I am loving it oder yes I canAlso meine Gläubigkeit hält sich in Grenzen, obwohl ich religiös erzogen wurde. Ganz so wird es auch nicht stimmen, denn die Indoktrinierung von Seiten des Elternhauses die von Kindesbeinen an statt findet, muss man nicht unbedingt mitbekommen. Irgendwas vom diesbezüglichen Gedankengut bleibt zumindest unterbewusst im Laufe der Zeit doch hängen, aber das ist ein eher schleichender Prozess.
Mit dem Laufen verhält es sich ganz anders. Du fängst an und – sofern Geschmack daran gefunden wird- krempelt es innerhalb kürzester Zeit dein ganzes Leben um, fast kein Stein bleibt auf dem anderen. Es gibt ein Lied in welchem der Refrain ungefähr so lautet „ I feel so alive for the very first time….Ja so ungefähr ist das. Laufen ist eine Art Lebensphilosophie, Lebensschule für mich, ich kann damit mehr anfangen als mit religiösen Lehren, denn das fühle ich, erfahre ich unmittelbar.
Marathonlaufen auf „Tempo“ lehrt mich immer vor allem eines, dass man selbst sein größter „Feind“ ist, man wird mit seinen eigenen Schwächen konfrontiert, manchmal kann man sie überwinden, manchmal verliert man.
So nach diesem Vorwort jetzt in medias res :-). Gesundheitlich war das Jahr mehr als optiminierungswürdig, der „Dachschaden“ wie ich ihn liebevoll nenne hält sich zwar in Grenzen, ruft sich aber jeden Tag in irgendeiner Form in Erinnerung. Das gehört jetzt dazu, das habe ich akzeptiert. Formaufbau ist unmöglich, meine beinahe Lieblingsbeschäftigung ist schlafen geworden, der absurderweise nicht dazu führt, dass man sich danach erholt fühlt, sondern so als ob man Grippe bekommt…. trotzdem laufe ich. Manchmal ist es echt zum k****en und ich würde am liebsten alles hinschmeißen, also mache ich einfach weiter so gut es eben geht.
Der LCC ist als letzter Marathon heuer angesagt. Ich bin alles andere als begeistert von der Strecke… fader geht’s wohl nicht, aber da es Ulrichs 30. Marathon ist, bin ich kompromissbereit :-). Immerhin ein paar long jogs haben wir sogar gemacht und allein, dass ich das wieder schaffe ist für mich schon ein echtes Erfolgserlebnis. Der Puls ist halt jenseits von Gut und Böse – Tempotraining lasse ich daher gleich getrost beiseite. Wozu auch, es schlagt eh nicht an. 2 Wochen vor dem LCC erwischt mich noch eine ordentliche Erkältung …Wenigstens klingt diese bis zum Tag X ab und der Start selbst ist möglich.
Furchtbar 6 Runden laufen sollen wir – ich kann schon die Eisbärläufe selbst nicht leiden… Da im Bikeboard in den Tagen zuvor sehr spannende Anti-Doping-Protestvorschläge gefallen sind, könnte jedoch eine nice surprise in Form von Protestmaßnahmen stattfinden, vielleicht wird’s ja doch nicht so fad
.
Boenald nimmt uns dankenswerter Weise mit dem Auto mit und wir bekommen einen super Parkplatz gleich in Schrankennähe. Umgezogen, noch eine Pinkelpause, Abschiedsbussi von Ulrich und dann geht’s schon los.
Und was machen wir heute eigentlich? Darüber habe ich mir noch nicht wirklich Gedanken gemacht. Auf einen Long Jog habe ich keine Lust - es waren die 3 Marathons heuer eh eher long jogs... Der seltsame Plan wird gefasst zu schnell loszulaufen und dann irgendwo einzugehen,
quasi auf Risiko laufen, denn schlimmer als bei den anderen Marathons kann es eh nicht werden und die Wetterbedingungen sprechen eigentlich für einen halbwegs angenehmen Lauf.
Ich treffe Kurt, dem mein Tempo zu schnell ist, dann auch Silvin und Walter, quatsche leider zuviel und sollte mir die Luft sparen
. Die ersten Runden gehen ganz passabel – Die Zeiten liegen so zwischen 5:25 und 5:35 (für konstantes Laufen war ich noch nie berühmt
). Der Puls ist aber definitiv beunruhigend zu hoch, nach km 4 immer über 170 und ich kann mich gut an die „Watschn“ erinnern die ich bekommen habe, wenn ich mit solchen Pulswerten angelaufen bin. Trotzdem renne ich stur weiter, weil die Beine es so wollen. Roland begleitet mich phasenweise, Helga ebenfalls, so fällt das laufen gleich noch viel leichter. ich lasse mich von den beiden unterhalten (selbst rede ich mittlerweile kaum noch
.
Da ich keine Getränke-Eigenverpflegung habe und nicht fähig bin im laufen aus Plastikbechern zu trinken, bleibe ich bei den Labestationen stehen, was relativ viel Zeit kostet, das Gel bekomme ich wegen den steifen Fingern erst nach einer Ewigkeit auf. Macht nix, ich habe eh keine Zeitziele für heute…ich will aber das Gefühl haben wenigstens einmal heuer „gut gelaufen“ zu sein.
Aus Gründen des Selbstschutzes (will mir keinen Zeitdruck auferlegen) habe ich mir aber eine reine Rundenzeit-Puls-Anzeige eingestellt, habe also keine Ahnung wie lange ich insgesamt schon unterwegs bin. Irgendwo um die 4 h müsste ich aber liegen. Teilweise vergesse ich sogar wie viele Runden ich noch zu laufen habe. Regelmäßig sehe ich Richy, Bernhard, Ulrich, Rudi, Elisabeth, Jean Marie allein ist man also nie
. Auf der Insel feuern Mihi, Mischa, chribi, elisabeth d., crow, frenetisch an (was wirklich beflügelt) und aufgrund der foto shootings von pipel und mister kommt man sich vor wie ein Superstar
. Sogar, Team -run-sportler tragen ebenfalls zur Motiviation bei.
Ab Km 30 wird es dann wirklich „haarig, ich durchstosse die 180er grenze. Das kann niemals gut gehen. Die Km-Zeiten deuten aber immer noch auf sub 4 hin, wenn sie auch allmählich auf 5:35 fallen…. Ich weiß nicht ob ich das Tempo halten werde können, aber das neue Ziel ist schnell gefasst, ein Experiment, ein Versuch mit dem 180er-Puls bis zum Ende durchzulaufen, denn mehr ist nicht drin und mit weniger Puls laufen würde bedeuten etwas herzuschenken. Obwohl ich schon massiv leide macht es mir einen Heidenspaß sich nicht schonen zu müssen, sondern einfach wie ein gesunder Mensch bis zum verrecken laufen zu können.Ein heißer Kampf zwischen Wollen und Können entbrennt.
Bei Km 40 ruft mir Jean Marie von der anderen Seite aus zu, dass sich sub 4 ausgehen. Ich halte an meinem Plan fest erst bei Km 41 nachzuschauen, was die Stoppuhr sagt. Kurz vor der Km-Markierung kommt mir Franz entgegen. Er wirft sein Rad mehr oder weniger auf die Hauptallee
und begleitet mich heldenhaft. Mittlerweile streikt alles, Muskelkrämpfe im linken Oberschenkel, Muskelkrampf im rechten Unterschenkel, extreme Verspannungen im rechten Oberschenkel und einen Bärenhunger habe ich auch
. Jetzt wird die Stoppuhr begutachtet – siehe da die anderen haben Recht, es wird wirklich sub 4!
Ulrich erwartet mich kurz vor dem Ziel und wie immer ist das das eigentliche Highlight beim Zieleinlauf :-). Der Sprecher kündigt mich an und meint es hat sich ausgezahlt, da ich dritte in meiner AK bin. Ich fange an zu grinsen und denke mir ….von vielen denn? (es waren übrigens ganze 4
. Die Nummer 2 gratuliert mir, was ich toooootal nett finde!!!
Im Ziel bin ich so fertig, dass ich mich nicht einmal hinsetzen kann, das war der erste Marathon den ich mit einem Pulsschnitt von 176 somit 90 % meiner Hfmax gelaufen bin, Ich glaube meine Muskeln haben mir noch nie so weh getan, Ich habe alles gegeben, bin glücklich über alles was ich habe, über mein Leben, meine Liebe einfach über alles, fühle mich mit der Welt vereint und bin heuer das erste mal auf einen Lauf Stolz…spiritueller geht’s kaum