Berge sind auch nur große HügelWir waren bis vor ein paar Wochen relativ planlos, was wir so als Sommerurlaub machen wollen. Als sich Schladming als Ziel herauskristallisiert hat, kam Katrin aus heiterem Himmel mit dem Vorschlag: „Wir könnten beim Erzberglauf mitmachen, der ist am Samstag und das liegt doch am Weg!?“. Ich war zwar etwas überrascht, aber bin grundsätzlich eh für jeden Lauf zu haben und somit war der Startpunkt in den Urlaub geklärt. Nach kurzer Recherche war dann auch mir klar, rund 750 Höhenmeter auf 12,5 km verteilt, also ein recht flacher Berglauf und somit klang das ganze schaffbar. Der Referenzwert ist da bei mir die Runde um den Lainzer Tiergarten, Erzberg ist halt wie Lainz nur ohne bergab.
In der Woche davor kamen bei Katrin leichte Zweifel auf, ob das eine gute Idee ist. Ich war zwar recht überzeugt, dass das für uns beide schaffbar ist, nur relativ planlos, was für eine Zeit oder Tempo man bei sowas in etwa erreichen kann oder zumindest will. Ich hab daher einfach die Resultate der Forumsteilnehmer vom vorigen Jahr angesehen und bin zur Umrechnung Erzbergzeit = HM PB x 0,75 bis 0,81 gekommen. Das wäre dann 1:11 bis 1:16 für mich gewesen. Da es der erste Berglauf war und ich das ganze eher vorsichtig angehen wollte, war das Ziel 1:15 mit der leisen Hoffnung mich vllt näher bei 1:10 als bei 1:15 am Ende zu finden. Katrin will in erster Linie durchkommen, liebäugelt aber gleichzeitig doch ein wenig mit unter 1:40, wobei auch die 1:35 als überdrüber Idealfall gefallen sind.
Anreise am Freitag: Regen und Nebel in Eisenerz. Auch das Quartier fügt sich ins Gesamtbild, alles ein wenig trostlos. Samstag in der Früh, immer noch trüb und trostlos, aber weitgehend trocken. Das Frühstück passt zur Stimmung in Eisenerz, ein wenig lieblos, aber wir waren satt und eigentlich viel zu früh bereit. Somit standen wir, obwohl erst um 10:30 Start war, schon um 9:00 am Fuß des Erzbergs und hatten eigentlich gar nix mehr zu tun, außer ein bisschen Fotos machen und darüber nachzudenken, ob man diesen gewaltigen Schotterhaufen wirklich rauf laufen will und wenn ja, warum eigentlich. 20 Minuten vorm Start war Katrin leicht besorgt, weil ihr Puls viel zu hoch war, ich meinte da nur cool: „Bist halt aufgeregt, endlich ist mal der meinige niedriger, sonst ist es eh immer umgekehrt.“ Seltsamer Weise hatte Katrin am Klo gar keinen Puls mehr und auch der meinige blieb stehen, weil sie am Klo war, bis wir bemerkten, dass wir die Forerunner vertauscht haben und so schafften wir es doch noch fast Stress beim Start zu bekommen. Hier trennten sich unsere Wege: Ich habe mich fünf Minuten vor dem Start noch schnell halbwegs nach vorne geschummelt, Katrin hat Heidis Rat befolgt und ist ganz hinten gestartet.
Georg:
Zum Lauf selber gibt es eigentlich relativ wenig zu berichten. Ich wusste recht gut was mir bevorsteht, zwei eher kurze Anstiege zu je 150 bis 200 Höhenmeter unterbrochen durch längere Flachstücke dazwischen und danach und dann nochmal die letzten gut 4 km mit nochmals fast 400 Höhenmetern mit dem steilsten Stück ganz zu Schluss. Den ersten und zweiten Anstieg bin ich relativ verhalten angegangen (objektiv gesehen, gefühlt war es durchaus anstrengend) und auch tendenziell mehr überholt worden als ich überholt habe. Anhand der Zwischenzeiten und der Tendenz überholt zu werden war ich vorsichtig pessimistisch, aber da a) der Bus oben abfährt und ich b) das schnelle Forumsleiberl anhatte, gab es eh keine Handlungsoptionen außer weiterlaufen. Im zweiten langen Flachstück habe ich dann erstmals zum Überholen angefangen. HM-Tempo war für mich das einzig plausible (kürzere Distanz aber ein bisschen „schonen“ für den Schlußanstieg), außerdem musste ich ja noch einen TDL unterbringen (
). Beim Übergang in den langen Anstieg zum Schluss (nicht das ganz steile Schlussstück, sondern bei der Hälfte nach Höhenmetern) hab ich mich an einen jungen Mann angehängt, der seinerseits am überholen war, recht frisch ausgesehen hat und ein gutes Tempo gelaufen ist. Ich dachte, dann muss ich wenigstens nimmer mitdenken bis ich früher oder später sowieso abreißen lassen muss. So bin ich 3 km brav hinterher getrottet und hab der Versuchung widerstanden zu überholen und wenn es hart wurde bin ich einfach stur hinterher. Ca. 1 km vorm Ende die Gewissheit, dass unter 1:15 fix sind und ich dachte, es ist an der Zeit das was noch übrig ist zu verpulvern und ich bin vorbei an meinem Privattempomacher wider Willen. Da hab ich erst richtig bemerkt, was noch geht und hab doch noch einige eingesammelt. Insbesondere am letzten Steilstück in Hörweite zum Ziel habe ich sowas ähnliches wie einen Schlusssprint gemacht, was fast in die Hose gegangen wäre, da das Steilstück dann doch noch ein paar Meter länger war als gedacht. Aber nachdem ich schon namentlich angekündigt war, konnte ich auch nicht mehr zum Spazierengehen anfangen und so hab ich auch noch die letzten paar Meter geschafft und bin bei 1:09 irgendwas brutto durchs Ziel. Auf Stop drücken war auch diesmal nicht mehr möglich und somit war die Nettozeit mal wieder eine Überraschung. Die Unfähigkeit die Zielzeit zu stoppen und das Bedürfnis sich, wenn auch nur ganz kurz, ganz dringend hinzusetzen oder legen ist in den letzten Monaten schon sowas wie ein Ritual geworden bei mir. Diesmal war die gemessene Zeit dann aber wenigstens eine positive Überraschung, denn mit unter 1:09 hätte ich nie im Leben gerechnet. Im Ziel war es dann sehr schnell sehr frisch, ich hab mir meinen Kleiderbeutel geholt und mich 50 Meter vorm Ziel mit dem Fotoapparat auf die Lauer gelegt und gewartet auf…
Katrin:
Gemäß Heidis Vorschlag bei der letzten RuLTG, hab ich mich im Starterfeld ziemlich weit hinten in einem buntgemischten Feld aus Walkern und Läufern eingereiht. Ich war sehr entspannt und hatte – nachdem endlich der richtige Forerunner umgeschnallt war - ausnahmsweise keinen Puls von 130 schon vor dem Start. Dann ging‘s los und ich bin stur nach Puls gelaufen. 180, nicht mehr und nicht weniger, das sollte eine Belastung sein, die ich bis zum Schluss durchhalten kann. Und es klappte wunderbar. Auf den ersten Kilometern hab ich gefühlsmäßig nur Leute überholt, ab KM 4 fingen dann schon die ersten Läufer in meiner Gegend an zu gehen und ich hab noch immer überholt. Mittlerweile auch schon junge Männer, die ich in meinem Selbstbild gar nicht überholen hätte können sollen.
Nachdem mir Georg schon Tage davor genau vorgerechnet hat, wann ich wo sein soll und welche Pace ich bis zu diesem und jenen Zeitpunkt laufen soll, damit ich unter 1:40 laufe, hab ich mich schon früh von dem Gedanken verabschiedet, dass sich unter 1:40 je ausgeht. Lt. den Paceangaben meines Forerunners musste ich froh sein, wenn ich unter 1:45 bleibe. Aber egal, es macht gerade unglaublich Spaß!
Der Anstieg nach der 2. Labestation war - wie erwartet - hart. Viele Läufer neben und vor mir gingen schon und ich war auch in Versuchung geführt dies ebenso zu tun, aber ich bin weitergelaufen. Puls war immer noch bei 180, also sollte das alles kein Problem sein, bis auf die Beine, die sich mittlerweile doch schon ein bisschen puddingmäßig anfühlen. Endlich das Schild – nur noch 400m. Ein Blick auf die Uhr … ich war noch unter 1:30. Ich kann mich zwar nicht mehr erinnern, was genau da stand, aber es waren auf alle Fälle 1:2x. In meinem Kopf hörte ich nur mehr ein erstauntes „Des geht si aus!!“ und auch die Ohren vernahmen schon bald darauf von den Lautsprechern: „Los, Katrin, die letzten Meter, dann ist es geschafft!“ … oder zumindest so ähnlich! Ja, und dann stand ich im Ziel mit 1:32:33 und konnt’s nicht glauben.
Absolut tolle Laufveranstaltung!!
Nachtrag:
Der Runtertransport hat dann überraschend doch halbwegs gut funktioniert und der Inhalt vom Finishersackerl plus die Pasta hat die ganze Sache positiv abgerundet. Eine Wiederholung könnte durchaus passieren!