Einmal und nie wieder? Einmal ist keinmal!
Ich war dabei…
So beginnt Babylon 5 in der deutschen Version. Dort zwar nicht aber in Berlin beim erneuten Weltrekord – tja mehr als 2 h schneller als ich.
Aber alles der Reihe nach (wer will kann jetzt nach unten scrollen und das hier überspringen, den Rennbericht gibt es dort)
Ich bin einer, der sagte nie einen Marathon. Es soll ja mehr davon gegeben haben :-) Letztes Jahr im Herbst war das Posting von Dirk (du bist Schuld :-) ) ) mit dem Hinweis, dass die Verlosung für Berlin 2014 geöffnet sei. Zum damaligen Zeitpunkt konnte ich nicht laufen und als dann die Zusage kam, war noch das Ergebnis des MRT offen: würde ich überhaupt laufen dürfen?
Ich durfte. Aber mit Laufen war immer noch nix…erst kurz vor Weihnachten, nachdem ich Dank Beratung von Blutsch einen für mich sehr guten Schuh bekommen hatte, konnte ich anfangen zu laufen. Wesentlich dazu beigetragen hat auch Sandrina (Gang- und Lufanalyse) und meine Osteopathin. Gekonnt hab ich in weiterer Folge den Gedanken an Berlin und ein Training dafür vor mich hergeschoben und ignoriert. Georg´s Hinweis, es sei angebracht an einen Plan zu denken, habe ich es zu verdanken, dass Berlin (zwar noch 30 Wochen entfernt) doch etwas näher gerückt kam. Ich lief dann zumindest 4mal in der Woche – seeeehr kurze Strecken (zweite Märzwoche 5,6,5,4). Das Positive war, dass das linke Knie bzw dieses leidige Band besser wurde. Schmerzfrei war ein Wort, aber kein Gefühl für mich. Deshalb war für mich irgendwann klar, dass ich nicht diese berüchtigten 35-er machen würde können (oder wollen). Ich stieß bei meine Suche nach Plänen auf Marquardt und dachte mir, das schaut gut aus. Zeitgleich hat sich mein Nachbar, Freund und Laufkollege angeboten mich zu trainieren, denn er hatte auch einen Startplatz für Berlin und er hatte mich zu PB am HM in der Wachau gebracht. Seine Meinung zum gefundenen Plan, ja, mit wöchentlichen Adaptionen , mehr als 6h pro Woche bzw. 50 Wochenkm. Als Zusatzmotivation kam die Ambit 2S dazu und im April hatte ich meine erste Woche mit 42km. Die langen Läufe erwähn ich jetzt hier nicht –dazu noch später.
Trainingszusammenfassung (beginnend mit Mai laut Suunto):
Mai: 20 Einheiten in 21h 22 min und 193 km, 2 Läufe über 2h
Juni: 17 Einheiten in 22h 48min und 208 km, 3 Läufe über 2h
Juli: 21 Einheiten in 24h 5min und 233 km, 2-3 Läufe über 2h (HM mit Ein-und Auslaufen)
August: 14 Einheiten in 22h 40 min und 215 km, 4 Läufe über 2h
September: 14 Einheiten in 19h 29 min und 198 km, 2 Läufe (inkl. Marathon) über 2h
110 h 14 min und 1047 km, jeweils abzüglich des Marathons
Eh ned schlecht, aber…und ja die Länge der Läufe hat gefehlt. Jetzt weiß aber auch, dass ich sie laufen werde können. Im März/April nicht vorstellbar, da das beleidigte Knie immer noch aufmuckte. Ich hatte trotzdem ein sehr gutes Gefühl bei den langen Einheiten, aber mehr noch bei den schnellen im MRT-Tempo. Vorallem war diese jetzt wirklich schmerzfrei. Dank Black Roll (hab ich auch nach Marathon versucht) hab ich das im Griff.
Zu den letzten Tagen vorm Marathon:
Es war ein Wechselbad der Gefühle, mal auf mal ab, Panik, Euphorie, warum mach ich das eigentlich, hat Timo nicht doch Recht (ja, in gewisserweise ), und, und, und. Danke Gaelle habe ich diese Krisen überwinden können und als ich dann in Berlin war, wurde ich ruhig.
Doch einige Hürden bis zur Startnummer galt es zu bewältigen. Ich hatte kein pdf zum Ausdruck bekommen oder hab ich’s nicht gesehen? Auf jeden Fall machte das ausgedruckte Email beim Ordner wenig Eindruck, allerdings durfte ich aufgrund meines verzweifelten Blickes doch unbehelligt durch (wir haben Englisch diskutiert, bis mir dämmerte, dass das sicher ein Deutscher ist, was er auch war; die Diskussion wurde auf Deutsch fortgesetzt). Gut erste Hürde genommen. Dann kam der nächste Checkpoint, da kam ich irgendwie durch, allerdings wollte mir die nette Dame bei der Startnummernausgabe mit meinem „Wisch“ keine geben. Aber da sei draußen beim zweiten Checkpoint ein junger Mann, der drucke Ersatzstartbestätigungen. Ich wieder raus, ausdrucken lassen und komm wieder rein, genau zur gleichen älteren Dame. In der Zwischenzeit war mir eingefallen, dass mein Chip im Hostel alleine meiner ausharrte. Als ich dann stammelte, ich hab zwei Probleme, mein Chip und irgendwas von anderer Startblock, hat sie ihre Hand auf meine gelegt und gesagt: Junger Mann, wir bekommen das schon geregelt. Beruhigen sie sich, das wird schon. Sehen sie, der Chip ist ja angeführt mit ihren Daten (großer Stein vom Herzen gefallen). Dann sah sie mir in die Augen und sagte mit ernster Stimme: Junger Mann (schau ich echt so jung aus?), ist der Chip wirklich in Berlin und wird er am Sonntag mitlaufen können? Da konnte ich nur ja sagen. Sie drückte mir die Startnummer in die Hand, das tolle Band um den Arm, und sagte sofort als mein banges Gesicht ob des Startblockes H sah, dahinten sitze ein Mann, dort beim Tisch mit dem roten Tischtuch, ich nickte, obwohl ich ihn nicht sah, der stelle mir nach Vorlage einer Urkunde oder Ähnlichem einen anderen Startblock aus. Und das machte er, von H auf G – eine nicht unwesentliche Verbesserung.
Dass Berlin eine wunderschöne Stadt ist, dass ich hier sehr gut gegessen habe, dass ich einen Berliner (Bekanntschaft vom Kreta-Urlaub) als Chaffeur bei einer Stadtrundfahrt hatte, dass ich Scott Jurek getroffen und mit ihm kurz gesprochen habe, dass ich Dirk und seine Frau kennen gelernt habe und dass ich wieder diese Distanz laufen will, erwähn ich hier nur kurz.
<<<<< hier beginnt der Bericht >>>>>>>
Zum Renntag:
Schlecht geschlafen, trotzdem ausgeruht, angespannt, doch nicht nervös, machte ich mich nach einem guten Frühstück auf den Weg zum Start. Das klingt jetzt einfach, dauerte aber bis ich im Block G war über eine Stunde.
Dort traf ich 3 Linzer, die so etwa um die 4 Stunden laufen wollten. Da dachte ich noch, die bleiben sicher hinter mir.
Startschuss der Elite und der Blöcke A-F pünktlich um 8:45, erkennbar am Aufsteigen der gelben Ballons. Langsames Vorgehen zur Startlinie, ich linksseitig positioniert, da war wirklich weniger los – danke, Carola, für den Tipp! Startschuss, ab die Post!
Ich fand sofort die 5:30, die ich bis km 15 halten wollte. Das ist insofern interessant, da ich das zuletzt nicht schaffte. Zur Strecke: wenn ich nicht gewusst hätte, dass Berlin die Hauptstadt von Deutschland ist, hätte ich auf Dänemark getippt. So viele Dänen (3200!) und mindestens so viele Fans. Entgegen meinen Befürchtungen hatte ich genug Platz zum Laufen in meinem Tempo; selten lief ich wo auf, wenn dann wars eine kurze Erholungspause.
Es lief für mich sehr gut, ich genoss das Jubeln der Menge, klatschte ab, wo es ging und hatte vom Grinsen schon Schmerzen im Gesicht. Bei jeder Labe nahm ich mir Zeit im Gehen zu trinken, ab km 10 schüttete ich einen über den Kopf und einen in mich hinein – mir war es zu heiß!
Alle zwei km drückte ich auf meine Uhr und kontrollierte das Tempo (hohe 10 bzw. niedrige 11 min), es passte hervorragend. Das GPS war leider sehr bald weit daneben. Am Ende hatte 43.9km!!
Kurz vor km 15 nahm ich die erste Hälfte meines Gels, um hinterher mit Wasser nachzuspülen. Immer noch zum Teil tolle Stimmung, dann wieder ein bisschen ruhiger. Je länger der Marathon andauerte, umso öfter kamen Zurufe „Weiter, Peter! Bravo, Peter! Go, Peter!“ Und ich? Grinste natürlich.
Der interessante Teil begann ab km 29/30. Mein Vorhaben ab 15 zu beschleunigen hab ich intuitiv unterlassen. Nach wie vor lief ich konstant und war fast ein bisschen verwundert, damit wars dann vorbei kurz vorm Kudamm. Bei km 25 zweite Hälfte des Gels, an die anderen kann ich mich nicht mehr so erinnern, außer dass ich sie artgerecht verwendet habe.
Auf jeden Fall wurden die Beine schwer, und schwerer. Ein routinierter Läufer hätte wahrscheinlich hier oder vorher das Tempo ein bisschen rausgenommen.
Exkurs: Ein Franzose, der ebenfalls im gleichen Hostel wohnte, erzählte mir, er sei 3:01 gelaufen, aber ab km 25 habe er bei jedem km Gehpausen gemacht.
Mir wurde das Tempo rausgenommen, als zuerst die Wadln zu krampfen begannen, wobei ich immer nochlaufen konnte. Irgendwann war ich auch bei den zahlreichen Walkern unterwegs, dann wieder laufend, gehend. Das sollte sich bis zum Ende fortsetzen. Als dann der Oberschenkel links zumachte (jetzt weiß ich von was ihr immer geredet habt ;-) ), wurden die Gehpausen häufiger. Bis km 35 war ich mir noch sicher unter 4h bleiben zu können…aber.
Es zoooooooog sich die Strecke, jeder km wurde zur Qual; die Vorstellung eh „nur“ mehr zwei km, wie ein Passant meinte….am liebsten wär ich ihm an die Gurgel gsprungen –mir fehlte die Kraft dazu.
Es kam wie es kommen musste, der Pacemaker 4:00 überholte mich, ich hängte mich dran, er hängte mich ab.
Ich ging bei km 40 mit einem der zahlreichen Dänen, der Bauchweh hatte, das Mitleid in den Zuschauern nahm ich nur wage wahr.
Der Anblick des Brandenburger Tores brachte dann noch mal neuen Schwung, ich lief links abklatschend (hab ich schon erwähnte, dass ich immer grinste? Ich hab auch in jede Kamera, die ich gesehen habe, gelächelt, bis zum Schluss) durchs Tor und sah weiiiiit dahinten das Ziel. Oida, warum kann das nicht beim Tor sein?
Egal. Ich kam durch, wusste, dass ich es geschafft habe und hatte Tränen in den Augen. Nie mehr Marathon, wie konnte ich nur so dumm sein! Wer nimmt freiwillig diese Schmerzen auf sich?
Ich werde es wieder tun :-)))
Für die Statistik:
5km 27:33
10km 27:19
15km 27:54
20km 27:40
25km 27:16
30km 27:39
35km 29:13
40km 33:32
die letzten km 15:07
Vielleicht war die „Temposchärfung“ zwischen 20 und 25 ned gscheit.
He, der Schmerz geht schon, tschüss, großer Stolz bleibt!!!
Ein gebührenden Dank an meine beiden Coaches!
Und meiner Familie für die Zeit, die ich zum Trainieren
bekommen hab und die Geduld!