Gluthölle – HamburgAls ich am 22.04. am Bahnhof in Passau in den Zug steige ist es wieder mal soweit.....mein bereits 11ter Marathon steht am Programm. Die schöne Hansestadt Hamburg soll es dieses mal sein. Mit knapp 20.000 Teilnehmern die 2.größte Marathonveranstaltung in Deutschland.
Nach knapp 6,5 stündiger Zugfahrt mit dem ICE komme ich im strömenden Regen in Hamburg an. Schnell zur Touristeninfo um die Hamburg-Card zu sichern und schon sitze ich in der U-Bahn Richtung Hotel das nur ca 700 Meter vom Marathon Start entfernt liegt.
Ich habe Glück und bekomme ein schönes ruhiges Zimmer mit Blick auf einen Garten. Ruhe pur ist angesagt, genau das was ich brauche vor einem Marathon.
Am nächsten Morgen der Blick aus dem Fenster.....Sonnenschein pur und blitzblauer Himmel erfreuen das Urlauberherz und ich beginne in den nächsten Tagen fleißig die Hansestadt Hamburg zu erkunden. Stadtrundfahrt und Hafenrundfahrt dürfen dabei natürlich nicht fehlen.
Die Zeit vergeht viel zu rasch und flugs ist es Freitag Nachmittag und es wird Zeit die Marathon Expo zu besuchen. Mein Weg führt gleich zu Polar um endlich meine defekte Uhr reparieren zu lassen. Uhrband wird erneuert und der Höhenmesser wird x-fach überprüft, ausgewechselt usw. Jetzt sollte die Uhr wieder dicht sein und der Höhenmesser sollte auch wieder richtig funktionieren. Um die Wartezeit zu überbrücken schaue ich mir die wirklich sehr große Expo an. Habe selten so eine große Läufermesse erlebt wie die in Hamburg.
Die Startunterlagen sind rasch besorgt, einige Schnäppchen wurden auch gemacht und schon geht es wieder zum Hotel und den obligatorischen Besuch beim Italiener.
Sonntag, 26.04.2009:
Punkt 6 Uhr läutet der Wecker und wie nicht anders zu erwarten habe ich die letzte Nacht sehr schlecht geschlafen. Natürlich der Blick aus dem Fenster.....und strahlender Sonnenschein kündigt sich für meinen großen Tag an. Die Wetterprognose dürfte als stimmen was die Wettertante am Vortag versprach. Temperaturen von 25 Grad mit dem Hinweis das es in Hamburg und Berlin noch um einiges wärmer werden könnte als die 25 Grad. Ganz aufgeregt von dieser tollen Wettersituation meldet sich wie üblich mein Darm und ich habe mal wieder Durchfall. Das beunruhigt mich aber nicht da ich aus Erfahrung weiß das spätestens beim Start alles wieder seinen gewohnten Gang nimmt.
Ich beginne meine üblichen Vorbereitungen vor einem Marathon und begebe mich zum Startgelände das wie gesagt keine 700 Meter vom Hotel entfernt liegt. Es war zwar schon die ganze Woche in Hamburg außergewöhnlich warm, aber heute erschlägt mich schon fast die Wärme die mich umweht.
Was soll’s, hab ich mich halt verzogt mit dem Wetter und schön langsam gehe ich zum Läuferdorf um meine Sieben Sachen zu hinterlassen. Dort habe ich auch noch die Zeit ein paar Fotos zu machen ehe die Batterie den Dienst aufgibt.
Da es ja ewig dauert um in den Startblock zu kommen bei dieser Menschenmenge breche ich auf und schau das ich in meinem Startblock komme. Für eine Strecke die man unter normalen Umständen in 2 Minuten hinter sich bringt brauche ich durch die Menschenmassen fast 20 Minuten. Leicht nervös schaffe ich es doch noch rechtzeitig in den Startblock.
Ein Mann singt die Deutsche Bundeshymne und dann geht es schon für die Elite los.
Der Rest muss sich noch ein bissi Gedulden ehe mein Startblock als nächstes auf die große Reise durch Hamburg geschickt wird.
Ich bekreuzige mich wohl wissend (und doch auch wieder nichts wissend) was bei diesem Sonnenschein und Temperaturen auf mich zukommen sollte.
Ich komme trotzt Menschenmenge super weg und kann von Anfang an mein Tempo laufen. Ich übersehe zwar den ersten KM kann aber zufrieden bei KM 2 feststellen das ich nicht überzogen habe und gehe mit 8:58 bei KM 2 durch. Normalerweise hätte ich mir vorgenommen eine Zeit um 3:07 bei sehr guten Bedienungen zu laufen da aber das Wetter nicht mitspielt mit den ungewöhnlichen Temperaturen gehe ich obwohl mein Puls deutlich unter 160 liegt sogar etwas vom Tempo herab um nur nicht allzu sehr meine Körner in der Hitze verglühen zu lassen. Ich nehme mir daher gleich von Beginn an vor, als einziges Ziel halt schneller zu Laufen als in Florenz vor 5 Monaten wo ich nach meinem Comeback eine super 3:18er Zeit laufen konnte. Auf Grund meiner Form konnte ich Vertrauen das es bei vernünftiger Renneinteilung auch bei größter Hitze möglich sein sollte diese Zeit laufen zu können.
Nun ja die KM verstreichen und ich nütze bei KM 5 die Möglichkeit gleich 3 Wasserbecher auf meinen Schädel herab zulassen um meinen Kopf etwas kühlen zu können. Mittlerweile wird es Minute für Minute immer unerträglicher was die Temperaturen betrifft und ich schau schon von Anfang an auf Schadensbegrenzung. So rolle ich mehr oder weniger gemütlich dahin immer den Puls im Auge das da eh nix passiert als mich bei KM 7 der Pacemaker für 3:15 überholt. Verdutz schaue ich auf meine Uhr laufe ich doch deutlich unter 4:30 den KM. Nach ein paar Hundert Metern kann ich den Pacemaker gar nicht mehr erkennen so ist der an mir vorbeigezogen. Ich musste 2 mal schauen ob da wirklich 3:15 am Ballon draufstand. Ein Absolut Wahnsinniger in meinen Augen.
War eine Zeitlang etwas verwirt weil ich mir dachte vielleicht stehen die KM-Tafeln komplett falsch und ich bin ja noch viel langsamer, was aber meine konstante KM Leistung nicht erklären würde. Na egal sag ich mir ich muss eh mein eigenes Rennen laufen und aufholen tut man nicht auf den ersten 10 km sondern auf den letzten.
Die Stimmung unter dem Publikum ist famos....bis ich zum Fischmarkt und zu den Landungsbrücken komme. Was sich da abgespielt hat das kann man nicht in Worten fassen. Das hat Berlin um Welten geschlagen. Tausende und Abertausende Menschen standen links, recht, auf den Brücken und teilweise wahrscheinlich übereinander und machten einen Wirbel das ich glaubte das Trommelfell platzt mir. Das wahr Gänsehaut pur und der absolute Wahnsinn was da los war. Für solche Momente weiß man für was man manchmal sehr hart trainiert. Das entschädigt einen für alle Müh und Plag. Über 2 KM ging es in dieser Tonart weiter als es, fast muß ich es schon sagen endlich wieder ruhiger wurde.
Die Zeit vergeht sehr kurzweilig gespickt mit ständigem Auf und Ablaufen entlang der Strecke, dem tosendem Applaus und Anfeuerungsrufen der Tausenden Zuseher läßt einem die schreckliche Hitze fast vergessen. Trotzdem lasse ich mich nicht beirren und nütze alle 2,5 km die Wasserstellen um mindestens 3, manchmal 4 Wasserbecher über meinen Kopf bzw. über meine Arme zu schütten. Man merkt richtig wie der Körper nach Abkühlung lechzt.
Da mein Puls nicht und nicht nach oben gehen will verstehe ich überhaupt nicht. Bei Hitze macht er das sonst immer, aber heute nicht. Da sich aber meine Beine schon bei KM 15 sehr nach zerronnener Butter anfühlt und irgendwie der Saft fehlt für einen kräftigen Abtritt beschließe ich den Puls weiter unten zu lassen und halt so dahin zu trappen um zu sehen was noch alles daherkommen mag. Mittlerweile bin ich in einer 1:34er Zeit beim HM durch und der Puls hat max 163 angezeigt. Immer mehr Läufer werden zu Wanderern und ich wundere mich wirklich wie die das noch schaffen wollen den Marathon zu finishen wenn die jetzt schon gehen.
Jede kleinste Möglichkeit nütze ich jetzt um ein bisschen Schatten zu ergattern oder soviel wie nur Möglich Wasser für meinen erhitzten Körper aufzutreiben. Besonders bei den Anstiegen die leider sehr zahlreich in Hamburg vorhanden sind kommt es mir vor als würde die Sonne ganz besonders erbarmungslos auf uns Läufer herunterbrennen.
Schön langsam muss auch ich der Hitze Tribut zollen und meine KM Zeiten werden nun deutlich langsamer. Mein Puls grundelt weiter um die 160 rum ......nur ich hab nicht die Kraft in den Beinen daraus Kapital zu schlagen und das Tempo anzuziehen. Meine Beine fühlen sich an als hätte ich schon 100 KM in den Beinen derweil sind es erst 35.
Hat am Anfang die Kühlung mittels Wasserbecher noch ganz gut funktioniert so verpufft die Wirkung jetzt schon nach wenigen Sekunden. Die Zuschauer sind weiterhin ein Wahnsinn und peitschen quasi die Läufer zu Höchstleistungen. Auch mir gelingt es mal mich zusammen zu reißen und ein höheres Tempo anzuschlagen und siehe da, zu meiner Freude kann sogar mein Puls kurzfristig auf 170 steigen.
Da es mir aber zu anstrengend ist in dieser Hitze und in diesem Tempo weiterzulaufen beschließe ich schnell wieder in meinen Lauftrott zu verfallen und nur mehr zu schauen halbwegs ohne Hitzeschlag ins Ziel zu kommen.
Denn mittlerweile Fallen die Läufer regelrecht um die die Fliegen und die RK-Leute haben alle Hände voll zu tun. Die meisten sind nicht mehr in der Lage zu reagieren und liegen apathisch auf der Strecke. Kann mich in meiner Laufbahn als Läufer nicht erinnern jemals so viele Läufer in ärztlicher Behandlung gesehen zu haben geschweige denn in diesem Tempobereich so viele Läufer gehen gesehen zu haben. Teilweise kommt mir vor das mehr Leute gehen als Laufen. Auch ich überlege kurzfristig es mir bequem zu machen und mit meinen „Wanderkollegen“ dem Ziel entgegen zu trotten was aber schnell von mir wieder abgewiesen wird. Ich hab kurz mit mir geschimpft weil ich bei nicht mal mittlerweile 164 Puls gehen möchte und es hat Wunder gezeigt. Bin schließlich durchgelaufen und habe mir sogar den Spaß erlaubt meine Laufkollegen auf den letzten 195 Metern etwas zu demoralisieren und habe einen Sprint hingelegt der sich gewaschen hat.
Mit 3:12:45 gehe ich vor allem Gesund durchs Ziel.
Am Anfang vielleicht etwas enttäuscht über meine erbrachte Leistung die ich in Hamburg erbracht habe, stellt sich aber ganz schnell Zufriedenheit ein weil heut an diesem Hitzetag und einem Höhenanstieg von sage und schreibe 155 HM auf dieser Strecke einfach nicht mehr möglich gewesen ist.
Nach dem ich die Massage genossen habe die Dusche mich wieder zu einem Menschen machte musste ich rasch zum Hotel zurückl um meinen Koffer abzuholen un um rechtzeitig am Flughafen anzukommen. Um 15:10 fliege ich mit der Tui bereits wieder Richtung Salzburg und lasse es mir dort im Bräuhaus so richtig gut gehen.
Nach rund 1,5 Stunden Autofahrt bin ich dann endlich zu meinem PC gekommen.....um gleich im Forum zu stöbern
Fazit: Tolle Veranstaltung, Wahnsinnsstimmung aber auch sehr viele Höhenmeter (155). Eine Veranstaltung die jeder Marathoni in seiner Sammlung haben sollte.
lg
peter