Jammern auf hohem Niveau ?Bei meiner recht unsicheren Verfassung war ich mir immer noch nicht sicher, was gehen könne. Meine Vermutung war „bisschen schneller als bei der Staatsmeisterschaft“ (vor zwei Wochen), also legte ich mich auf eine 1:24er Zeit fest. Wobei: „festlegen“ ist eigentlich übertrieben, es war genug Luft nach oben und unten, für tagesverfassungsbedingte Anpassungen. Zu hohe Erwartungen wollte ich vermeiden, ich habe schon eine ordentliche Historie an verhauten Wachau-Läufen, denen wollte ich nicht unbedingt einen weiteren hinzufügen.
Im Training diese Woche fühlte ich mich recht stark und auch am Vortag war das Gefühl gut. Sonntag früh noch immer, also wollte ich mich, wenn die Beine laufen wollten, nicht unnötig bremsen.
Beim Aufwärmen blieb das Gefühl gut, lediglich einmal Kloschlangestehen in Rekordlänge war lästig, aber in den Startblock kam man heute besonders stressfrei und auch der Start selbst ging völlig rempelfrei ab. Nur eines, leider … Die Speicher waren nicht so recht gefüllt, wie mir schien. Statt Pastaparty gab’s am Samstag gepflegtes Speisen mit Schwiegereltern. Und was soll ich sagen? Wettkampfvorbereitungstechnisch hat sich bei mir Pastapartygatsch (bis knapp vor die Übelkeit) immer noch am besten bewährt. Das Frühstück stellte sich zwei Stunden später auch als ein wenig zu klein heraus doch am Start war es zu spät, da irgendwas zu machen. Aber ich verließ mich darauf, was in der Ausschreibung gestanden war: „Gel … punktuell auch beim Halbmarathon“. Punktuell würde mir schon reichen, also kein Problem, und ich muss kein „Zeug“ mit mir „rumschleppen“!
Das Gefühl war auch nach dem Start gut, und Splits im Bereich von 3:55 min / km fühlten sich genau so an, wie ein Halbmarathon sein sollte. Ich fand auch – nach ein paar schnelleren Schritten – eine passende Gruppe, die sogar bis km 9 beisammen blieb, danach löste sie sich leider auf. Langsam meldete sich bei mir Energiebedarf und ich hielt nach den Gels Ausschau. Aber – nichts! Nicht dort, wo sie voriges Jahr waren, bei km 12. Auch nicht bei der nächsten Labestation, wo zwar ein Schild, auf dem Gels aufgezeichnet waren, aber nur Wasserbecher standen. Anscheinend wurden sie erst später hergeräumt. Ach davor nicht und danach nicht. Mist!
Zwischendurch wurde ich auf der Schleife bei Dürnstein angekündigt: „Hier kommt die sechstplazierte Frau, Startnummer 6730, Ergül-Ginthör Bilal!“ Wer, bitte??? Da hatte der Moderator einen Zahlendreher gehabt: Ich war 6370. (Bilal Ergül-Ginthör war aber ein Mann und erreichte 1:29:04.) Immerhin: Sechsplazierte in der Wachau kann was – allerdings muss man dabei beachten, dass Tags davor die Straßenlauf Staatsmeisterschaft stattgefunden hatte …
Also auch wenn ich eine gute Zeit schon schwinden sah, den Platz wollte ich doch nach Möglichkeit halten und nach Krems musste ich sowieso. Ziemlich energielos und jetzt ohne Gruppe im Gegenwind war es schon mühsam, und die Splits kletterten auf 4:04 bis 4:09. Uiuiui … ich zählte die Kilometer bis zur Kremser Stadtgrenze, dort hoffte ich, dass zumindest der Wind schwächer sein würde. Ich erreichte die Stadt und die letzten drei Kilometer gingen wirklich wieder etwas schneller – 4:02, 3.59, 3:50. Juhu, im Ziel, und dann aber wirklich Flasche leer.
Entgegen meinen Zwischenrechnungen (die irgendwas im Bereich 1:26 bis 1:28 vorhergesagt hatten) kam ich dann sogar noch auf 1:24:23.
Und meine leeren Speicher füllte ich schnell an den Topfenkuchen.
Eh nicht schlecht, das waren ja genau meine Erwartungen. Und angesichts der Tatsache, das ich erst wieder seit zehn Wochen laufe sowieso sensationell.
Aber wenn (endlich!!) eine Halbmarathon-PB, sogar eine deutliche, im 1:22er-Bereich greifbar ist, ist es halt schon etwas bitter. Besser aber, es ist ein so „klar abgrenzbares“ „Problem“ (und ja, ich weiß, das ist schon eher Jammern auf hohem Niveau), als es läuft nicht und man weiß nicht warum.
Fazit also: Ganz gut, hat mir gefallen, war ein netter Lauf, aber ein bisschen darf ich hoffentlich doch über die verpatzte Chance jammern, oder?