Sub3 V.2 *light*
Ein Marathon steht Anfang des Jahres gar nicht auf meinem Plan, die PB von 2:54 scheint außer Reichweite und die Kosten für die Anmeldung beim VCM laden auch nicht ein einen Marathon zu laufen.
Beim sinnlosen Herumsurfen im sozialen zuckerbergschen Netzwerk scheint ein Gewinnspiel von einem Hauptsponsor auf der Timeline auf, es werden 5 Tickets für den VCM vergeben. Ohne mir darauf Hoffnung zu machen folge ich der gestellten Aufgabe und schreibe einen Zweizeiler mit meiner Begründung warum ich beim VCM laufen will und wie ich mich drauf vorbereiten würde.
Zu meiner Überraschung erhalte ich nach einer Woche ein E-Mail dass ich einen Startplatz gewonnen habe, also nur noch Entscheiden ob Halbmarathon oder Marathon. Warum ich mich in geistiger Umnachtung für den Marathon entschieden habe kann ich bis heute nicht sagen.
Auf jeden Fall laufe ich nun doch den VCM, davor gilt es aber noch den Halbmarathon in Rom zu bestreiten. Dort erreiche ich zwar mein (zu hoch) gestecktes Ziel nicht, bin aber mit der Zeit für die Strecke und die Vorbereitung trotzdem durchwegs zufrieden.
Dann kann das Training für den VCM ja losgehen. Doch falsch gedacht. Beim Rückflug aus Rom verschlägt mein rechtes Ohr und geht nicht mehr auf. Eine Woche später diagnostiziert mein HNO eine eitrige Nebenhöhlenentzündung, Polypen in der Nase und eine gekrümmte Nasenscheidewand. Na super. Antibiotika und mal eine Woche Zwangspause. Kaum komm ich wieder ins Training, zieht mir mein Zahnarzt beim obligatorischen Besuch gleich einen Weisheitszahn, wieder Antibiotika, diesmal kann ich aber wenigstens locker laufen gehen.
So kommen dann doch einige Laufkilometer zusammen, der extralange Lauf mit Christoph und Jean-Marie rund um Lainz und weiter nach Heiligenstadt geht überraschend gut und lässt bei mir doch noch Hoffnung aufkommen den VCM mit Würde zu finishen.
Am Tag vor dem Marathon stehe ich den ganzen Tag auf der Marathonmesse und versuche eins unserer Produkte unter die Leute zu bringen. Praktisch, da ich da auch gleich die Startnummern abholen kann. Unpraktisch, da ich da den ganzen Tag herumsteh was bekanntlich vor einem Marathon nicht unbedingt die beste Vorbereitung ist.
Der Morgen des Marathons wie immer unspektakulär, nach Hunde-Runde, Frühstück und Kaffee mache ich mich auf den Weg und komme um 7:50 bei den Stiegen des Donauzentrums an um dort auf die Forumsgesellschaft zu treffen. Kurze Plaudereien und das obligate Gruppenfoto auf der Stiege und dann geht’s auch schon Richtung Gewandsackabgabe und Startblock.
Mein Vorhaben war eigentlich ganz klar. Im 4:14er Schnitt anlaufen, ja nicht zu schnell und im Laufe des Rennens schauen was geht. Oliver will schneller starten und meditiert am Straßenrand mit seinem Gewandsackerl, also mache ich mich auf den Weg um vielleicht noch Peter zu treffen, mit dem ich eigentlich gemeinsam starten wollte, dann aber keinen fixen Treffpunkt für den Start ausgemacht hab. Beim Reingehen in den vordersten Startblock wartet Peter dann doch und wir stellen uns soweit es geht nach vorne.
Startschuss, anscheinend stehen wir heuer weit genug vorne, wir können fast vom Start weg unser Tempo laufen. Peter zieht noch etwas an und ich merke schon dass das ziemlich flott ist. So versuchen wir zu bremsen, doch auch km 2, 3, 4 und 5 werden nicht langsamer, alles um den 4:05er Schnitt herum. Bei KM5 in 20:15 durch, so hab ich mir das eigentlich nicht vorgestellt, viel zu schnell gestartet. Bis KM 10 pendeln wir uns ein wenig ein und laufen die nächsten 5km genau im 4:15er Schnitt. Bei KM 8 stehen Elisabeth und Kurt, fotografieren und feuern an, kurzes Winken und Grinsen fürs Foto und weiter.
Bei KM10 steht plötzlich Christoph, der eigentlich Halbmarathon laufen wollte, anscheinend aber abgebrochen hat und uns nun begleitet. So geht’s also zu dritt über den Ring auf die Wienzeile.
Die Stimmung an der Strecke ist schon die ganze Zeit wirklich gut und das Wetter ist heute einfach perfekt zum Laufen. Auch sonst geht’s mir prächtig, einzig ein kleines Problem hab ich, ich muss zum ersten Mal in meinem Leben in einem Rennen pinkeln und das seit KM1, stehen bleiben mag ich aber auch nicht, denn dann verliere ich Peter und Christoph, also ignorieren und weiterlaufen.
Die Wienzeile läuft sich gut, auch hier an den neuralgischen Punkten wie U-Bahn Stationen usw. ist in Punkto Zuschauer einiges los. Bei KM 15 kurz vor der Labestation mein erstes Gel und schon bald kommen wir in den Übergabebereich der Staffeln, meine Schwägerin steht am Ende des Übergabebereichs und ich schicke sie auf ihre Teilstrecke.
Es läuft noch immer super, ich bin überrascht wie locker das Tempo zu laufen geht, Peter zieht in der Mariahilferstraße das Tempo auf einen 4er Schnitt an, teilweise auch klar darunter, zum Glück bremst ihn Christoph wieder ein wenig und so geht’s vorbei an Richy und Sabine die mich mit einem „Tobi, zah ohn“ Richtung Ring bzw. Halbmarathon schicken. Den Halbmarathon absolvieren wir in 1:27, danach lasse ich Peter ziehen, mir wird das Tempo einen Tick zu schnell und nachdem Christoph sich auch verabschiedet laufe ich ab jetzt alleine.
Mein Vater wartet kurz vor dem Burgtheater auf mich, er läuft die dritte Staffel unserer Familienstaffel und zeigt mir wo meine Familie steht. Ich klatsche ab und freue mich über die Unterstützung von meiner Tocher, Mutter, Tante, Onkel, Cousine, Nichten… so ein Marathon zu Hause kann halt schon was.
Langsam müsste ich aber trotzdem irgendwann ins Gebüsch. Jetzt läuft es aber grad so locker und gut, also weiter in dem Tempo. Ich laufe weiterhin um den 4er Schnitt herum, derzeit noch auf Kurs einer neuen Bestzeit, doch mir ist schon jetzt klar dass ich das Tempo nicht ins Ziel bringen werde. Es geht durch den Neunten, das Tempo hoch, zwischendurch noch ein Gel. Bei KM26 geht’s dann nicht mehr, nein, nicht das Tempo, ich muss nur endlich Pinkeln gehen. Also ab an den Rand zum Gebüsch.
Dort habe ich während dem Wasserlassen die dubioseste Art sich seinem Bedürfnis zu entledigen beobachtet, ein Teilnehmer pinkelt doch wirklich während dem Laufen, er versucht mit einem Übersteiger-Schritt wie im Lauf ABC so wenig wie möglich Zeit zu verlieren. Er hat sich zwar komplett angeschifft dabei, das dürfte ihn aber nicht gestört haben.
Ich verrichte mein Geschäft standardgemäß im Stehen und verliere dadurch eine halbe Minute, ist bei meinem bisherigen Tempo aber kein Problem. Es ist mir überraschender Weise überhaupt wurscht wie schnell ich bin oder wie ich in der Zeit liege, nachdem ich ja kein wirkliches Ziel habe gibt’s auch keine wirkliche Zeitvorgabe zum Einhalten. Ich kann auch ohne Probleme wieder anlaufen, ich nehm noch ein Gel und so geht’s weiter über die Praterstraße in den Prater.
Bis zur Schleife zum Stadion verläuft es im Prater unspektakulär. Es geht im 4:10er Schnitt dahin, nicht mehr so locker aber doch noch im lockeren Schritt. Bei KM30 wartet mein Bruder, der die Schlussstaffel läuft und teilt mir mit dass die Schleife heuer viel länger ist, ich bin froh über die Information, dies teile ich meinem Bruder mit einem grantigen „Na sehr super“ mit. Die Schleife zieht sich, endlich die 180° Wende, nochmal an meinem fotografierenden Bruder vorbei, auf der anderen Seite sehe ich Oliver und rufe ihm „gib Gas“ zu. Wenn er etwas weiter hinten gestartet ist kann sich die sub3 für ihn ausgehen. Und für mich? Die Beine nicht mehr locker, jetzt wird’s schon härter zu laufen. An der Ecke zur Hauptallee feuern Kathrin und Georg an.
Die Hauptallee Richtung Lusthaus läufts noch halbwegs, ich nehme bei KM32 ein Gel und versuche auf einen ordentlichen Laufstil zu achten. Endlich rund ums Lusthaus, jetzt geht’s Richtung Ziel. Es wird langsam richtig zach und ich beschließe bis KM35 bei der Labe mit Gel noch auf Tempo zu laufen so gut es geht und dann rauszunehmen und den Marathon zu Ende zu joggen. Wirklich quälen mag ich mich heute eigentlich nicht.
Ab KM35 schaue ich dann auch nicht mehr auf die Splits die ich abdrücke, ich renn einfach des Laufens wegen. Natürlich tut es weh, aber es macht trotzdem noch Spaß. Noch einmal bei Georg und Kathrin vorbei, beim Rauslaufen aus dem Prater noch meinen Vater gesehen, er hat seinen Teil mittlerweile schon erledigt und ist am Weg zum Heldenplatz, dort will ich auch hin. Ich will ins Ziel.
Auf der Schüttelstraße das erste Mal wirklich erwähnenswerter Wind, ich reihe mich hinter einem 1,90m großen Läufer ein und nutze den Windschatten. Es wird mir bald zu langsam und ich stelle mich dem Wind. Überraschend schnell komme ich zur Steigung rauf zur Brücke. Das tut wie immer weh, aber jetzt kommt schon bald KM40, und wie jedes Mal beim VCM freue ich mich aufs Cola bei der Labe dort.
Kurz davor feuern noch Ulrich und Heidi lautstark an, ich kann sie zwar nicht mehr verstehen, es bringt mich aber wieder dazu ein wenig Gas zu geben. Irgendwo dort hab ich auch einen unbeabsichtigten Blick auf die Würfeluhr geworfen, es ist 10 vor zwölf, d.h ein 5er Schnitt reicht um unter 3 Stunden ins Ziel zu kommen. Jetzt heißt also dann doch nochmal zamreissen. Ich renn wieder im 4:30-40er Schnitt, noch einmal bei über den Ring, bei meiner Familie vorbei, wieder Kurt und Elisabeth, und dann biege ich auch schon auf die Zielgerade am Heldenplatz.
Letztes Beschleunigen am blauen Teppich und über die Matte, 2:59:16, unter 3 Stunden, ohne wirkliche Probleme, ohne Einbruch und ohne Gehpausen. Natürlich mit einer klar langsameren zweiten Hälfte, geplantes Reduzieren des Tempos ist eben weit angenehmer als Gezwungenes. Ohne Druck zu laufen macht die Sache ein wenig einfacher und wehgetan hat es diesmal auch nicht wirklich. Das wird’s dann aber eh sicher mal wieder, wenn es darum geht PB zu laufen...