Mein 1..Wettkampf - etwas Besonderes (vorsicht langer Bericht)
Nach meinem 10.Marathon habe ich aufgehört Marathonlaufberichte zu schreiben, da sich die Dinge zumeist wiederholen. Eine Ausnahme war der 24.Stundenlauf in Wörschach in der 4er Staffel. Eine weitere Ausnahme soll mein 100.Wettkampf, nämlich der 12 Stundenlauf von Vogau sein. Nachdem ich meine „Laufkarriere“ im April 2002 begonnen habe, absolvierte ich bisher 29 Halbmarathons, 13 Marathons, 1 Ultramarathon über 52km und den o.e. 24Std.-Lauf. Nun meinte ich, dass ich es mir bereits zutrauen kann so einen Ultrawettkampf zu bewältigen. Im Vorfeld machte ich eine ganz normale Marathonvorbereitung. Da ich die langen Läufe nicht alleine machen wollte, schloss ich mich zumeist Elisabeth und Rudi an, die für mein Ziel doch etwas schnell unterwegs waren. Egal, laufen ist ja mein Hobby…! Mitte April lief ich einen ruhigen Marathon in Linz und 2 Wochen später den VCM, der wieder einmal härter als erhofft/geplant war. Die letzten Wochen hielt ich mich mit laufen stark zurück und machte nur Läufe im Tempo von 7min./km. Die Woche vor Vogau war ich abends brav zu Hause und schlief -für meine Verhältnisse- viel. Am Donnerstag vor dem, am Samstag stattfindenden, Lauf erfuhren die Läufer der 4er Staffel noch, dass sie aufgrund Gerds kindbedingter Absage nur zu dritt sein werden. Am Freitag reiste ich bereits zu Mittag von Wien ab. Nach 2,5 Stunden Fahrzeit kam ich nach Ehrenhausen, wo wir unsere Zimmer gebucht hatten. Überrascht von der tollen Unterkunft wartete ich auf Manfred und Günther. Zu dritt fuhren wir in das 3km entfernte Vogau, wo wir Manfred´s Auto bei unserem „Zeltplatz“ mit einer Plane als kleines Zelt aufbauten. Ich hielt mich beim Mithelfen zurück, da ich ja meine Kräfte schonen musste.
Danach ging es ab zur Startnummernabholung, wo wir auch gleich die Pastaparty mit einem Bier genossen. Bei einem Gespräch mit einer Einheimischen, die auch die 12 Stunden in Angriff nehmen wird, stellte sich heraus, dass sie in der Vorbereitung 3 Läufe über 6 Stunden absolviert hat. Nachdem sie meine Vorbereitung gehört hat, war sie beruhigt, weil sie dachte zuwenig trainiert zu haben. Schön, dass meine fehlende Trainingseinstellung andere motivieren kann. Dann holten wir Christian noch vom Bahnhof ab, wir warteten in der Bahnhofsrestauration auf ihn und er fand uns auch gleich . Gemeinsam fuhren wir dann wieder zur Pastaparty, wo ich nichts mehr aß. Wir hatten es recht lustig dort. Zum Glück siegte die Vernunft und wir fuhren um 21:30 zurück in die Unterkunft. Ich bereitete noch alles vor: Kühltasche mit Getränken und Kühlpackung für etwaige Schwellungen, eine Tasche mit Laufutensilien zum Umziehen und noch eine Liegematte. Kurz nach 22h war ich dann im Bett, wo ich noch ein paar „Toi, toi, toi-SMS“ lesen durfte. Ich schlief halbwegs gut. Der Wecker hätte um 5:45 läuten sollen, ich war schon kurz nach 5:00 hellwach und bereitete alles vor. Um 6:00 trafen wir uns im eleganten Frühstücksraum, die Stimmung war gut aber zumindest bei mir angespannt, da ich nicht wusste was auf mich zukommen wird. 5-6 Stunden zu laufen ist mir halbwegs bekannt, was ist aber danach, was ist nach 9 Stunden, was nach 10. Der heutige Tag wird es mir zeigen und das machte mir Angst…
Kurz vor 7:00 fuhren wir mit Gotti zum „Zeltplatz“, wo das „Autozelt“ die Nacht überstanden hat. Nachdem ich dort alles hergerichtet, mich eingeschmiert und umgezogen hatte, begaben wir uns zur Läuferbesprechung, die pünktlich um 7:30 begann. Diese fand beim Startbereich statt. Da ich die Broschüren genau studiert hatte, gab es nicht viel Neues für mich. Die letzten 15min. vor dem Start begutachtete ich die Versorgungseinrichtungen und legte mich ein paar Minuten auf eine Bank um die Beine ein letztes Mal hoch zulagern. 5min. vor 8:00 stellte ich mich in den Startbereich ziemlich weit hinten hin, da vorne die 4er und Megastaffelläufer standen. Bereits 2min. vor 8:00 wurde von 10 runter gezählt und der Startschuss fiel. Ganz langsam ging es los diese erste Runde von über 1800m zu bewältigen. Nach dem Startbereich ging es ganz leicht bergauf, die Stimmung war gut, die Betreuer der Läufer feuerten alle euphorisch an, nach 300m stand rechts eine Schulklasse, die an der Megastaffel teilnahm, die wollten abgeklatscht werden. Nach 400m stand ein Mädl, dass lauthals „Allee, Allee, Allee“ schrie. Mich sprach dann ein älterer ziemlich kleiner Läufer an und erzählte mir irgendwas von seinen Erfahrungen im Ultrabereich. Er war jene Sorte von Läufer, wo ich wusste, dass ich ihn nicht zu meinen Lieblingsgesprächspartner erkoren würde. Ich lief ihm davon…! Bald kam eine Linkskurve und kurz danach, nach 550m., war unser „Zeltplatz“, dann ging es bei vielen Zelten vorbei bis vor eine Bühne, wo es relativ harte Musik spielte, vor dieser Bühne bogen wir wiederum links ab. Dann kam die 700m. Markierung und 100m danach ging es für 300m. neben Feldern in einem eher windigen Bereich. Es war aber Seitenwind, der nicht wirklich störte. Die Temperaturen waren warm und die Wolken ließen Regen befürchten, der aber Gott sei dank ausblieb. Bei der 1400m. Markierung war dann Rampazamba angesagt. Ein DJ legte -die bei mir so beliebten- Partyknüller auf. Die Stimmung war super! Dann wieder links bergab an netten Einfamilienhäusern vorbei, wo uns wieder Staffelläufer bei ihren Zelten anfeuerten. Nach der 1600m-Markierung war es kurz wieder ruhiger, bis man nach der 1700m. Markierung schon die Getränkestelle, welche überdacht war, erspähen konnte. Nach einer Linkskurve ging es in den Startbereich, wo die Stimmung phantastisch war. Nach der Labestelle für das Essen waren rechts die Rundenzähler auf einen LKW positioniert und schrien und tröteten uns in die nächste Runde. Danach bei der 1800m. Markierung heizte der Platzsprecher nochmals die Stimmung an und so ging es schon in die zweite Runde. Die Herzfrequenz blieb deutlich unter 130. Das wollte ich auch beibehalten, damit ich nicht meinen kostbaren „Sprit“ vergeude. Ich legte mir zu diesem Zeitpunkt folgende Strategie zurecht: Da ich die erste Runde in 13:28 bewältigte (Schnitt von ~7:20), hatte ich vor immer nach 4 Runden bei unserem „Zeltplatz“ auf die volle Stunde hin ein paar Minuten zu pausieren. Ich kam demnach um ~8:57 zur ersten Pause, ich legte mich für eine gute Minute auf die Matte, trank einen Schluck, wechselte ein paar Worte mit den wartenden 2 Staffelläufern unserer Partie und schon ging es weiter. Dies half mir den Puls wieder runter zu bringen.
Was den Puls jedoch ansteigen lies war, dass noch immer jede Runde nach ca. 400m. dieses Mädchen „Allee, Allee, Allee!“ schrie. Ich konnte es schon nicht mehr hören. In der zweiten Stunde begann auch auf der rockigen Bühne bei Markierung 700m. eine Band zu spielen, deren Sängerin, oftmals bei ihren Tönen sehr daneben griff. Auf meine Frage ein paar Zuschauer in der Nähe dieser Bühne gegenüber, wie sie das aushalten, entgegnete mir einer: „Ich wüü a laafen, weig von do!“ Es waren vorwiegend Steirer anwesend… Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass es sich um eine Gruppe Behinderter Jugendlicher handelte, die eine Mega-Staffel stellten. So gesehen, war meine Kritik an den Sangeskünsten voreilig und dumm. Sorry!
In der zweiten Stunde kam mein Puls zumeist über 130, was mir zwar im Moment nichts ausmachte aber im Endeffekt wusste ich nach meiner Erfahrung nach, dass ich meinen Puls unbedingt im Griff haben musste. Am Ende der zweiten Stunde lag ich wieder für zwei Minuten auf der Matte. Der Puls ging zwar gut hinunter aber erholsam war das nicht wirklich, da das Wiederanfangen begann leichte Probleme zu bereiten. Nachdem ich diese Variante um 11:00, also nach der 3.Stunde wieder versuchte, entschied ich mich in Zukunft auf diese Pause zu verzichten. Nach der 3.Stunde kam demnach meine 13.Runde auf welche ich mein Handy mitnahm. Auf dem ruhigen Stück, wo links und rechts sie Felder waren, rief ich meine Eltern an und informierte sie, dass es mir gut ging. Meine Eltern unterstützten zwar immer meine läuferischen Ambitionen aber binnen 5 Wochen 2 Marathons und einen 12h-Lauf hielten sie nicht für sinnvoll bzw. gesund. Zum Thema „Gsund ist des jo ned!“ kann ich nur sagen: „Richtig“ Gesund ist es natürlich nicht aber die Frage stellt sich ja gar nicht. Auch Marathonlaufen ist nicht gesund, jedoch die Vorbereitung umso mehr. Ich denke ich kann da meine eigene multiple Persönlichkeitsstruktur erweitern. Erstens der Michi, der Nächtens volle Stimmung in den bekannten Wiener Lokalen macht und hat, zweitens der Michi, der beruflich als Abteilungsleiter verständnisvoll, zurückhaltend und souverän agiert und drittens der Michi, der in einer Art Trance meditiv die KM abspult. Es ist so schön schizophren zu sein!
Nachdem ich meine Eltern quasi beruhigt hatte, rief ich noch meinen besten Freund die Gaby an. Ich erzählte von meinem bisher erlebten und sie feuerte mich gemeinsam mit ihren Kollegen und Freunden (Sie machte gerade Betriebsausflug) an. Auch Elisabeth aus dem run42195.at-Forum wurde auf ihrer Reise nach Italien kurz kontaktiert, sie freute sich mit mir, dass es mir so gut ging. In der 4.Stunde wusste ich schon, dass ich in ein paar Runden wahrscheinlich irgendwo Sandra und Larissa sehen würde, die am 6h-Lauf teilnehmen. Irgendwann gegen 11:30 aß ich zum ersten Mal etwas Warmes, nämlich Nudeln mit ganz wenig Fleischsauce. Nur zur Orientierung: Es waren ca. 4 Löffeln! Insgesamt aß ich 3mal ganz kleine Nudelportionen und sehr oft ein kleines Stück Kuchen bzw. Weißbrotscheiben. Der Kuchen half gegen die Unterzuckerung, das Weißbrot füllte den Magen und die Nudeln sollten die Kohlenhydratzufuhr erhöhen. Weil wir grad bei der Ernährung sind: Ich verbrauchte insgesamt 9.300Kcal, was addiert mit meinem Grundumsatz ca. 12 großen warmen Mahlzeiten entspricht, ich nahm auch insgesamt ca. 5kg ab, das war aber überwiegend Wasser. Aus mit der Statistik, weiter mit den Emotionen: Das Mädl schrie auch in der 16.Runde noch immer „Allee, Allee, Allee!“ Nun begann ich ihr zu erklären, dass ich einen Liedwunsch hatte, nämlich „Das rote Pferd“. Sie kannte es jedoch nicht. „Kulturpanause“ dachte ich. Irgendwann nach ca. 4 Stunden zog ich mir ein frisches T-Shirt an. Die 4 Runden – 2min.Pause – Taktik schmiss ich dann und lief ab der 5. Stunde durch. Nun dachte ich, dass ich den letzten Marathon als Longjog in 4:27 beendete. Nach 4:30 war ich aber grad mal bei KM 34. Kurz danach begegnete ich wenige hundert Meter vor unserem „Zeltplatz“ Sandra und Larissa, ich war gut drauf, plauderte ein paar Worte mit ihnen, Sandra spielte mir via Handy den „Dönersong“ vor und es ging weiter in die wahrscheinlich 20.Runde. Nun begann ich das nächste Ziel anzuvisieren: Um 14:00 war Start der 6h-Läufer, wo sicherlich wieder speziell im Startbereich einiges los sein würde. Das nächste Ziel war dann um 14:30, da hatte ich einen Massagetermin vereinbart. Eigentlich hatte ich noch absolut keine muskulären Probleme aber bis dorthin waren es ja noch 1,5 Stunden. Gegen 12:30, also nach 5:30 Laufzeit zog ich mich ein weiteres Mal -auf ein kurzes Shirt- um. Nun hatte ich die Marathondistanz bewältigt. Meine Uhr zeigte mir immer am Display meinen Puls, die Rundenzeit und die Gesamtzeit an. Hin und wieder wechselte ich auch statt der Rundenzeit auf den Distanz-Modus. Die nächste Abwechslung gab es gegen 13:55, da kam ich in den Startbereich, wo sich grad die 6-Läufer auf den Start vorbereiteten. Sie machten eine super Stimmung! Man muss hier unbedingt erwähnen, dass auch nach knapp 6 Stunden noch immer der Platzsprecher mich zumeist persönlich mit Vereinszugehörigkeit und Wohnort nannte und die Rundenzähler extrem mit ihren Pfeiferln tröteten und schrien. Ich applaudierte ihnen immer wieder. Nach 2 Runden mit den 6-Läufern war es 14:27 und ich drehte nach der Getränkestation zur kleinen Veranstaltungshalle ab, wo die Masseure bereit standen. Ich kam sofort dran, wurde toll massiert. Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und vergaß, dass ich ja auch auf den Händen Salz hatte, somit war nun auch Salz in den Augen, was mich zum Weinen brachte. Das sollte nicht zum einzigen Mal an diesem Tage sein. Nach ~5min. Massage ging es wieder los. Vorbei am Startbereich mit der Stimmung, die immer besser wurde und einen förmlich trieb hinauf zu der abzuklatschenden Schulklasse mit Kärntner Lehrerin, vorbei an der „Allee, Allee, Allee-Schreierin“ vorbei an unseren Staffelläufern, die mich andauernd überrundeten und ein Wahnsinnstempo auf den Asphalt knallten, weiter zur Rockbühne an dieser vorbei zur 800m.-Markierung. Da ab diesem Zeitpunkt mein Puls schon auf 140 kletterte, begann ich nun von 800-1100m schnell zu gehen. Der Puls kam wieder schön auf 123 runter und schon ging es weiter im Laufschritt an dem „Stimmungs-DJ“ vorbei runter zu den ständig anfeuernden Staffelläufern vorbei wieder zur Verpflegung, wo ich abwechselnd Cola + Wasser bzw. Iso + Wasser trank. Interessanterweise musste ich trotz Flüssigkeitszufuhr von 10-12litern an diesem Tage kein einziges Mal auf die Toilette. Nach der Essenslabe vorbei am frenetischen Applaus der Rundenzähler. Danach die warteten Läufer und Betreuer, die pausenlos Stimmung machten, es war ein Wahnsinn. In diesem Bereich der Runde überzog ich immer mit dem Puls…!
Ich hatte nun eine perfekte Segmentierung der Runde: Abklatschen / Allee, Allee, Allee / Zeltplatz / Bühne / 300m. gehen / Stimmungs-DJ / Staffelläuferstimmung / Labe / Startbereich mit Vollgasstimmung.
Mittlerweile waren 8 Stunden vergangen und ich hatte ca. 65km in den Beinen. Sie fühlten sich aber noch nicht immens hart an, es war sozusagen alles im grünen Bereich. Ich wusste, dass ich, wenn ich jede Stunde 4 Runden zurücklegte, auf 87,5km kommen würde, demnach die Doppelmarathondistanz mit einem Guthaben von fast 2 Runden schaffen würde. Durch die Massage hatte ich ca. eine halbe Runde verspielt, also noch genug Reserve.
Irgendwann am Nachmittag begab ich mich zu meiner Rundenzählerin und fragte nach wie viel ich schon hatte, sie entgegnete „38“, ich erwartete eine KM-Zahl und so hinterfragte ich wie viele KM das seien. Sie antwortete nur „Kommt drauf an wie lange eine Runde ist. Nachdem wir das geklärt hatten wusste ich, dass ich knapp unter 70km lag. Ich vertraute ihren Rechenkünsten aber nicht so ganz und begann selbst im Kopf zu rechnen.
Ich tat mir dann aber zusehends mit dem Rechnen schwer, wie ich lag. Ich merkte eine entsprechende Unterversorgung im Gehirn, demnach holte ich wieder mein Handy vom Zeltplatz um dann auf der Gehstrecke Gaby anzurufen. Mittlerweile mussten mir meine Freunde das Handy reichen, da ich den Schritt auf das Feld hinauf, wo die Tasche stand nicht mehr bewältigen konnte bzw. wollte. Wenn man bedenkt, dass die 3 ja ständig sprintende Runden zurücklegten und ich sie dann auch noch sekkierte, muss ich mich da mal bedanken.
Nachdem mir das Handy gereicht wurde rief ich auf der 300m Gehstrecke Gaby an, sie fragte gleich, wie es mir denn so geht. Ich sagte, dass ich ca. bei 70km sein musste. Sie konnten es kaum glauben. Ich wollte von ihr wissen, wie viele KM ich schon habe, wenn ich „ich weiß nicht mehr wie viele“ Runden unterwegs war. Sie begann zu rechnen, rief mich zurück und teilte mir meine KM-Leistung, nämlich 71,15km, mit. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich nun auch eine Runde gehen konnte und ich würde es schaffen, wenn ich nicht komplett eingehen würde 2 Marathondistanzen zu bewältigen. Somit ging ich eine Runde, für die ich dann 23:46 brauchte.
Nach knappen 10 Stunden hatte ich dann einen kleinen Einbruch: Da erinnerte ich mich an die Phase vor dem Wettkampf, wo ich mir sagte, wenn es hart werden würde, werde ich mir sagen „Du schaffst das, weil du willst das schaffen und du hast dafür trainiert!“ Damit riss ich mich wiederum zusammen und trottete weiter. Im Endeffekt wusste ich bereits ca. 1:45 min. vor dem Ende, dass sich nach gut trainierter Grundlagenausdauer ca. 70% eines Ultralaufes im Kopf abspielt. Nun sagte ich mir noch, dass es jetzt nur noch ca. 7 Runden sind und von der Distanz her es nicht mal mehr ein Long Jog ist. Somit begann ich bzw. versuchte ich den Lauf zu genießen. Ich zog mir zum letzten Mal ein frisches T-Shirt an und lief weiter. Die Stimmung wurde von Runde zu Runde noch euphorischer. Plötzlich wurden Leute abgeklatscht, die vorher nur unbeteiligt am Rande standen. Eine ältere Dame, die am Eck des „Stimmungs-DJ´s“ stand, klatschte seit 8:00(!!!) unentwegt, einfach unglaublich! Wenn beim Startbereich die Stimmung am Überkochen war und dann noch durchgesagt wurde „Da kommt Nr. 56 Michael Thaler vom LC Wienerwaldsee, der noch sehr locker aussieht“, dann trieb es mir die Tränen in die Augen.
Eine Stunde vor 20:00 wusste ich, dass nun nichts mehr passieren konnte. Essen und trinken wollte ich schon länger nichts mehr. Ich zwang mich trotzdem weiterhin Cola/Wasser bzw. Iso/Wasser zu mir zu nehmen. Essen ging definitiv nicht mehr. In der vorletzten Runde, also gegen 19:30 rief ich nochmals Gaby an um sie und ihre Leute an dem Startbereichsdurchlauf teilhaben zu lassen. Ich lief also mit dem Handy am Ohr, was bei dem anfeuernden Publikum belustigend wahrgenommen wurde. Bei dieser nun letzten vollen Runde dachte ich plötzlich „Geh, jetzt seh ich diese tollen Leute nicht mehr!“ Dann dachte ich wie blöd ich eigentlich sei…! Plötzlich lag vor der ersten Linkskurve Christian vor mir am Boden und machte ein Foto. Ich genoss nun die letzte Runde und pfiff -so was von- auf den Puls. Ich lief so richtig, bis jetzt durfte ich ja nicht so wirklich laufen, ich lief und lief, kam zur Bühne, davor klatschte ich alle ab, sie schrien, sie pfiffen, es war so was von unglaublich. Dann kam ich auf den „unbewohnten“ Teil der Strecke, blickte auf meine Uhr und sah, dass ich mich im anaeroben Bereich befand, geschwind runter vom Tempo, weil das würde mein Kreislauf jetzt nicht mehr gut aushalten. Ich kam zum Stimmungs-DJ, wo ich alle abklatschte und mich bei allen für die mentale Unterstützung bedankte. Die Megastaffel verabschiedete mich mit einer Welle und auch da klatschte ich alle ab, es war so emotional! Nun nahm ich keine Verpflegung mehr auf sondern lief endorphinbepackt mit einem Grinsen, dass nur die Ohren aufhielt durch den Startbereich, wo es ein Geschrei war, das nun die Tränen einfach hervor kamen. Ich bin normal keine Heulsuse aber dieser Moment war so unglaublich, dass ich am liebsten die ganze Welt umarmen wollte. Da auf die 12 Stunden noch ca. 5min. fehlten, lief ich locker weiter. Mir tat noch immer definitiv nichts weh. Am Zeltplatz vorbei wiederum zur Bühne rauf, über den Feldweg zum Stimmungs-DJ, genau dort zeigte meine Uhr 12:00:00 an, ich blieb langsam stehen. Ich sah aber, dass noch ca. 3-4min. Läufer trotz Schlusszeichen weiter rannten. Ich empfand das unsportlich aber mir persönlich war es egal. Eine Dame bot mir einen Campingstuhl an, den ich dankend annahm. Als ich so da saß, merkte ich plötzlich, dass meine Beine schmerzten und meine Pobacken scheinbar durchgewetzt waren. Dieselbe Dame gab mir plötzlich einen Prospekt für einen 100km Lauf, der in den nächsten Wochen stattfinden sollte, ich fühlte mich verarscht...! Nachdem ich vermessen wurde, also nicht ich, sondern die Distanz, die ich vom letzten 200er entfernt stand, begann ich langsam aufzustehen und zu einem Tisch mit Mineralwasser zu torkeln, gehen konnte man das nicht mehr nennen. Nun bemerkte ich erst, dass ich nun 1km zum Zeltplatz zurück gehen musste. Die Schmerzen wurden immer größer, jeder Schritt tat so weh, dass ich mich am Liebsten hinlegen wollte. Ich brauchte zum Zeltplatz ca. 25min. Dort angekommen empfingen mich die anderen und freuten sich mit mir. Nur konnte ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht richtig freuen, da die Schmerzen zu groß waren. Manfred half mir den Schritt zum Feld hinauf und dort setzte ich mich nieder. Manfred gab mir noch ein Finisherbier vom VCM, welches mir definitiv nicht schmeckte. Die anderen gingen zum Zielbereich um dort der Siegerehrung beizuwohnen. Ich war einfach nicht fähig dazu. Ich saß da und begann meine Eltern, Gaby und Stefan anzurufen. Nach einer halben Stunde begann ich nun auch aufzustehen und zur Siegerehrung zu gehen. Es dauerte ca. 15min. bis ich endlich dort angekommen war. Dankenswerter Weise kam mir Gotti entgegen. Dort kaufte mir Manfred ein Bier, da ich unmöglich wieder aufstehen konnte. Ich war zu diesem Zeitpunkt kein perfekter Gesprächspartner, da ich teilnahmslos da saß und die Siegerehrung abwartete. Ich bin normal kein großer Freund von Medaillen aber diese wartete ich gerne ab. Nun erfuhr ich endlich, dass es 85,5km wurden und ich 49. von 75 Finishern wurde. JUHUU!
Gegen 23:30 gingen die anderen zum Auto, ich durfte dort warten, um mich abholen zu lassen. Vielen Dank im Nachhinein! In der Unterkunft angekommen ging ich aufs Zimmer duschen, wo ich meine Wunden stellen begutachtete. Danach tranken wir noch ein Achterl auf unseren Erfolg im Frühstücksraum. Gegen 1:00 war ich im Bett und schlief sofort ein. Nach ca. 1,5h wachte ich auf und musste mich übergeben. Da ich jedoch nichts gegessen hatte, war die Aktion recht widersinnig. Ich denke, dass sich der Körper nach dieser Belastung nicht wirklich auskennt was los ist. Ich konnte danach nur ganz schlecht schlafen. Um 9:00 beim Frühstück hatte ich eigenartigerweise Schmerzen im Gaumen, die wahrscheinlich nur falsche Signale des Körpers waren. Christan begleitete mich dann bei meiner Fahrt nach Wien, wo ich am Sonntag meine „Wunden leckte“! Wie heißt es so schön „Der Schmerz geht, der Stolz bleibt!“
Fazit: Für mich ein kaum beschreibbares Erlebnis, dass alles bisher da gewesene in den Schatten stellt. Ich denke, dass mich dieser Lauf mental gestärkt hat. Neue Ziele kann ich heute -3 Tage nach dem Event- noch nicht so ganz konkretisieren, dazu sind die Wunden noch zuwenig verheilt. Aber der Berlinmarathon im September 2008 steht schon fest. Eine Zeit unter 4 Stunden wäre wieder einmal nicht schlecht. Nur, ist das dann noch ein langer Lauf…?
Danke für´s Lesen!
Statistik:
Rang Startnr. Name Jahrg. Verein Altersklasse Klrg. Rde. KM
49 56 Thaler Michael 69 LC Wienerwaldsee M-30 6 46 85,4495
von 75 von 11
Split-Nr Split - Bezeichnung Zeit min/km Diff-Zeit min/km
1 1829m - Runde 1 13:28,3 07:22 13:28,3 07:22
2 3658m - Runde 2 27:17,4 07:28 13:49,1 07:33
3 5487m - Runde 3 41:20,6 07:32 14:03,2 07:41
4 7316m - Runde 4 54:59,8 07:31 13:39,1 07:28
5 9145m - Runde 5 10:59,1 07:46 15:59,3 08:45
6 10974m - Runde 6 25:00,9 07:45 14:01,7 07:40
7 12803m - Runde 7 38:54,3 07:44 13:53,4 07:36
8 14632m - Runde 8 52:55,9 07:43 14:01,6 07:40
9 16461m - Runde 9 09:50,1 07:53 16:54,2 09:15
10 18290m - Runde 10 24:40,0 07:55 14:49,9 08:07
11 20119m - Runde 11 39:58,9 07:57 15:18,9 08:22
12 21948m - Runde 12 54:00,9 07:56 14:02,0 07:40
13 23777m - Runde 13 11:22,3 08:03 17:21,4 09:29
14 25606m - Runde 14 25:01,4 08:00 13:39,1 07:28
15 27435m - Runde 15 38:28,7 07:58 13:27,3 07:21
16 29264m - Runde 16 51:51,0 07:55 13:22,3 07:19
17 31093m - Runde 17 12:05,3 08:06 20:14,3 11:04
18 32922m - Runde 18 26:37,1 08:06 14:31,8 07:57
19 34751m - Runde 19 41:16,3 08:06 14:39,1 08:01
20 36580m - Runde 20 55:07,3 08:04 13:51,0 07:34
21 38409m - Runde 21 13:45,7 08:10 18:38,4 10:11
22 40238m - Runde 22 27:57,9 08:09 14:12,2 07:46
23 42067m - Runde 23 43:14,5 08:10 15:16,6 08:21
24 43896m - Runde 24 58:11,4 08:10 14:56,9 08:10
25 45725m - Runde 25 12:47,0 08:09 14:35,5 07:59
26 47554m - Runde 26 35:18,8 08:19 22:31,8 12:19
27 49383m - Runde 27 52:58,3 08:22 17:39,5 09:39
28 51212m - Runde 28 08:50,4 08:22 15:52,1 08:41
29 53041m - Runde 29 23:28,1 08:22 14:37,7 08:00
30 54870m - Runde 30 38:31,0 08:21 15:02,8 08:14
31 56699m - Runde 31 53:11,1 08:21 14:40,1 08:01
32 58528m - Runde 32 08:20,9 08:21 15:09,8 08:17
33 60357m - Runde 33 25:52,0 08:23 17:31,0 09:35
34 62186m - Runde 34 42:39,1 08:24 16:47,1 09:11
35 64015m - Runde 35 58:54,5 08:25 16:15,4 08:53
36 65844m - Runde 36 13:45,3 08:25 14:50,8 08:07
37 67673m - Runde 37 28:22,4 08:24 14:37,1 08:00
38 69502m - Runde 38 43:42,0 08:24 15:19,6 08:23
39 71331m - Runde 39 07:28,5 08:31 23:46,5 13:00
40 73160m - Runde 40 23:33,4 08:31 16:04,8 08:48
41 74989m - Runde 41 39:43,3 08:32 16:09,9 08:50
42 76818m - Runde 42 55:45,7 08:32 16:02,4 08:46
43 78647m - Runde 43 09:50,3 08:31 14:04,6 07:42
44 80476m - Runde 44 24:55,5 08:31 15:05,2 08:15
45 82305m - Runde 45 39:00,8 08:30 14:05,3 07:42
46 84134m - Runde 46 51:02,8 08:27 12:02,0 06:35