer, also versuchte ich in kurzen Worten zu äußern, dass ich keine Lust auf diesen Stress habe, ich verlängerte provokant meine Pausen an den Labestationen
. Es kommt zu einem lustigen Wechselspiel zwischen uns paar verbleibenden Marathonis bestehend aus überholen und überholt werden. So haben wir Josef, der uns zuerst überholte dann auch wieder überholend getroffen.
Die Zeit war mir also mittlerweile wirklich ziemlich egal, aber das Leiden nicht so, die Sonne war mittlerweile heraußen und mir nur noch ziemlich schwindlig. Ein Wunder wurde benötigt und siehe da, RB Energy Shot und mein MP3 Spieler verliehen mir zwar keine Flügel, aber die Fähigkeit doch noch irgendwie anständig weiterzulaufen. Ich hatte das Reden auch fast vollständig einstellt, die Konversation mit einem Landsmann aus meiner Heimat durfte Ulrich übernehmen
.
Anfang der 6. Runde war mir dann auch klar, dass ich "locker" Sub 4 laufen könnte, wenn ich die Pausen bleiben lasse. Es war absurd, jetzt war schon Runde 6. Wie konnte es sein, dass der LCC Marathon mit der -mir eigentlich so verhassten Strecke - irgendwie doch meistens so kurzweilig ist? Ich fluchte kurz innerlich, aber versuchte mich dann zusammenzureißen. Meinen armen Ehemann (ich hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen) habe ich dann gleich stehen gelassen, denn diese Tempowechsel + gelegentliches mir nachsprinten war eine Woche nach Graz doch etwas zu viel verlangt. Als ich mich einmal umdrehte, rief er ziemlich laut (man könnte es auch schreien nennen
) "Lauf".
Also lief ich gegen die Uhr und kam mir wirklich vor wie Lola in "Lola rennt" (obwohl es objektiv da eh leicht schaffbar war, aber man weiß ja nie - querende Busse, Windhunde, Radfahrer die Kampflinie fahren…).
Ulrich schloss dann so ca. bei Km 40 wieder zu mir auf und Katrin sorgte ebenfalls noch für Geleitschutz
. Ulrich und ich waren zwar komplett ko, aber jetzt konnte nichts mehr schief gehen. Zuseher gab's eigentlich keine mehr, die Trommler hatten ihre 4 h auch schon abgearbeitet und die LCC Streckenposten freuten sich schon auf Dienstschluss
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Ulrich und ich schleppten uns also noch gemeinsam in 3:57 ins Ziel und es fühlte sich für mich an, als ob ich gerade unerwartet 3:30 gelaufen wäre
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Es war zwar ein spannendes Experiment, aber wiederholen müssen wir das trotzdem nicht mehr
. Zweimal ist für uns eher schon einmal zuviel
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