aufwärts, dann steiler, dann ordentlich auffi
Kurz, nachdem Christian und ich die drei polnischen Mönche, die autostoppend bis nach Rom kommen wollten, in Bad Fischau schon wieder aussteigen lassen müssen, widmen wir uns den wirklich metaphysisch-transzendentalen Fragen dieses Sonntags. Und zwar: wie rennt man 1100 Höhenmeter auf 8km eigentlich halbwegs schlau? Könnte das eventuell ein Rennen sein, bei dem man sich ganz geschwind ganz schön weh tun kann? Eh ok oder doof, dass der eine am Vortag noch einen Longjog absolviert und der andere während der letzten Woche kränkelnd ein paar Tage pausiert hat? Und – sehr unmaskulin, aber angemessen: haben wir mit unseren Straßentretern eigentlich das passende Schuhwerk für die Veranstaltung an den Beinen? Ein erster prüfender Blick auf die Füße der restlichen 120 Teilnehmer des erstmals veranstalteten Raxlaufs suggeriert uns – keinesfalls! Die Speed Cross-Dichte ist hier kaum mehr fassbar. Sind das vielleicht offene Salomon-Meisterschaften oder was? Überhaupt macht das hochalpine Laufequipment rund um uns gehörig Eindruck…Trotzdem, die zuhause noch sicherheitshalber eingepackten Hofer-Trailschuhe bleiben beim Umziehen im Rucksack. Die Startformalitäten sind rasch erledigt, ein bisschen warten wir noch in der warmen Stube der Seilbahn-Talstation in Hirschwang, dann schlendern wir uns in der Vormittagssonne gemütlich aufwärmend die paar hundert Meter weiter Richtung Start, wo wir einen weiteren Forianer – Shiloh – treffen und kurz kennenlernen. Kurz vor allem deswegen, weil er sich mit der Strecke schon mal eingehend beschäftigt hat, ambitionierte Zeitziele verfolgt und dementsprechend von uns erst wieder im Ziel gesichtet wird.
Kurz nach Elf geht’s dann los. Die Strecke (von Hirschwang zum Gasthof Knappenhof und über den Törlweg zur Bergstation der Raxseilbahn) an sich ist leicht beschrieben: es geht aufwärts, dann bergauf, irgendwann wird’s steil und schließlich geht’s so richtig ordentlich auffi. Zwischendurch in Summe einige hundert Meter, bei denen es sich so anfühlt, als wäre es fast eben, am Schluss bis ins Ziel übers Plateau sogar leicht bergab. Nach den ersten Kilometern stellen wir fest – so richtig verhalten und vorsichtig sind wirs trotz allem nicht angegangen. Nun ja, egal, jetzt es ist es schon passiert. Dennoch, den weiteren Gesprächsstoff müssen wir uns fürs Bier im Ziel beziehungsweise für die Heimfahrt aufheben. Aus zwei Gründen. Eins: nach ca. drei, dreieinhalb Kilometern verlieren wir einander aus den Augen, ich kann auf dem schmalen Pfad eine Lücke ausnutzen und langsamere Läufer überholen und bin unversehens ein Stück weiter vorn. Zwei: selbst, wenn wir zusammen weitergelaufen wären, bei der Topographie verschlägt’s auch dem Gesprächigsten die Rede.
Während die Wegkehren dem Gefühl nach immer steiler und nachweislich immer felsiger werden, laufe/schnaufe ich zunächst auf die zweitplatzierte Frau und schließlich auf die führende Dame auf. Das ist in mehrfacher Hinsicht motivierend. Zum einen, weil es schlicht und einfach imponierend anzusehen ist, welche Steigungen die noch im Laufschritt bewältigen. Zum anderen, weil es – sinnlos, das zu leugnen – die übliche Palette an Nachwuchsmachoreaktionen auslöst. „Jetzt bin ich denen bis hierher nachgekommen, die lassen mich auf dem Hang aber sicher nicht mehr stehen“, so ungefähr. Anstrengend, aber effektiv. Und nicht zuletzt werde ich auf diese Weise Augenzeuge eines wirklich packenden Finishs auf den letzten Metern bis zum Törl, bei dem sich die beiden Damen matchen, was das Zeug hält. Auf dem Plateau ist die spätere Siegerin dann auf und davon, die zweite überhol ich im Sprint. Die Zielverpflegung wird dankend angenommen, Christian ist ein paar Augenblicke später auch schon da, das Bier in der Bergstation kommt uns gerade recht.
Resümee: feine Veranstaltung, ob ich nun für die nähere Zukunft dringend Speed Cross-Schuhe brauch, weiß ich aber immer noch nicht wirklich.