GeschafftDer Wolfgangseelauf soll einer der schoensten landschaftlichen
Strecken sein, und deshalb muss man ihn auch mindestens einmal im
Leben gelaufen sein. Margit und ich nehmen ihn uns schon laenger vor,
und diesmal haben wir uns auch rechtzeitig angemeldet und Quartier
besorgt.
Seit Monaten bin ich nicht mehr zu langen Laeufen gekommen, auch nicht
zu Laeufen mit Hoehenmetern. In der Zeit der Vorbereitung fielen ein
paar Ausreden wie Krankheit oder Familiensachen. Meine Kondition ist
ziemlich schlecht. Nachdem ich aber doch schon ein paar Jahre
Lauferfahrung habe, will ich mich nicht unnoetig quaelen. Ich nehme
mir vor, einfach so lange mitzulaufen, wie es Spass macht, mich dann
ins naechste Wirtshaus zu setzen und mich von Matthias abholen zu
lassen.
Im Salzkammergut schneit als, als wir am Vortag anreisen. Der
Wintereinbruch hat einige Leute ueberrascht, wir treffen auf Autos mit
Sommerreifen, die eher schwimmen als fahren, oder an der Leitplanke
kleben. Margit ist vorsichtig, wir nehmen den Umweg ueber ihr
Elternhaus und wechseln die Reifen; ihre Mutter bewirtet uns mit
koestlichen Bratwuersteln und Bohnensalat.
Der Start ist zu einem vernuenftigen Zeitpunkt, 10:30. Zeit genug fuer
ein gemuetliches Fruehstueck (es sitzen viele Laeufer an den
Fruehstueckstischen, und Laufanekdoten werden ausgetauscht). Die
Kleidungsfrage ist keine: nachdem es immer noch heftig schneit, und
der Schnee in der Ortschaft schon ueber fuenf Zentimeter hoch liegt,
wird lang-lang gelaufen. In meine Jacke passt viel hinein, auch zwei
Packungen Taschentuecher, Geld, Magnesium und eine kleine digitale
Kamera.
Wir starten im zweiten Block ganz hinten, mitten in der Stadt, gleich
neben dem Weissen Roessl. Der Veranstalter hat sich fuer die Zuschauer
etwas ausgedacht: ein Athlet laeuft neben der Kirche auf einem
Laufband, in dem die Strecke mit ihren Steigungen einprogrammiert ist.
Dem geht es gut, er lauft kurz-kurz, hat er doch ein Zeltdach ueber
dem Kopf und ist windgeschuetzt.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2077&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufDie Stimmung ist gewaltig, die Laeufer freuen sich auf den Lauf.
Bestzeitambitionen hat in unserem Block und angesichts der Wetterlage
niemand, und so laufen wir friedlich los. Die ersten Kilometer gehen
durch die Zivilisation, durch die Stadt und den See entlang. Wir
werden immer wieder angefeuert. Nach einigen wenigen Minuten hoeren
wir Boellerschuesse - wie wir spaeter erfahren, bedeutet das, dass die
ersten schon auf dem Falkenstein angekommen sind. Aber zum Glueck
wissen wir das nicht, es haette uns doch sehr frustriert.
Nach zirka drei Kilometern, gerade genug, um aufgewaermt zu sein,
beginnt der Anstieg auf den Falkenstein. Vor uns windet sich ein
Geherband die Serpentinen hinauf; hier laeuft keiner mutwillig.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2100&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufWir wandern auch kraeftesparend aufwaerts. Kurz vor dem Wald eine
Stimme aus dem Publikum "Billy" - nanu, das ist ja mein Spitzname im
run42195-Forum? Hier steht Fredmann und feuert uns an, laesst sich
dann mit uns fotografieren.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2087&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufDafuer haben wir gerne ein paar Sekunden Zeit, wir haben es nicht
eilig. Dann geht es in den wunderschoen verschneiten Wald hinein. Der
Schneematsch liegt immer hoeher, je hoeher wir wandern.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2103&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufMeine Brille ist nass und angelaufen, ich sehe nicht, wohin ich
steige. Bei fast jedem Schritt rutschen meine Beine davon, meistens
rueckwaerts, manchmal seitwaerts. Noch tut es nicht weh, aber ich
weiss, dass diese Kilometer mich spaeter schmerzen werden. Aber das
macht ja nichts, ich will ja nur so weit laufen, wie es leicht geht,
mich dann ins naechste Wirtshaus zu setzen und mich von Matthias
abholen zu lassen.
Immer wieder treffen wir im Wald Streckenposten, die uns fragen, ob
wir die letzten sind. Wir verneinen, da waren noch ein paar hinter
uns. Wir werden angefeuert, als ob wir Helden sind.
Endlich oben bei der kleinen Kapelle angekommen, die den Pass
markiert.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2106&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufVon nun an geht's bergab, noch steiler als bergauf. Wir versuchen mit
kleinen Trippelschritten, schnell und effizient hinunterzulaufen.
Schade, dass wir kein Plastiksackerl mitgenommen haben. Da haetten wir
uns draufsetzen und ins Tal rodeln koennen. Hier ist die Landschaft
fast noch schoener verschneit als bergauf. Zwei Kinder spielen im
kniehohen Schnee, eines kann sich sogar zur Gaenze drin verstecken.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2112&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufMargit kommt nicht ganz verletzungsfrei davon, einmal rutscht sie aus
und faellt hart aufs Steissbein. Aber sie versichert, dass sie
weiterlaufen kann.
Fast bin ich enttaeuscht, als wir unten ankommen, und die Landschaft
wieder herbstlicher wird. Bei der Labestation werden wir mit warmen
Tee begruesst und unserem Namen begruesst. (Der obligate Witz von
Muellers Buero darf auch nicht fehlen) Wir laufen jetzt einen
romantischen Fussweg zwischen Felsen und Wasser entlang. Wenn nur
nicht die tiefen Lacken waeren, in die ich immer wieder steige.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2119&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufSchliesslich kommen wir in die erste Ortschaft, St. Gilgen. Eine
Gruppe Japaner feuert uns auf Japanisch an. Zumindest hoert es sich
wie anfeuern an. :-)
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2122&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufKurz nach der Ortschaft ist km 10 erreicht, und es wird Zeit fuer
mich, einen Busch zu suchen. Die Bratwuerstel und Bohnen vom Vortag
waren vielleicht nicht die beste Unterlage fuer einen so langen Lauf.
Wir sind jetzt an der anderen Seeseite und laufen unterhalb der
Bundesstrasse entlang. Ungefaehr jeden Kilometer ueberholen wir einen
Laeufer, der sich im Anfangstempo ueberschaetzt hat. Margit gibt
ordentlich Gas, es macht ihr Spass. Mir macht es auch Spass, aber ich
weiss, dass ich eine Spur zu schnell unterwegs bin. Wuerde ich alleine
laufen, ich waere langsamer. Aber ich fuerchte mich nicht vor einem
Einbruch, denn wenn meine Kraefte nachlassen, werde ich mich ins
naechste Wirtshaus setzen und von Matthias abholen lassen.
Bei Kilometer 14 ueberholen wir einen Laeufer in rosa Jacke, der
Wadenkraempfe hat. Ich schenke ihm ein Magnesium. Kurz darauf biegen
wir von der Bundesstrasse ab und laufen in den herrlich bunten
Herbstwald hinein.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2126&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufBei km 15 brauche ich wieder einen Busch. Jetzt wird es mir langsam zu
bloed. Wir laufen jetzt immer wieder durch kleine Siedlungen und an
Bauernhaeusern vorbei, kriegen an einer Labestation warmen Tee und
eiskalte Bananen und liebevolle Anfeuerungen.
Bei km 17 wird die Zwischenzeit (2:28:58) genommen (hier ist der Start
des 10km-Laufes) Wir haben noch fast einenhalb Stunden Zeit auf den
Zielschluss. Aber dann faengt das Elend an. Abwechselnd krampfen meine
Oberschenkel, oder ich muss wieder hinter den Busch. Zum Glueck hab
ich zwei Packungen Taschentuecher mit, und es gibt viel frischen
Schnee.
Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt fuer mich, auszusteigen. Ich will
nur noch bis zum naechsten Wirtshaus laufen, mich hineinsetzen und
mich von Matthias abholen lassen.
Margit hingegen eroeffnet mir nun ihre WK-Taktik: sie will unter vier
Stunden und mit mir ins Ziel laufen. Meinen Ausstieg laesst sie nicht
zu. Zum Glueck hat sie eine gute Idee: ich kann mein Magnesium auch
selbst essen. Gute dass sie dran denkt, mein Hirn war offenbar schon
zu leer fuer diese Taktik.
Wir gehen etwa zwei Kilomter weit, bis meine Kraempfe nachlassen, dann
traben wir langsam weiter. Unsere Aufmerksamkeit war offenbar etwas
getruebt gewesen. Als wir bei einer Kreuzung den Weg nicht mehr
finden, der bis dahin gut angeschrieben war, werden wir von einem
freundlichen Herrn nach links in eine Seitengasse geschickt. Dort
finden wir auch die Markierung wieder, um die wir offenbar einen
kleinen Umweg gemacht hatten.
Bald kommt die letzte Labestation bei Strobl, km 21.
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2132&eventdate=2007-10-21&eventname=WolfgangseelaufIch goenne mir ausgiebig zwei Iso und die Anfeuerung durch den
Moderator. Margit ist gut aufgelegt. Ich will sie endgueltig auf die
Strecke ins Ziel schicken, sie ruft Matthias an und laesst sich von
ihm bestaetigen, dass sie mich ins Ziel ziehen soll. Die vier Stunden
vor Zielschluss sind immer noch drin.
Weil ich Margit nicht enttaeuschen will, und das Magnesium und das Iso
doch ein bisschen wirken, traben wir weiter. Ein paar wenige Gehpausen
brauche ich immer dann, wenn es bergauf geht, aber meistens jogge ich
muede vor mich hin. Wir umrunden den letzten Huegel
http://www.run42195.at/foto_view.php?qwerty=1&eventid=912&fotoid=2133&eventdate=2007-10-21&eventname=Wolfgangseelaufauf der Strasse, leider ohne Gehsteig und nicht abgesperrt. Das ist
aber zum Glueck keine Durchzugsstrasse, sondern die Sackgasse zum
Start/Ziel, und fast alle entgegenkommenden Autofahrer sind Laeufer,
die das Abenteuer schon hinter sich haben. Sie weichen grosszuegig aus
und feuern uns an.
Die letzten zwei Kilometer in die Ortschaft werden wir immer wieder
angefeuert. Ploetzlich steht da wieder Fredmann und filmt. Ich vermute
aber, dass ich weniger lustig als sonst auf diesem Film aussehe, ich
bin zu beschaeftigt, meine schmerzenden Oberschenkel zu ignorieren.
Der Schlusssprint geht zum Glueck bergab, auch wenn es weh tut,
koennen wir noch laufen, und Hand in Hand stuerzen wir uns ins Ziel,
drei Minuten vor dem offiziellen Zielschluss und sieben Minuten unter
der Vier-Stunden-Nettozeit (3:53:32). Matthias fotografiert uns, und
ich bin unheimlich gluecklich und total kaputt. Das erste Mal in
meinem aktiven Laeuferleben gehe ich ins Massagezelt und versuche, mir
die Kraempfe wegmassieren zu lassen. Ein wenig gelingt es auch, aber
die Massage tut mehr weh als der ganze Lauf. ;-)
Das wirklich gemeine aber ist: als wir dann endlich aufbrechen und
heimfahren, kommt die Sonne heraus. Was waeren das fuer schoene Bilder
gewesen!
Fazit:
* Eine landschaftlich wunderschoene Strecke.
* Fotografieren und laufen funktioniert.
* Ich sollte mehr trainieren.
* Ich sollte mich mit Margit bezueglich ihrer WK-Taktik absprechen.
* NIE NIE NIE wieder Bratwuerstel mit Bohnen vor dem WK.
Danke fuers Lesen
Elisabeth