Piestingtal, wir kommen!
Heute machen wir einen Ausflug aufs Land, leider ohne Picknickkorb, dafür aber mit Gel und Riegel im Gepäck und netten Menschen im Auto. Pinguin (Gabi), ihr Mann Gerhard und Freund Markus nehmen uns mit zum Laufausflug ins schöne Piestingtal. Kurz vor 9 Uhr erreichen wir Waldegg, den Zielort, von wo uns ein Shuttlebus zu den verschiedenen Startbereichen fährt. Ich gebe die kleine Nummer (5000m), Markus verdoppelt und startet beim 10er, Gabi, Gerhard und mein Mann Michael haben Größeres vor (HM). Ich verlasse den Bus in Reichental und mache meine erste „Steigerung“ hin zu einem Gasthaus, wo nicht nur die Startunterlagen, sondern auch heißer Tee warten, denn es hat gefühlte Minus-2-Grad. Ich habe Zwiebelschichten angelegt und denke nicht daran, nur eine davon abzuschälen. Wie immer in Landgasthäusern, kennen sich alle, nur ich kenne keinen. Also setze ich mich zum Tisch und starte Geplänkel mit der Mutter einer hochmotivierten Tochter, die sich ganz sicher ist, „dass sie es bei dem Lauf allen zeigen wird, die da so blöd geredet haben!“
Um 9.30 beginne ich mich brav einzulaufen und stelle fest, so kalt ist es auch wieder nicht. Ich habe zwar nur mehr zwei Schichten an, doch mein Kleidersack liegt bereits im Bus. Auch meinen Startpulli von der Sorte „so hin und hässlich, dass er beim Start liegen bleiben kann“, habe ich bei mir. Ich spaziere zum Kleiderbus-Aufsichtschef und erkläre ihm, dass ich den „Pulli da halt nur auf die anderen Sackerln lege, wenn er weg ist, ist es eh egal, das wäre ohnehin seine Bestimmung gewesen“. Der Aufsichtschef inspiziert das Stück, findet ihn zu schön und macht den Pulli zur Chefsache. Er begutachtet meine Startnummer und verspricht, dass ich ihn im Ziel sicher wieder bekomme.
Um 10 Uhr ist unkonventioneller Start am schmalen Radweg. Jeder steht irgendwo, die langsamen in jedem Fall vorne, manche schnelleren ziemlich hinten. Von meinen natürlichen Feinden, den Nordic Walkern, fehlt jede Spur.
Was mich nach dem Startpfiff erwartet ist ein wunderschöner Lauf neben der Piesting in einer herbstlich-bunten Landschaft im Sonnenschein. Diese Strecke ist auf Grund ihrer Schönheit nicht Bestzeittauglich! Ich überquere idyllische Holzbrückchen, ein paar Kühe grasen rechts des Weges, der sich entweder flach oder leicht bergab dahinzieht. Also wirklich alles easy…- bis sich vor mir aus dem Nichts eine schlimme Steigung auftut. „Nein, also gehen tu ich nicht“, sagt mein Stolz.“ Bist du irre, das ist ja viel zu steil zum Laufen“, sagt meine Vernunft. „Geh, das ist doch halb so wild“, sagt die Blödheit und ich entscheide mich für die Blödheit. Ich gebe die Dampflokomotive und quäle mich langsamen Trabschrittes hinauf, immer im Kopf „Oh lieber Gott, lass es da oben dann aber auch wirklich zu Ende sein und wieder bergab gehen“. Gott hat seinen guten Tag und als ich on top angekommen bin, geht es tatsächlich wieder steil bergab. Ich brauche ca. 150m bis auch meine Muskeln wissen, dass wir uns bereits wieder im normalen Laufmodus befinden.
Kurz vor dem Ziel haben die trickreichen Veranstalter eine „Schleife“ eingebaut. Innerlicher Jubel, denn der Zielbogen ist nah, ehe man merkt, dass es an diesem leider nur vorbeigeht und noch 400m zu laufen sind. Die Schleife zieht sich endlos, immer wenn ich glaube das letzte „Hütchen“ zu sehen, kommt noch eins. Für einen Zielsprint reicht es nicht mehr. In Sachen „Zeit“ habe ich keine Idee, denn ich laufe seit heuer mit der Methode „PFADU“ nach J.M. Welbes. Die „Pfeif auf die Uhr-Methode“ macht mich lockerer, bereits fünf Mal probiert, kein Vergleich! Nach meinem Zieleinlauf treffe ich nochmals auf die „Mutter“, wir tauschen uns aus, während ihr Töchterlein so richtig ins Gras kotzt und schwört: „Ich lauf' nie wieder!“
Nach Dusche und Trödeln warte ich auf die anderen. Michael kommt mit 1:41:34 ins Ziel, ich platze vor Freude, er hat die neue PB mehr als verdient, dann kommt Gerhard, der trotz Knieproblem nur knapp dahinter einläuft. Gabi, sie ist sieben Minuten schneller als geplant, kommt locker und fröhlich ins Ziel.
Übrigens: Mein Pulli ist nicht ins Nirwana eingegangen, denn als mich der Kleiderbus-Aufsichtschef im Ziel erblickte, wedelte er bereits mit meinem Kleidersack samt Pulli obenauf!