Ein paar facts und Gedanken zum Transalpinlauf:Am ersten Tag nach der unproblematischen Akkreditierung, erhalten wir eine riesige Salomon-Tasche mit aufvulkanisierter Startnummer. Dorthinein packen wir unsere Sachen um. Fast 600 Taschen müssen jeden Tag von Ort zu Ort transportiert werden. Meistens werde sie sogar ins Hotel gebracht und auch in der Früh dort abgeholt. Damit dies auch wirklich funktioniert muss sich jeder genauestens an die Abholzeiten halten. So müssen wir die Taschen meist zwischen 5:30 und 6:00 in der Hotelhalle abstellen und kurz danach wurden sie auch schon abgeholt. Das hat ganz gut funktioniert, war aber zum Schluss recht stressig immer wieder die Tasche so früh zu packen.
Nach dem Aufbruch zum Startbereich hieß es oft recht lange warten. Weil es wurden jeden Tag Sicherheitchecks bei jedem einzelnen Team gemacht. Notfallausrüstung, Notfallkleidung, Handy für Notfälle, trailbook usw. musste jedes Team dabei haben. Bei Nichteinhalten riskierte man Disqualifikation oder Zeitstrafe. Notweniges Übel, denn ganz ungefährlich waren die Etappen nicht.
Beim Start( meist um 7 Uhr) fing es immer an mit den Glocken von "highway to hell" . Anfangs noch belächelt, später der "tieferen" Bedeutung bewusst. Am letzten Tag sind wir nur mehr den "highway FROM hell" gelaufen
. Danach immer das offizielle Transalpinlied. Rockmusik und laufen - hat immer gut gepasst.
Ab dem zweitem Tag gab es im Startbereich immer eine Schlange an Läufern vor einem bestimmten Zelt. Bei den Sanitätern. Hier war reger Betrieb. Es wurde getapt, geschmiert und was weiß ich nicht alles. Gsd. müssen wir erst an den letzten Tagen hin, aber unsere Wehwehchen sind lächerlich im Vergleich zu dem was man dort alles an Verletzungen sehen konnte. Viele haben ihr letztes gegeben um durchzukommen. Trotzdem hat es nicht immer gereicht. 37 % der Läufer haben es nicht ins Ziel geschafft....
Jeden Tag Siegerehrung in allen Klassen, 1 x lustig , dann mühsam ( außer für die Geehrten vielleicht). Alles 3 sprachig: Deutsch, englisch, dann noch mal vom Übersetzter Carlos auf Spanisch übersetzt. Ist ganz lustig das erste Mal, das 2te Mal nervt´s schon gewaltig, weil´s sich ewig dahinzieht. Außerdem ist man ab dem 2ten Mal vom laufen müde und will nur mehr ins Bett
. Allerdings ist die 3-sprachigkeit eine Notwenigkeit. Schließlich ist es ein extrem internationales Starterfeld. Ca. 50 spanische Starter. Die fallen auf, machen viel Stimmung. Party scheint bei ihnen angesagt zu sein, allerdings werden sie im Laufe der Woche viel ruhiger
Sehr viele Amerikaner, wobei ein Team darauf besteht dass sie aus Alaska-ianer sind ( wegen Palin ?) Ein paarmal treffen wir ein Ehepaar aus Vermont, die schauen nicht sehr sportlich aus. Irgendwann kommen wir dann drauf dass sie den Transalpin schon 3 mal absolviert haben, und die Ehefrau nächstes Jahr den Race across America im Alleingang machen will. So kann man sich irren
Die Etappenorte stellen sich immer vor. Bürgermeister und Tourismusdirektoren dürfen reden *gähn*, das dann auch noch 2-3-sprachig. Aber man weiß wieso man trotzdem sitzenbleibt: Nach der Siegerehrung, Reden und ab und zu noch Folklore ( Schuhplattler etc...) kommen die Fotos des Tages und das Video of the day. Geniale Bilder die da von den 5 Fotografen gemacht werden. Das alles wird immer mit lauter fetziger Musik präsentiert . Trailrunning (nicht Berglauf) ist mittlerweile ein Medienereignis. Die Macht des Bildes wird ausgenutzt. Auch die Videos sind super gemacht, alles sehr aufwendig. Jeden Tag starten Hubschrauber um atemberaubende Aufnahmen aus der Luft zu machen. Super Sache. Bis an dem Tag , an dem uns ein Heli auf 2500 Meter Seehöhe verfolgt. Es ist uns als ob wir von einem Riesenfön mit 4 Grad kalter Luft gefriergetrocknet werden. Wer in den Film will muss leiden....
Jeden Tag gibt es auch ein Briefing, dort wird die nächste Etappe genauestens vorgestellt. Anhand von Karten, und GPS-ermittelter Strecke in einem Google-earth-Video. Auf Gefahren und Schlüsselstellen wird aufmerksam gemacht. Einer der interessantesten Punkte ist die Wettervorschau. Weil wir die Kleidung für den nächsten Tag dementsprechend auswählen.
An einem Abend kommen wir in den Genuss eins live-Rock-Konzertes. Der Sänger, der das extra für den Transalpin geschrieben Lied vorsingt ist der einzige im Saal der nicht sportlich ausschaut
. Der Saal steht Kopf. Super Stimme der Typ, auch wenn es ihm nur gelingt indem er die Stimme in regelmäßigen Abständen mit Bier lockert. Am Morgen nach diesem Briefing steht der Sänger noch mal am Start und gibt sein Können noch mal preis. Wir lachen , weil 6:30 in der Früh ist nicht wirklich die Zeit für Rockmusiker. Aber vielleicht doch, weil er sicher noch nicht schlafen war. Seien Ruhephase (= heller Tag) kommt ja eben erst.
Abends auch immer Verpflegung, sprich Pastaparty. Immer vom lokalen Tourismusbüro organisiert. Somit jeder Abend sehr verschieden von Qualität und Ausprägung. Bis auf eine Ausnahme war das Essen immer hervorragend.
2 x haben wir die Abendveranstaltung nicht mitgemacht weil unser Hotel zu weit weg war. Es gab zwar immer ein Shuttleservice. Aber 1x waren wir zu müde, und das zweite Mal wollten wir eigentlich mal unsere Ruhe haben. Vor allem vor dem lästigen Moderator, der die ganze Veranstlung ständig moderierte. Er hat seinen Job schon gut gemacht, alles in 2 Sprachen, Start, Zieleinlauf, Briefing. Der hat somit ca.8 Stunden am Tag nonstop geredet = moderiert. Ab und zu auf eine uns zu lästige Art und Weise. Aber das ist halt auch Geschmackssache.
Nochmals zur Verpflegung: Im Ziel gab es auch immer Verpflegung. Zum Teil vom Organisator. Das übliche wie ISO, Bananen etc., aber auch immer Bier. Das Bier im Ziel ist beim Transalpin Realität
Immer auch Alkoholfreiers Bier als Auswahlmöglichkeit. Noch nie habe ich so viele Menschen auf einem Haufen gesehen die alkoholfreies Bier getrunken haben. Bis auf die beiden letzten Tag, da war das normale Bier viel schneller Weg als "meines". Von den Tourismusverbänden gab es auch immer Zielverpflegung, ganz unterschiedlicher Art: Suppen, Nudeln, immer Kuchen, in Südtirol immer leckeren Speck.
Die Verpflegung in den Bergen war auch immer hervorragend. Wasser, Iso, Suppe, Kuchen, Gels, Gemüse, Bananen, alles mehr als ausreichend vorhanden. Trotzdem waren unsere Trinkrucksäcke ein notweniges Stück Ausrüstung. Zumindest in unserer Geschwindigkeitsklasse. Ca. 1-1,5 Liter haben wir noch zwischen den Verpflegungsstationen zusätzlich getrunken. Und das obwohl das Wetter nie zu warm war.
Die Laufstrecken waren übrigens sehr sehr gut beschildert oder mit Sprays am Boden markiert. Unmöglich sich da zu verlaufen. Ein Vorausteam hat vor dem Lauf die Strecke markiert. Die hatten immer 20 kg Material dabei für jeweils eine Strecke. Super Job haben die gemacht. Allerdings ist einer von denen mit einer doppelten Schienbeinentzündung ausgeschieden. Auch die Mitarbeiter haben alles gegeben ! Ich habe schon einige Stadtmarathons gesehen die weniger gut beschildert waren. Sicherheitshalber hatten wir ja nicht die Karten mit eingetragenen Routen dabei. Die haben zwar nicht immer gestimmt, weil wegen Hangrutsch, Dreharbeiten auf der Strecke oder rechtliche Schwierigkeiten die Strecke kurzfristig verlegt werden musste, aber das wurde bei vorabendlichen Briefing immer genauestens erklärt.
Unterwegs wurde das Feld übrigens immer von Sanitätern begleitet . So ist ab und zu eine Enduro in waghalsigen Manövern die Hänge hinaufgefahren um verletzte Leute zu versorgen. Auch im steilsten unwegsamsten Gelände sind die hochgefahren, zum Teil echt spektakulär. Der Fahrer hatte aber immer eine Freude an seiner Arbeit (Sport).
Die Laufstrecken waren sehr unterschiedlich währende der ganzen Etappen. Einmal so extrem gatschig, dass man nur über am Boden verlegte Bretter laufen konnte. Links und rechts von den Brettern wäre man 50cm tief im Gatsch versunken. Dann gab es (weniges) Straßenabschnitte wo man wie in der Hauptalle laufen konnte. Bei einer Etappe sind wir ganze 20 km auf Asphalt gelaufen, mit wenig Steigung. Bei der Etappe haben wir wirklich alle stehen lassen und sind richtig schön vorne im Feld mitgelaufen, bei den Bergaufetappen, egal wie steil und unwegsam haben wir immer in unserem Feld mithalten können, waren meist ein wenig schneller. Nur bergab haben wir sehr stark Schwächen gehabt. Die Schwäche von Christian heißt in dem Fall Jean-Marie
. Er musste immer auf mich warten. In Südtirol z. Bsp. gibt es die Spezialität der verlegten Felsplatten über die man laufen konnte. Nur waren die sehr rutschig da nass, und wenn man da hingefallen wäre hätte man sich einiges brechen können. Das war mir zu gefährlich und ich war auch zu unsicher, bzw. nach bereits über 100 gelaufenen km nicht mehr stark genug um dort schnell runter zu kommen. So haben wir bergab immer viel Zeit vertrödelt.
An den letzten 3 Tagen hat Christian aber nicht mehr warten müssen, weil er selber Probleme hatte runter zu kommen, weil seine Tibials anterior stark geschollen war und schmerzte. So sind wir beide immer froh gewesen wenn wir die Bergabpassagen gemeistert hatten. Am letzten Tag hat Christian mitgezählt. Berg runter sind wir von 26 Team überholt worden. Bei den (ebenen) Zieleinläufen haben wir meist einige wieder einholen können, aber mit dieser Bergabschwäche hatten wir keine chance irgendwie weiter vorne mit zu mischen. Berglauftechnik ist wirklich eine ganz eigene Sache. Das haben wir in einem Video gesehen, wo ein Spitzensportler mit Stöcken und kräftigen Muskeln 15 Sekunden braucht um an einem Felsen runterzukommen, wo dann ein anderer Bergfex die 3 Meter Höhenunterschied mit 4 lockeren Schritten innerhalb von 2-3 Sekunden in eleganten Schritten runter hüpft.
Ein wenig Zeit verlieren wir übrigens auch durchs viele fotografieren. Aber das war es uns wert. Da wir eh nirgendwo vorne mitmischen konnten, war es wurscht dass wir ca. 1 Stunde hochgerechnet auf allen Etappen verloren haben. Außerdem haben das auch viele andere Teams in unsere Leistungsklasse gemacht. Es hat sich für uns aber gelohnt (ich hoffe auch für die Leute die wir mit unsere Bilder auf facebook und auf run42195 belästigt haben
)
Die Entscheidung mit Stöcken zu laufen stellt sich als goldrichtig aus. Jeder der am Marathon länger als 2:40 braucht empfehle ich die Wahl mit Stöcken zu laufen. Ich habe zwar am zweiten Tag Muskelkater in den Schultern, aber den Muskelkater habe ich weniger in den Beinen.
Dafür war die Entscheidung mit Kompressionssocken zu laufen mehr als falsch. Vor allem weil ich sie nicht vorher getestet habe. Großer Anfängerfehler. Die Sigvaris-Socken, sind extra beworben, auch am Fuß komprimierend. Klingt gut, weil der Fuß damit doch feste am Strumpf sitzt und damit vielleicht keine Blasen entstehen können. Leider habe ich aber dadurch ein Fußnägelproblem eingefangen.2 Fußnägel entzünden sich am Nagelbett und schmerzen fürchterlich. Die Sanitäter im Ziel können mir auch nur oberflächlich helfen. Ein Anruf beim Schwager von Christin, ein Arzt, hilft mit weiter. Er schlägt die russische Methode vor (u.A. mit 100%igenm Alkohol - nein nicht zum trinken :)Details erspare ich euch)), so dass ich am nächsten Tag weiterlaufen kann. Die normale Ärztin hatte eine andere , traditionelle Behandlungsmethode vorgeschlagen, aber damit hätte ich vielleicht nicht weiterlaufen können am nächsten Tag.Zu den Blasen: Die kamen am 2 Tag, Blaspflaster wirken wirklich Wunder, nur wenn man mit den Dingern am Fuß (5 Stück) Etappen bis zu 47 km läuft geschieht es dass man abends nicht mehr weiß was Pflaster, Socke oder Haut ist - Alles zu einem Klumpen verschmolzen. So löse ich Abend vorsichtig die Socke, runterschälen wäre wohl das bessere Verb, und schmeiße die Socken gleich komplett weg :oah:
Jetzt noch was zu unserer Teamarbeit: Es ist nicht ohne 8 Tage lang zusammen zu laufen, zu wohnen, Strapazen zu erleiden. Da muss man sich schon gut verstehen. Das hat bei uns wunderbar funktioniert. Bei anderen Teams hat man auch schon mal härtere Worte und Fluchen gehört. Wir haben gar keine derartigen Probleme gehabt. Aber vielleicht waren wir auch nur immer zu müde dazu
Insgesamt ist die Teamarbeit wohl einer der wichtigsten Punkte. Das fängt bei der Wahl eines Partners in der selben Leistungsklasse an. Dann muss (sollte) man auch ein intensiver Training zusammen durchstehen und auch rundherum muss alles passen ( family etc.) Das Training verletzungsfrei überstehen war auch immer ein Punkt, den wir aber gsd. abhacken konnten.
Somit war es ein sehr intensives, schönes und befriedigendes Erlebnis dass ich nicht mehr missen will. Allerdings war der bisher längste Transalpin mit seinen 310 km doch sehr herausfordernd. Falls ich mir das noch mal antue, dann die Westroute die nur so zwischen 240 und 260 km hat. Das ist ausreichend. Mal schauen....